13. August 2019 – Atlantiksegeln vom Feinsten

43:32.800N 19:06.300W Ich erwache und sehe blauen
Himmel über mir. Es rauscht nach wie vor draussen, d.h. wir sind gut unterwegs.
Das Schaukeln hat etwas nachgelassen und die Wellenberge sind etwas länger
geworden. Alles in allem, ein angenehmer Weckruf, den ich von Rainer
erhalte. Ich ziehe warme Kleider an, denn
ich fühle die Kälte bis zu mir in der vordersten Koje. Also, Winterbekleidung
ist angesagt. Im Laufe des Morgens wird es dann
ganze leicht wärmer, aber schon bald mal veschwindet die Sonne hinter den
kleinen Quellwolken, welche sich immer mehr ausgebreitet haben und gegen Mittag
überzieht eine dicke Wolkenschicht den Himmel. Es ist kühl und könnte ein
Novembertag sein. Der Wind ist nach wie vor wunderbar. Überall sind Schaumkronen
zu sehen und das Wasser ist stahlblau. Müesli machen, die letzten faulen
Nektarinen leider entsorgen (die faulten von Innen!), Brot backen, Wasser machen
etc., all die täglichen Routinearbeiten, welche so anfallen. Gegen den
Nachmittag wird es wieder schöner und um 1800 ist der Himmel wolkenlos, es wird
sogar etwas warm. Wir essen ‘Kafi complet’ bei schönstem Sonnenschein.
Rainer will sich tatsächlich
nochmals aufs Fischen einlassen, trotz all meinen Abschreckungsversuchen: Selber
den Fisch töten, ‘Blutbad auf dem Deck’, Fisch zerlegen etc. Er findet, dass,
falls er einen Fisch fangen würde, wäre dies das kleinste Problem. Das haben
auch andere schon gesagt und am Ende musste ich doch den Kiemenschnitt selber
anbringen. Nun ja, ich denke nicht, dass aus dieser Fischexpedition mehr wird
als ein Gummifischchenbaden (das ist sein Köder). Der Gummifisch hüpft hinter
der Aranui her, denn der Wind hat jetzt wieder zugenommen. Wir beschliessen, die Genua
wieder aus der Schmetterlingstellung auf die Steuerbordseite zu nehmen und luven
20 Grad an. Damit haben wir nun direkten Kurs auf den Ärmelkanal. Optimal segeln
wir mit bis zu 8 Knoten Speed Richtung Ziel. Wir haben bis heute bereits 485
Meilen zurückgelegt, also fast einen Drittel unserer Reise. Wir hoffen, dass das
so schön weiter geht. So langsam geht es nun auch allen
wirklich wieder gut und alle können sogar unter Deck zum Einsatz kommen, d.h.
ich habe jetzt Koch- und Abwaschpartner bekommen. Dann kommt bald mal richtig Wind
auf - 20 Knoten. Ich habe mir gedacht, wir könnten den Spinnakerbaum oben
lassen, aber bei soviel Wind schlägt dieser hin und her. Nick geht nach vorne um
ihn zu bergen und festzuzurren. Leider geschieht ein kleines Missgeschick und
Nick sieht den Spinnackerbaum nicht hin-und herpendeln und somit landet dieser
an seinem Kopf. Studenten haben aber harte Köpfe und er trägt die kleine
Platzwunde unter den Haaren mit Fassung. Er hat keine
Hirnerschütterungssymptome. Dennoch kontrolliere ich wärend der Nacht ein paar
mal, dass er ansprechbar ist. Er lacht und kann alle Fragen welche ich ihm
stelle immer beantworten. Alle Tests bestanden. Es ist wieder mal morgens um 0200
und die Ditlev Reefer macht mir zu schaffen. Es ist ein Tanker, der gerade auf
uns zufährt. Im Moment noch 20 Meilen weg, aber mit einer Peilung, mit welcher
wir auf 100m genau aufeinander treffen werden. Er weicht nicht aus, obwohl er
ausweichspflichtig wäre hier auf offenem Meer, und er ist stärker! Wir können
nicht abfallen, weil uns sonst die Genua zusammenfällt. Der Klügere gibt nach
und ich rolle die Genua ein, falle 20 Gard ab. Wir laufen nur noch 4 Knoten. In
einer halben Stunde geht es wieder weiter mit normalem Speed. Der Name Ditlev
sagt doch schon alles, oder... Es drizzelt draussen und ist
unangenehm feucht. Die Sicht ist nur etwa eine halbe Meile, es hat
Nebel. |