Tipperary Marina 7.7.12

TeApiti
Peter Heer / Gisela Roll
Sat 7 Jul 2012 07:16

Sonnabend 07.07.2012 Darwin, Tipparary Marina Position 12:26.98S 130:51.08E

It`s realy a long long very long way to Tipparary….

Nach dem Albany Pass  umrunden wir um 8.30 Uhr Cape York, den nördlichsten Teil Australiens. Wenig Wind und current. Wir sind wirklich das letzte Boot, das dann irgendwann den Motor anwirft. Vor uns Sea Mist, wahrscheinlich eine Oyster, jedenfalls genau unsere Grösse, dann Kilkea II, Y Knot, Sukanuk und Georgia G, die auf dem AIS-display keine weiteren Angaben machen. Bis mittags wird gesegelt, dann haben wir Wind genau von hinten und Strömung gegenan und 3.75 speed. Ein bisschen langsam! Alle andern sind inzwischen vor uns, ab Mittag fahren wir mit main und engine, und zum lunch gibt`s noch Salat.

Die Wettervorhersage verheisst Wind. Ab 18 Uhr bläst es heftiger, jetzt läuft die Maschine, das Gross ist 2 Latten eingerefft und wir haben die Fock oben. Gute Bedingungen für uns.

Ab 22 Uhr hat es genug Wind, Maschine aus. Und der Wind nimmt kontinuierlich zu. Genau 24 Stunden später sind wir schon bei 30 kn. Das geht so den ganzen Montag und richtig heftig wird es am Dienstag. Gisela ist wieder out of order. Neptun braucht wie fast immer in letzter Zeit sein Opfer. Ich mach mal wieder Diät. Ernähre mich von salt-crackern. Ist gut für die Figur! J Richtig lustig ist das aber nicht. Die Wellen haben 3-4 Meter Höhe, kommen aus allen Richtungen und sehr schnell hintereinander. Manchmal knallt eine von der Seite gegen die Bordwand, man hört es donnern am Rumpf und Spritzer lecken an Deck. Wassermassen ohne Ende und schreckliche Schaukelei. Mir ist hundeübel und man bzw. ich frage mich, was mache ich hier eigentlich?! Einmal knallt die untere Kühlschranktür auf. Der Toaster donnert zu Boden und verstreut seine Krümel und wenn die Holzschale mit Süssigkeiten, an Backbord, auf einer Antirutschmate stehend herunterkollert, dann wissen wir, jetzt holen wir wirklich weit über. Peter geht es „nicht 100 pro“, aber leidlich. Wir schlafen bzw. liegen im Salon. Ich kann dabei nicht Schlafen. Das Hochkommen in die Senkrechte führt bei mir direkt „auf die Leeseite“, einmal schaffe ich es sogar nur bis Luv. Wir segeln auf Steuerbord. Peter isst zumindest noch Rührei mit ein wenig Fertig-Pü. (und das der gourmet!)

Der Wind weht jetzt mit 34 -38 kn, das ist 8 beaufort. Wir reffen sogar die Fock etwas ein, fahren mit Windsteuerung – das Boot liegt ruhiger- wobei die Windausschläge bis 30/40 Grad betragen. In der Bö luvt das Boot. Wir korrigieren andauernd den true-wind –Winkel, sonst geht`s aufeinmal nach Süden statt nach Westen. Unser Kurs ist genau 270 Grad, immer geradeaus.

So langsam überholen wir all die andern bis auf Sea Mist. Nachts sehen wir auch die Lichter unserer Mitsegler. Gegen Morgen kommt Cape Wessel mit Leuchtturm im Süden in Sicht. Die andern Schiffe biegen nach Süden ab und suchen dort hinter dem Kap shelter. Wir hören sie miteinander sprechen, sie kommen wegen starkem Gegenstrom nur langsam voran. Die eine Bucht ist zu tief, die zweite soll es dann wohl sein. Wir verfolgen weiter unseren waagerechten 270 Grad-Strich.

Die Welt ist für mich am Mittwoch wieder in Ordnung: die Sonne scheint, mir ist nicht mehr übel und wir haben sogar Kaffee und ein Marmeladenbrot aus der Hand im Cockpit. Wir unterhalten uns gerade über die andern Schiffe und ihre Schutzsuche. Das Wetter wird laut Vorhersage nicht besser, also so schnell wie möglich weiter und durch, ist unsere Meinung. Allerdings hat das eine Boot Radarprobleme und das andere Probleme mit dem Autopiloten. Peter hat den Satz noch nicht zuende gesprochen, da steigt unser Otto aus. Und zwar beide!

Bad case. The worst wäre nachts gewesen. Es ist 8.45 Uhr Mittwochmorgen.

Ich muss das Ruder übernehmen: steuern per Hand! Sind wir ja gar nicht mehr gewohnt! Peter versucht den Fehler zu finden, telefoniert mit Jürg und mit Otto- in der Schweiz ist es mitten in der Nacht- versucht alles und findet keine Ursache. Ich stehe breitbeinig in unserer Badewanne, mir tut sehr schnell die rechte Hüfte weh, anders kann ich das Rad gar nicht halten, ich muss bei Ausschlägen von 50 Grad mein ganzes Gewicht einsetzen, in die Speichen greifen, um das Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Nach ein paar Minuten tut meine Schulter schon weh und ich denke, das kann ich nicht länger aushalten. Schwere körperliche Arbeit. Dabei die ganze Zeit das enervierende Piepen vom Furuno, dass er keinen Ort mehr hat. Einfach überhören. Erst nach zwei Stunden findet Peter die Minute Zeit, das Ding abzustellen, ich kann das Steuerrad nicht  eine Sekunde los lassen.  Dafür kommen wir jetzt auch in die Nähe von Inseln und shoals. Na wunderbar! Und die ganze Zeit hoffe ich auf das erlösende Wort „Otto funktioniert wieder, Hände weg vom Ruder!“  Aber das kommt nicht! Im Gegenteil. Nach drei geschlagenen Stunden die niederschmetternde Auskunft, Peter kann hier auf See das alles bei 3-4 Meter hohen Wellen nicht testen und die Ursache finden. Wir müssen weiter mit der Hand steuern. Keine tollen Aussichten. Erst jetzt erfassen wir genau, was Ambika nach dem Blitzeinschlag geleistet hat: 900 nm per Hand. Und wir haben zumindest noch ein Kompasslicht und unsern Kursstrich auf dem Plotter im Cockpit. Happy us. Peter übernimmt. Wir haben noch 140nm to go!

Am Cape …..können wir abfallen und es sind immer noch 70nm bis nach Darwin, ungefähr SW. Und jetzt beginnt ein wahrer Höllenritt. Es wird noch verrückter. In der Karte steht, es gibt Strömung bis zu 2,5 Knoten rein oder raus. Es ist deutlich mehr. Der Wind kommt spitzer, weht ca 28-30 kn, (geschätzt, da alle Geräte ja ausgefallen sind) wir gegenan. Einmal haben wir nur 2,9 kn üGrund auf der Logge. Wenn du eine Sekunde dich nicht konzentrierst, bist du schon weg vom Kurs, der Druck der Wellen und der Tide ist enorm. Ich habe so etwas noch nicht erlebt.

Beschreibung: DSC_5741 Beschreibung: DSC_5757

Es ist Vollmond und die Wassermassen sind gewaltig, der Mond scheint etwas durch leichte Bewölkung, d.h. es ist wenigstens nicht ganz dunkel. Wir sind allein unterwegs. Brodelnde graue Hexensuppe. Darwin hat 8 Meter Tidenhub (!). Irgendwoher muss das Wasser ja kommen. Und das einzig Positive ist nur, dass keine weiteren Schiffe unterwegs sind. Ich weiss auch nicht, was die denken, wenn du wie wild herumeierst und Kurven schlägst von 50 Grad und mehr.

Peter ist ja viel auf dem Solent gesegelt und kennt die Tücken: solchen Strom kann man nur durch Geschwindigkeit austricksen, oder nach dem Motto „nur Ankern ist schneller“.

Wir nehmen den Motor zu Hilfe. Das macht das Schiff ein bisschen kursstabiler, aber auch nasser, zumal sowieso schon Wind gegen Strom. Wir sind innerhalb weniger Minuten pitschnass. Es ist auch heute Nacht nicht gerade warm. Mit Segeln und Motor bei 2000 Umdrehungen fahren wir mal gerade 4,9 kn. 2000 revs sind unsere normale Marschgeschwindigkeit, da macht TeApiti sonst 8-9 Knoten. Das Steuern wird durch den Motor noch kräfteaufreibender. Nichts für meine rheumatischen Hände.

Ich hocke im Cockpit in der Ecke und denke nur, du musst Peter ablösen, du musst Peter ablösen, er steuert jetzt schon so lange. Du musst ihn ablösen! Ich habe ein recht schlechtes Gewissen. Er meint aber ich könne das Rad gar nicht halten. Erst als wir noch mehr abfallen müssen, wechseln wir wieder. Er muss auch raus aus seinen nassen Klamotten.

Zuerst Strom gegen uns, dann Strom mit und dann nochmals gegenan. Die ganze Strecke ist soo lang, das schafft man nicht in einer Tide. An Schlafen ist nicht zu denken. Wir hocken im Cockpit, Peter nickt wenigstens kurz ein. Das haben wir wirklich noch nie gehabt, dass ich ihn bitte oben zu bleiben.

Inzwischen ist Donnerstag. Irgendwann biegen wir auf die Hauptschifffahrtslinie ein. Darwin kommt im schönsten Sonnenschein in Sicht. Rundherum hellgrüne kochende Wasserwüste. Peter telefoniert mit einer lady, wir müssen wieder durch eine bio-security-procedure. Dazu soll man erst zu einem Ankerplatz, dann zu einem speziellen Hafen…Wir haben Glück und können direkt auf den Hafen zusteuern, wo sehr bald ein bio-Schiff kommt und uns auffordert ihnen zu folgen. Es gibt einen kleinen Steg: backbord legen Fährschiffe an, steuerbord liegt ein kleiner Holländer. „Esperanza., wir sollen längsseits gehen. Um 14.30 Uhr sind die Leinen fest! Wir sind in Darwin angekommen. 26 Kreuze!

Ein officer fragt Peter das Übliche woher, wohin…wann zuletzt aus dem Wasser…welche Salzwasserventile gibt es an Bord? Eine Taucherin in voller Montur ( because of the yellyfish, all year round) besieht sich unser Unterwasserschiff und sprüht irgendetwas bei laufendem Motor in den Kühlwassereinlass des Motors und wohl in alle anderen Salzwassereinlässe auch, jedenfalls dürfen wir die nächsten 10 Stunden kein Salzwasser gebrauchen. Wir müssen (dürfen red.) mit den Holländern bis zum nächsten Morgen dort quasi in Quarantäne liegen bleiben. Vorher dürfen wir in keinen Hafen in Darwin (nächstes Hochwasser am Morgen 08:30).

(Wenn man vorher ankern muss und dann erst aufgefordert wird…was ist bis dahin mit eingeschleppten barnacles?? Don`t ask.)

Beschreibung: m_P1030450              Beschreibung: m_P1030452 

Quarantäne und Taucherin ( kostenfrei)

Auf der Esperanza hat der Skipper seinen rechten Arm verbunden. Auf Nachfrage: heisser Kaffee bzw. der Kaffeefilter. Bei der Schaukelei kein Wunder.

Wir liegen fest und so langsam lässt die Spannung nach. Peter fährt mit Fahrrad in die Stadt, erkundet verschiedene Dinge und Orte.

Ich lege mich in meine Koje und heule vor Schmerz. Meine Hände sind furchtbar geschwollen und tun so tierisch weh, mir ist ganz schlecht vor Schmerz. Die Nacht wird nicht sehr angenehm, speziell die rechte Hand lege ich auf eine Eisbottle. Drei verschiedene Schmerzmittel helfen nicht. Ich kann nicht mal die Gabel halten, geschweige die Zahnbürste.

Wie soll das denn morgen weitergehen? Wir wollen zur Tanke und dann in den eigentlichen Hafen Tipparary.

Wir starten mit Esperanza um 7 Uhr. Sie wollen auch nach Tipparary und sind auch auf der Rally. Fine. Sie helfen beim Ablegen. Der Tankwart lässt auf sich warten, wir ziehen Kreise, der Wind nimmt wieder zu. Gelingt aber alles und wir steuern endlich auf unsern Zielhafen zu, der ist umgeben von netten Häusern. Wir müssen durch eine Schleuse. Die ist nicht viel grösser als Te Apiti. Und das bei Wind und Strom und Handsteuerung. Peter macht das mit Bravour. Drei Hiwis (Hilfswillige für die CH‘s) stehen bereit, sie nehmen auch an unserm vorläufigen Platz (der ist vorgebucht, wir werden wohl mal wechseln müssen) die Leinen an. Am Freitag um 10.45 Uhr sind wir in Tipparary fest. Wir sind 28 Stunden per Hand gesteuert, wobei ich ca 8 Stunden und Peter 20 am Steuer standen. It`s realy a long long way to Tipperary.

Am liebsten würde ich heulen vor Erleichterung.

 

Beschreibung: m_P1030467  Beschreibung: m_P1030466Beschreibung: m_P1030457Beschreibung: m_P1030472

Die Schleuse ist ja nun wirklich nicht sehr gross, oder?

 

Erste Amtshandlung: Strom an und Wäsche waschen. Es ist wirklich ein niedlicher kleiner Hafen mit drei Stegen. Man liegt sehr dicht beieinander. Viele Boote der Rally. Man kommt ins Gespräch. Neben uns „Imagine“. Zwei Männer sind beim Einkauf. Und als sie zurück kommen mit viel viel Bier, sage ich please this way. Wir kommen ins Gespräch und es sind genau die beiden Dale und Stewart, die Ambika geleitet haben. So ein Zufall.

Nach vier Waschmaschinen lesen wir, dass man gar keine Wäsche waschen und das Wasser ablaufen lassen.…Da ist die Wäsche aber schon trocken.

Rundherum nette affluent Häuser. Jeder Steg mit Extra- Code. Das Wetter ist angenehm warm. Zum Nachtessen wird die Bananenlampe herausgeholt. Ewig her. Das Schiff ist geputzt, entsalzt und aufgeräumt. Wir fühlen uns wieder wohl.