18. August 2019 – Strömungen.... und vielleicht die letzte gross e Segelnacht der Aranui

49:29.100N 03:13.900W Es wurde eine anstrengende Nacht.
Ich war oft wach und kurz an Deck um mich zu vergewissern, wie es den Ameisen
geht. Schliesslich war auch der letzte Tanker hinter uns und wir konnten schön
nach NE ziehen direkt in das Inshore Traffic Gebiet, welches für Yachten und
kleine Boote ist. Kurz zuvor haben wir noch das Passagierboot Britannia gekreuzt
(ein riesen Ding), und dieses ist uns doch tatsächlich ausgewichen 😊.
Wenigestens einer... Wir waren etwas zu früh am Tidal
Gate, dem Cap westlich von Brest und mussten somit erstmal noch etwas
Gegenströmung akzeptieren. Danach ging es dann plötzlich sehr flott voran. Für
eine Weile hatten wir noch Wind, aber irgendwann brach auch der weg und wir
starteten den Motor. Zum Mittagessen gibt es
Rainersche Eier. Wenn er hartgesottene Eier kocht, sticht er auf beiden Seiten
des Eis ein Loch rein, damit sie nicht zerspringen (dafür laufen diese dann beim
Kochen aus...). Das habe ich nun wirklich noch nie gehört (und meine Eier
springen auch nie) und eine Diskussion entsteht, bis sich Jasmin einmischt und
sagt, ja bei Ihr zu Hause (in Österreich) sticht man die Eier auch ein! Ich sehe
da ganz klare kulturelle Unterschiede zwischen der Schweiz und unseren
Nachbarn. Kulturelle Unterschiede auch hier
gerade vor Ort. Auf Kanal 16 kommt ein Securité-Securité-Securité Funkspruch
durch. Offenbar sind zwei Segler im Süden von uns gekentert und treiben mit
ihrem Boot irgendwo rum. Der Funkspruch kommt – da wir ja im Moment in den
Gewässern der Grand Nation sind – auf Französisch (mein Französisch ist doch auf
dieser Weltumseglung um Welten besser geworden, aber so schnell gesprochen,
verstehe auch ich praktisch nichts). Sie fordern Hilfe an von wem auch immer,
wer gerade in der Nähe ist. Aber... Hier im Ärmelkanal drin sprechen 90% der
Boote kein Französisch, sondern eher Chinesisch, Russisch, Indisch.... etc. Und
alle etwas Englisch. Deshalb ist ja eigentlich auch die internationale
Funksprache zumindest für Notfälle Englisch. Dazu kommt noch, dass sie zwar
Hilfe anfordern, aber weder eine Uhrzeit, noch Koordinaten durchgeben. Es wird
irgendein kleiner Ort erwähnt, den ich auf nirgends auf der Karte finden
konnte... Nun ja, wir hoffen die Französischen Segler wurden von Französisch
sprechenden Fischern gefunden. Gegen Mittag kommt der Wind
wieder und wir setzen zum Motor die Genua und sind wieder gut unterwegs. Ich
merke, wie ich etwas gestresst werde, wegen dem Cap de La Hague – zeitlich
gestresst. Reicht es oder reicht es nicht. Wenn wir den ‘slot’ verpassen und in
der Gegenströmung versauern, dann geht es nochmals 12 h länger (Wir haben im
Moment Springzeit (Mondphase) und demzufolge die stärksten zu erwartenden Ströme
bis 5 oder 6 Knoten)... Wir müssen einfach bis um 0600 nördlich von Guernsey
sein. Ich denke am besten ist, wir
setzen wieder die Segel, unabhängig davon, wie schnell wir vorankommen und
lassen das ganze auf uns zukommen. Gesagt, getan. Nach einer feinen Gulaschsuppe
(wiederum für 2 Tage gedacht, an einem Abend gegessen) bricht bald mal der Abend
herein und die ersten gehen in die Kojen. Der Himmel hat sich leicht verdunkelt,
aber es ist eigentlich immer noch ziemlich schön. Übrigens, wir sehen fast jeden
Tag Delphine, ziemlich kleine, ca 70cm-100cm. Gestern kamen sogar noch ein paar
schwarze Wale vorbei mit riesen runden Köpfen. Die grossen, eleganten Körper
gleiteten unglaublich elegant durchs Wasser. Leider finde ich das Walbuch nicht,
welches ich geschenkt bekommen habe, sonst könnten wir sie bestimmen – beim
finalen Aufräumen in Amsterdam wird noch einiges wieder ans Tageslicht kommen,
wie auch dieses Buch. Als ich um Mitternacht aufstehe,
ist über mir eine pechschwarze Nacht, aber kristallklar und wenn man in einer
SAC Hütte wäre, würde man sagen, bitterkalt. Der Wind weht mit 20 Knoten und
treibt uns voran. Wir hatten in den letzten Stunden wirklich Glück und konnten
von einer positiven Strömung, welche laut Strömungsatlas nicht so stark sein
sollte, profitieren. Diese Strömung hält nach wie vor an und so wie es jetzt
aussieht, wird es vielleicht wirklich möglich, dass wir mit nur einer kurzen
Gegenströmung fast ungebremst durchkommen. Ich kann mir vorstellen, dass das für
den Leser ziemlich langweilig tönt, aber für uns hier ist es im Moment absolut
essentiell. Laut Wetterkarte, wird es die
nächsten Tage ziemlich windfrei sein. Es könnte also gut sein, dass dies unsere
letzte Windnacht mit der Aranui bei schönstem Mondschein, aber leider ohne das
Kreuz des Südens zu sehen, sein wird. |