Tage wie die Wellen: Auf und ab, auf und ab... - 24.4.2013, 1830h - 218nm to go

Andromeda
Michael
Thu 25 Apr 2013 02:38
08:55.847S 135:55.850W
Tage wie die Wellen: Auf und ab, auf und ab...
24.4.2013, 1830h (18. Tag auf See)
218nm to go

Uh, oh, diesmal ist mir ein grosses Malheur passiert. Und ein wirklich bloedes. Nach der ersten Aufregung und Konzentration auf die Segeltuechtigkeit, kam dann die Schadensanalyse: Mit etwas Zeit, Kleber, Glasfaser und Naehmaschine, ist auch dieses wieder zu beheben. Aber weitaus aufwendiger als die Windgeneratorpropellerreparatur!
Und dabei ist unser Motto: Wenn etwas nicht leicht geht, oder so geht, wie's gehen sollte: Aufhoeren und Gucken! Der Spruch faellt bestimmt mehrmals taeglich. Denn meist stimmt irgendetwas nicht, und mit einfach nur mehr Krafteinsatz geht meist etwas kaputt. Wie heute Morgen geschehen.

Gestern Nachmittag waren wir noch super entspannt und happy. Der inzwischen glaube ich 5. (?) Tag wo gar nix schief oder gar kaputt ging - da kann man sich dran gewoehnen!
Wir waren alle etwas muede, und ich hatte gerade meine Kuerbissuppe a la Claudia (mit Tomate, Kokosnuss und (Ingwer, super lecker!!!) fertig. Da aber der Wind langsam aber stetig zugenommen hatte, meinte Michael, wir sollten den kleinen Spinnaker fuer die Nach lieber einholen und das Grosssegel und Genoa setzen. Nach Abstimmung wollten wir das noch vor dem Essen tun. Und was dann folgt ist eine schon fast ulkige Reihe bloeder Zwischenfaelle.
Dass Einholen des Spinnakers ging inzwischen recht flott. Dieses Riesensegel hat eine Art Socke (der englische Fachbegriff ist tatsaechlich Socke, keine Ahnung, ob das dem Deutschen entspricht), oder noch passender, etwas kondomartiges dass es von oben am Mast bis nach unten zusammenhaelt. Um das Segel aufzumachen, wird diese Socke an einer Leine die ganz oben am Spinnaker und Socke befestigt ist hochgezogen. So gibt sie das Segel frei, waehren der Wind das Segel aufblaest.
Und umgekehrt beim einholen wird eben diese Socke am anderen Ende derselben Endlosleine wieder runtergezogen. Dabei versucht man, den Wind und somit den Druck aus dem Segel zu nehmen, indem man die Schot aufmacht und evtl. auch noch mit Motor mit dem Wind faehrt (um so durch den erhoehten Fahrtwind den achterlichen Wind zu reduzieren).
Trotz allem ist meist viel Druck a.d. Segel drauf, und bei dem grossen Spinnaker ist es mir sogar schon mal passiert, dass das Segel auf halbem Wege noch mal von einer Boe erfasst wurde, sich aufblaehte und die Socke nach oben drueckte - und mich, die ich ja unten an der Leine hing, fast mit!
Um auch bei Nacht und bei evtl. Boen den Spinnaker mit der Socke sicher an Deck zu bekommen, fuehren wir die Leine um die Windlass (sehr starker Motor zum Anker lichten) und so kann auch eine Person alleine die Socke runter bekommen. So die Theorie. Und gestern Abend hat's auch prima geklappt.
Als wir dann das Gross setzen wollten, war die Angelleine im Wege. Jackie hatte sie vor ein paar Tagen oben am Mast mit einem Bleigewicht durch das Loch f.d. Spinnakerfall gefuehrt, damit wir damit dann das Spinnakerfall (Fall gleich von unten wieder durch den Mast fuehren koennen. Momentan fahren wir mit einem improvisierten Spinnakerfall das komplett ausserhalb des Mastes verlaeuft. Damit beim Setzen des Gross sich diese duenne Nylonleine nicht mit dem Grossfall oder irgendetwas anderem verhaeddern kann und dann reisst, und dann muss wieder jemand den Mast hoch und 'ne neue Leine einfaedeln (so schon mal passiert....), beschloss Michael, lieber gleich erst das neue Spinnakerfall einzufaedeln. (Wir hatten's bisher noch nicht gemacht Dazu muessen ein paar Augen an das Ende des Falls genaeht werden, an denenen dann die Angelleine festgemacht werden kann. Waehrend die Jungs naehten ging ich mit Michael die Theorie das Manoeuvers durch. Und jetzt wird's nochmal etwas komplizierter. Denn das Spinnakerfall geht nicht nur durch ein Loch oben im Mast nach unten, sondern muss davor auch noch durch einen Block gefuehrt werden. (Gerade provisorischen Block, denn der letzte riss aus seiner Verankerung, als dass Fall das letzte Mal riss). Die Angelleine konnten wir aber nicht durch diesen Block fuehren, weil das provisorische Spinnakerfall dadurch ging. Ich erspare Euch jetzt mal lieber lange weitere verbale Erlaeuterungen der Situation. Ohne mein Insistieren das ganze zentimeterweise zu durchdenken, waere das Ganze allerdings schief gegangen Das ganze fuehrte auf jeden Fall dazu, dass wir eine 2. Leine am provisorischen Spinnakerfall festnaehten, und diese aussen am Mast durch den Block fuehrten. Nun hatten wir das ganze Spinnakerfall an Deck, und konnten es mit der Angelleine innen durch den Mast hochfuehren und oben durch das Loch wieder raus und runter und dann erstmal provisorisch am Mast befestigen, den Rest dann lieber am nachsten Morgen bei Tageslicht. Hinzukommt, dass Michael erst jetzt feststellte, dass die Angelleine und jetzt das Fall allerdings von der falschen Seite i.d. Mast gefaedelt worden waren und leider nicht aussen um Stake und Spreader geht, sondern mitten durch. Tja, nobody is perfect - und nun muss eh wieder jemand hoch und das richtig einfuehren. Wir haetten uns die ganze Aktion also sparen koennen!
Zumindest war nun die Gefahr fuer ein Verheddern mit der Angelleine gebannt.

Michael ging auf Kurs Nase in den Wind um das Gross zu setzen, und wir merkten erstmal, wie doll es pustet und wie wellig es ist. Wenn Wind und Welle von hinten kommen, merkt man das Ganze gar nicht so sehr, aber mit dem Bug gegen Wind und Welle huepfte und schaukelte Andromeda ganz schoen, da heisst es wirklich immer eine Hand fuer einen selbst.
Beim hiefen des Gross merkten wir (rechtzeitig, denn es war schwieriger als sonst), dass sich was verheddert haben musste. Und tatsaechlich, das Spinnakerfall ging im Zickzack um die Lazyjacksleinen und das Grossfall herum. Also Gross wieder runter, und entheddern, Gross wieder hoch. Aber irgendetwas stimmte immer noch nicht. Zum einen hatte sich hinten am Baum eine Leine vom Downhaul an einer Ecke von der Solarpanele verfangen, zum anderen hat sich wieder eine Leine im Gross verheddert. Stellt sich heraus, dass es die Leine von einem der Lazyjacks war, die sich von der Klampe unten am Mast geloest hatte. Auch das konnten wir recht gut beheben. Gross runter, und wieder hoch. Wir hatten noch ein Reff drinne und wollten es auch drinne lassen fuer dich Nacht und hatten alle Reffleinen entsprechend vorbereitet. Aber aus irgendeinem Grund war die erst feste Leine vom 1. Reff ploetzlich lose, und ich tat wie mir gehiessen und zog - und zog, und zog. Stellt sich heraus, dass sich der Knoten am hinteren Baum, den Stevie und Michael neu gemacht haben, geloest hat...
Nun konnten wir das 1. Reff nicht nutzen, war also das 2. dran. Und nun hatte sich schon wieder eine Leine vom Downhaul um das Solarpanel gewickelt, aber auch das bekamen wir geregelt, und endlich war das Gross oben und alles i.O. und wir konnten wieder auf Kurs gehen und von unserem huckeligem Kurs runter. Puh. Dann haben wir noch die Genoa gerefft gesetzt und dann erstmal gegessen...
Stevie wollte noch das 1. Reff beheben, damit wir mit mehr Segel segel koennen und schneller zum Ziel kommen, aber bei Nacht und Welle war das doch keine gute Idee.
Inzwischen hatter der Wind etwas nachgelassen und mehr auf Osten gedreht - jetzt koennten wir wieder den Spinnaker setzen! Beschlossen aber, es fuer die Nacht zu lassen.
Leider, denn mit dem Gross und Genoa koennen wir nicht so gut mit achterlichem Wind fahren und lagen mehr schraeg zur Welle, was dazu fuehrte, dass kaum jemand gut schlafen hat.

In meiner nun Morgenschicht habe ich dann die Leine vom neuen Spinnakerfall noch weiter entwirrt (allerdings muss immer noch einer hoch, aber wohl erst wenn wir vor Ankder sind), mit Michael den Spinnaker mit dem aeusseren Fall gesetzt, und dann das erste Reff neu durch den Baum gefaedelt. Und zwischendurch noch die Morgenstimmung genossen. Der Tag fing super an. Alles war wieder gut und wir segelten ganz wunderbar. Noch muede und k.o., schaute ich mir dann - ganz ungewoehnlich - mit Michael am Vormittag einen Dokumentarfilm ueber Inseln im Suedpazifik an. Herrlich, wir freuen uns schon soooo sehr!

Als dann irgendetwas mit dem Spinnaker nicht stimmte. Wir raus, ein Block hat sich geloest und Michael konnte die Leine nicht einholen. Zusammen mit Jackie und mit Hilfe der Windlass zogen wir die Socke runter und den Spinnaker an Deck, um das in Ruhe zu beheben. Spinnaker wieder hoch. Irgendetwas hakte und es ging erst richtig gut beim 3. Anlauf. Ich meinte noch zu Jackie, dass wir uns das angucken muessen, wenn der Spinnaker wieder an Deck ist. Aber erstmal segelten wir herrlich weiter - bis kurz darauf das Segel wieder merkwuerdig schlug. Wir wieder raus - der Block hatte sich wieder geloest! Diesmal war mein Knoten wohl nicht gut genug fuer das Hin- und Hergeruckel gewesen. Ja, und dann ging irgendwie alles viel zu schnell, und vor allem - schief!
Der Spinnaker flatterte, und ich dachte, Michael hat die Schot geloest, damit wir die Socke wieder runterziehen koennen. Mit Hilfe von Stevie und der Windlass zog und zog und zog ich an der Leine - und guckte zu spaet nach oben. Irgendetwas stimmte nicht, und auch wenn man viel Kraft braucht, um die Socke bei starkem Wind runterzuziehen, war das nun zu viel des Guten.
Die Socke ist oben vom Spinnaker abgerissen, und der untere Teil mit dem Plastikrahmen entzweigebrochen! Oh Graus!
Wirklich uebel. Vor allem hatten wir nun ein Problem, den Spinnaker an Deck zu kriegen. Mit der Socke halb unten, halb oben, konnten wir nicht Segeln, aber auch nicht das Segel einholen. Mit voller Maschinenkraft mit dem Wind und 3 Leuten ziehen hieften wir das Segel letztendlich an Deck. Und betrachteten den Schaden... Wirklich Riesengrosser Mist!
Inzwischen hatter der Wind nachgelassen und immerhin konnten wir den grossen Spinnaker setzten. Und nach einer Verschnaufpause haben wir den wirklichen Schaden erstmal analysiert. Zum Glueck ist Michael sehr einfallsreich und hat allerlei Sachen an Bord. Inzwischen ist der Plastikrahmen schon wieder zusammengeklebt, morgen kommt eine Schicht Glasfaser drueber, um dem dann damit hoffentlich die noetige Stabilitaet zu geben.
Und fuer die Socke kommt nun das erste Mal unsere neue Sailrite Naehmaschine zum Einsatz. Allerdings warten wir damit, bis wir vor Anker sind. Letztendlich also alles gar nicht soooo schlimm. Aber schon furchtbar aergerlich. Und der Naehjob wird bestimmt mehrere Stunden in Anspruch nehmen.
Inzwischen ist aber wieder Ruhe eingekehrt, wir segeln wieder bei herrlichem Wind mit 7-8 Knoten in die Abendsonne. Mit etwas Glueck, sprich gutem Wind und guter Sicht, werden wir den Sonnenuntergang morgen mit den Marquesas in der Ferne bewundern koennen!

Und jetzt wartet Michael auf ein Backgammonspiel - er liegt mit 20 Punkten in Fuehrung und hatte die ersten 5 Spiele 5x hintereinander gewonnen. Das muss sich endlich aendern.

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