13. August 2019 – Atlantiksegeln vom Feinsten

Niki.schmidt.warc
Wed 14 Aug 2019 01:36

43:32.800N 19:06.300W

Ich erwache und sehe blauen Himmel über mir. Es rauscht nach wie vor draussen, d.h. wir sind gut unterwegs. Das Schaukeln hat etwas nachgelassen und die Wellenberge sind etwas länger geworden. Alles in allem, ein angenehmer Weckruf, den ich von Rainer erhalte.

Ich ziehe warme Kleider an, denn ich fühle die Kälte bis zu mir in der vordersten Koje. Also, Winterbekleidung ist angesagt.

Im Laufe des Morgens wird es dann ganze leicht wärmer, aber schon bald mal veschwindet die Sonne hinter den kleinen Quellwolken, welche sich immer mehr ausgebreitet haben und gegen Mittag überzieht eine dicke Wolkenschicht den Himmel. Es ist kühl und könnte ein Novembertag sein. Der Wind ist nach wie vor wunderbar. Überall sind Schaumkronen zu sehen und das Wasser ist stahlblau. Müesli machen, die letzten faulen Nektarinen leider entsorgen (die faulten von Innen!), Brot backen, Wasser machen etc., all die täglichen Routinearbeiten, welche so anfallen. Gegen den Nachmittag wird es wieder schöner und um 1800 ist der Himmel wolkenlos, es wird sogar etwas warm. Wir essen ‘Kafi complet’ bei schönstem Sonnenschein.

Rainer will sich tatsächlich nochmals aufs Fischen einlassen, trotz all meinen Abschreckungsversuchen: Selber den Fisch töten, ‘Blutbad auf dem Deck’, Fisch zerlegen etc. Er findet, dass, falls er einen Fisch fangen würde, wäre dies das kleinste Problem. Das haben auch andere schon gesagt und am Ende musste ich doch den Kiemenschnitt selber anbringen. Nun ja, ich denke nicht, dass aus dieser Fischexpedition mehr wird als ein Gummifischchenbaden (das ist sein Köder). Der Gummifisch hüpft hinter der Aranui her, denn der Wind hat jetzt wieder zugenommen.

Wir beschliessen, die Genua wieder aus der Schmetterlingstellung auf die Steuerbordseite zu nehmen und luven 20 Grad an. Damit haben wir nun direkten Kurs auf den Ärmelkanal. Optimal segeln wir mit bis zu 8 Knoten Speed Richtung Ziel. Wir haben bis heute bereits 485 Meilen zurückgelegt, also fast einen Drittel unserer Reise. Wir hoffen, dass das so schön weiter geht.

So langsam geht es nun auch allen wirklich wieder gut und alle können sogar unter Deck zum Einsatz kommen, d.h. ich habe jetzt Koch- und Abwaschpartner bekommen.

Dann kommt bald mal richtig Wind auf - 20 Knoten. Ich habe mir gedacht, wir könnten den Spinnakerbaum oben lassen, aber bei soviel Wind schlägt dieser hin und her. Nick geht nach vorne um ihn zu bergen und festzuzurren. Leider geschieht ein kleines Missgeschick und Nick sieht den Spinnackerbaum nicht hin-und herpendeln und somit landet dieser an seinem Kopf. Studenten haben aber harte Köpfe und er trägt die kleine Platzwunde unter den Haaren mit Fassung. Er hat keine Hirnerschütterungssymptome. Dennoch kontrolliere ich wärend der Nacht ein paar mal, dass er ansprechbar ist. Er lacht und kann alle Fragen welche ich ihm stelle immer beantworten. Alle Tests bestanden.

Es ist wieder mal morgens um 0200 und die Ditlev Reefer macht mir zu schaffen. Es ist ein Tanker, der gerade auf uns zufährt. Im Moment noch 20 Meilen weg, aber mit einer Peilung, mit welcher wir auf 100m genau aufeinander treffen werden. Er weicht nicht aus, obwohl er ausweichspflichtig wäre hier auf offenem Meer, und er ist stärker! Wir können nicht abfallen, weil uns sonst die Genua zusammenfällt. Der Klügere gibt nach und ich rolle die Genua ein, falle 20 Gard ab. Wir laufen nur noch 4 Knoten. In einer halben Stunde geht es wieder weiter mit normalem Speed. Der Name Ditlev sagt doch schon alles, oder...

Es drizzelt draussen und ist unangenehm feucht. Die Sicht ist nur etwa eine halbe Meile, es hat Nebel.