30.06.2011 Nachtrag Galapagos

TeApiti
Peter Heer / Gisela Roll
Thu 30 Jun 2011 21:14

Position heute 30.6.11 um 16:00 LZ. 04:39.03S 97:05.48W (letztes Etmal 201nm / seit heute 08:00  8.25kn/h)

Wir kommen etwas später von Ayora los als geplant. Peter muss noch mit dem „interpreter“ zur Bank, um diese exorbitante Handwerkerrechnung bezahlen zu können, so viel cash hat er nicht an Bord. Auf der Bank stellt er mal wieder fest, dass er mit seiner neuen „replacement“ Kreditkarte keine Dollars bekommt. Wieder Telefonate USA und CH. Es stellt sich dann später- als wir schon in Villamil sind- heraus, dass sie ihm eine ungültige Karte geschickt haben (!), es fehlt auf der Rückseite irgendeine Sicherheitsnummer. Keine Dollars! Nächster Anlaufpunkt für eine neue Kreditkarte ist Papetee, frz. Polynesien, dort zahlt man mit Polynesien-Francs oder Newzealand-Dollars. Soweit zum Service von mastercard.

In Villamil sind wir um 8.30 Uhr mit dem Agenten Jessy verabredet – er spricht englisch, hat lange Jahre in den USA gelebt, welch ein Segen. Capitania und Zarpe, kleine Stadtbesichtigung und wifi-shop stehen auf dem Programm. Leider gibt es keine Wassertaxis, wir müssen unser eigenes Dingi bemühen und das dauert seinen Zeit: alle Fender raus nehmen, herunter lassen, Motor herein hieven, Benzinkanister anschliessen und losdüsen.

Das Städtchen mit seinen zwei grossen Hauptstrassen ist verhalten beschaulich. Die Wege sind Sandwege, es gibt keine Wasserfront mit Souvenirläden und aufgereihten Shops , wo man Touren buchen kann. Es gibt einen Strand, ein paar Hotels. Der Markt, den wir uns anschauen ist dürftig. Laut Jessy soll sonntags immer ein Frachter kommen und das Obst und Gemüse würde dann Montagmorgen ganz früh verkauft. Kam nicht. Ein grosser Teil der Häuser ist nicht fertig gebaut, will heissen es gibt das Parterre und oben ragen Moniereisen aus dem Beton heraus. Das noch nicht fertige bröckelt schon wieder. Rund 1000 Leute leben in dem Städtchen 1500 sind es auf der gesamten Insel. Wir essen eine Kleinigkeit in der Stadt und mieten dann Fahrräder, mountainbikes. Erstes Ziel ist ein Holzbohlenpfad- auf dem man nicht fahren darf, wir werden auch von einem Nationalparkmitarbeiter darauf aufmerksam gemacht- in leisem freundlichem Ton- und sehen an verschiedenen kleine Tümpeln endlich Flamingos. Sieht schon lustig aus wie sie auf einem Bein stehen und den Kopf ins Gefieder gesteckt haben und schlafen oder durchs Wasser staksen. Nächstes Ziel ist die „Muro de las lagrimas“, die Mauer der Tränen. Die Mauer ist ca 100m lang und 7 m hoch, gebaut aus Lavasteinen. 1946 kamen Gefangene und ihre Aufseher hierher auf die Insel und als Strafe und um sie zu beschäftigen mussten sie diese Mauer errichten. Aus Jux und Dollerei! Perverse Menschen. Mir kommen auch bald die Tränen, der Weg ist viel viel weiter als gedacht, der Weg dorthin ist split. Ich habe eine Erkältung und es geht mir ziemlich dreckig. Ich kann nicht mehr! Und immer noch ein Hügelchen, wobei ich denn auch mal stürze, was nicht weiter schlimm ist, aber mich noch lauter fluchen lässt. Am Strassenrand sehen wir mehrere Schildkröten, auf Villamil soll es noch 5 verschiedene Arten geben. Nach einer Ewigkeit habe auch ich es dann geschafft! Der Rückweg geht bergab und es geht etwas leichter.

Nächsten Tag hat Peter eine Berg- und Vulkantour gebucht. Krank wie ich bin bleibe ich zuhause. Habe aber auch da keine Langeweile mit grosser Wäsche, Fender putzen uam. Selbst hier hat das Schiff schon wieder einen Ölrand. Die Wanderung zum Vulkanrand und der zweitgrössten Caldera der Welt, gefüllt mit erstarrter Lavamasse (die grösste haben wir auf La Palma gesehen) dauert 5 Stunden. Ich wäre ja gestorben! Zwischendurch gibt’s ein Lunchpaket- eigentlich eher ein dürftiger snack. Peter sieht auch eine Galapagos-Eule, sie sitzt mitten auf dem Weg, wobei das ja doch eigentlich nachtaktive Tiere sind.

Für den nächsten Tag haben wir eine „Tunnel-Tour“ gebucht. Ein kleines offenes Ausflugsboot aus Holz düst mit uns 2 Stunden in rasanter Fahrt – wirbelsäulenschädlich-

an der Küste entlang. An Bord befindet sich zwei Leute, Fahrer und Tauchbegleiter, ein amerikanisches Ehepaar, mit denen Peter am Tag davor schon gewandert ist, 3 Jungs aus Erfurt, die nach ihrem Studium eine Südamerika-Tour machen und wir. Als wir uns der Küste nähern brodelt und kocht das Wasser, Schaum überall. Und auf einer hohen Welle geht es dann mit full speed surfend in die Lagune im Zickzack an scharfen Felsen vorbei bis wir in seichten Pools landen. Wir steigen aus. Die Landschaft kann man kaum beschreiben. Lavagestein. Kakteen mit runden Blättern und ganz gerade Stämme und überall eigentlich keine Tunnel sondern „arches“, Rundbögen, geformt aus Lava. Sie stehen im Wasser, denn rundherum haben sich pools gebildet. Sie sind so klar, dass wir die Fische und auch eine Schildkröte sehen können. Später gehen alle an einer anderen Stelle tauchen. Giselchen bleibt schön im Boot. Nach zwei Stunden geht es in rasanter Fahrt zurück. Immer wieder sehen wir Schildkröten und Mantarochen, z.T. riesengross. Die Erfurter Jungs haben sich vorgenommen mit den Rochen zu tauchen und sie versuchen ihr Glück auch, aber der zieht es vor langsam auf Tiefe zu gehen und ward nicht mehr gesehen.

Wir sind am frühen Nachmittag wieder in Villamil und da wir unser Abfahrts-Zarpe brauchen telefonieren wir mit Jessy. Es dauert ewig bis er kommt. Ich warte alles in allen bestimmt zwei Stunden vor der Capiania. Bis Peter wütend heraus kommt. „Wir gehen jetzt!“ Zur Einreise auf die Galapagos kann man sich entscheiden: entweder einen Hafen anlaufen (dann auf ein Ausflugsboot 3-8 Tage, je nach Geldbeutel) oder man möchte drei anlaufen oder ganz viele. Letzteres ist natürlich am teuersten. Wir hatten uns für die Dreier-Variante entschieden, alles beantragt und bezahlt über Bolivar in San Cristobal. Die Behörde des National Parks muss ihre Zustimmung dazu geben. Es gibt einen Brief vom Anfang  Juni, in dem steht, ja TeApiti dürfe die drei Häfen anlaufen, darüber darf dann aber kein weiteres Zarpe ausgestellt werden. Diesen Passus hat der Beamte wortwörtlich genommen und gesagt, Schluss, kein Zarpe mehr. Wir wollten ein internationales, weil auf die Marquesas. Peter und Jessy haben diskutiert und lamentiert. Der Beamte sagte, er müsse jetzt weg und käme auch nicht in „das System“ hinein  undsoweiter undsoweiter….Peter hat Jessy 15 Dollar Gebühr in die Hand gedrückt und gemeint, wir fahren morgen früh (Dienstag) und überhaupt, wir brauchen so ein Ding überhaupt nicht! Dazu gehört dann auch noch folgende Geschichte: Dieselkauf muss immer über einen Agenten laufen. Der passt auf  und bescheinigt, dass der Kunde an der Tankstelle den Preis für Ausländer zahlt, schwankt zwischen 3- 5 Dollar pro Gallone, statt subvenitoniertem 2,02 Dollar. Ein dänisches/australisches Ehepaar wollte tanken, hatte aber nur Kreditkarten. Auf dieser Insel keine Chance an Bargeld heranzukommen. Sie haben sich dann Geld leihen können und der Boss der Capitania höchstpersönlich hat dann den billigen Diesel gekauft und ihnen 3 Dollar noch etwas berechnet, ohne Agenten!

Unser Taucher hat von uns 140 Dollar haben wollen, der Interpreter hat erzählt, oh mir hat er einen niedrigeren Preis genannt. Na klar, der interpreter bekommt ja 10 %. Einer bescheisst den anderen! Und uns nehmen sie alle mal aus! Dieses ganze bürokratische Verfahren und die vertrödelte Zeit verleiden einem die urwüchsige Tierwelt doch etwas.

Aber jetzt sind wir unterwegs. Gestern haben wir ein fantastisches Etmal (gesegelte Strecke in 24 Stunden) von 201nm gemacht. Unsere eingeholte Wetterprognose stimmt. Hier auf dem 4. Breitengrad Süd haben wir guten Wind. Wir haben beide eine furchtbare Erkältung, Peter röchelt nur, aber das ärztliche Bulletin zeigt nach oben. Und trotzdem, auch jetzt brauchen wir wieder drei Tage um uns an die Schiffsbewegungen zu gewöhnen. Nachts ist es feucht kühl mit Ölzeug und in meiner allerersten Nachtwache hatte ich wohl ein Dutzend Fischerboote, ich bin fast gestorben! Jetzt ist nix mehr los und alles „geht seinen sozialistischen Gang“.

P.S. ich soll noch erklären, was ein Vang ist. Also das ist ein Hydraulikzylinder, der unseren schweren Grossbaum, in dem unser Segel steckt, hält und unterstützt. Der wird hoch gepresst, damit wir unser Segel gut aufrollen können und wird runter geholt, damit das Segel flach getrimmt werden kann. Alles klar?!