23. August 2018 – Rund Cape York - Nordspitze von Australien
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10:49.000S 141:56.300E Ani weckt mich um Mitternacht erstens, weil es jetzt wieder meine Schicht wird und zweitens, weil wir nun endlich diesen Schleppverband vor uns eingeholt habe. A Als ich an Ani und Peter vor 4 h übergeben habe mit der Bemerkung ‘in ca 90 Minuten habt ihr den Schlepper und die Barke eingeholt’ zum Überholen, haben meine Mathematik Skills wieder mal versagt. Wie war das jetzt genau: Ein Auto fährt mit 50 km/h von A Richtung B und verlässt A um 8h. B verlässt A um 11 und fährt aber 65 km/h. Wann holt B A ein...? das war mal in der 4ten oder 5ten Klasse.... Ich habe gesagt ‘weckt mit dann kurz, weil wir die vor dem Überholen anfunken müssen’. Was wir in der 4ten Klasse nicht gelernt haben war, was ist wenn der Wind zwischendurch plötzlich nachlässt und die Differenzgeschwindigkeit um 60% sinkt. - Ja dann dauert es eben 4h. Es ist dunkel und der Mond versinkt gerade hinter dem Horizont. Neben uns der Schlepper und die Barke, welche mit 4.5 Knoten sich ihren Weg durch die Wellen pflügen. Man hört die Motoren des Schleppers arbeiten. Etwa 2 x 6000 PS, die auf diesem 20m langen kleinen Boot brummen. Eigentlich besteht so ein Schlepper nur aus Motoren und Tanks und etwas Gummipuffer rundherum – und einem Joystick! Moderne Tugs, wie man sie nennt, werden aus einem bequemen Sitz heraus mit dem Joystick gesteuert. Wer wollte schon nicht mal einen solchen Tug fahren; Einmal im Leben so einen Tug fahren und richtig Gas geben.... Als erstes reffe ich mal aus, d.h. wir segeln wieder mit einem vollen Grosssegel. Der Wind nimmt wieder etwas zu und es geht herrlich vorwärts. Um 7h mache ich Müesli, ich habe Hunger und um 8h bin ich froh, dass ich schlafen gehen kann. Der Tag ist sonnig, heiss und wir kommen gut voran. Heute Nacht werden wir um Cape York rumfahren können. Noch ca 70 Seemeilen bis zum Eingang der Durchfahrt. Wir haben beschlossen, dass wir nicht durch die Torres Strait fahren, welche noch etwas nördlicher ist, sondern durch die Endevour Strait, welche zwar etwas weniger tief ist, aber auch viel weniger Verkehr hat. Zum Nachtessen gibt es noch die letzte Avocado zur Vorspeise und nachher gibt es ‘Berner Platte’ mit Australischem Kasseler, Australischem Speck, Australischen Kartoffeln und Polnischem Sauerkraut (steht so auf dem Glas). Ich denke, das war vermutlich das letzte mal, dass wir Sauerkraut auf der Aranui gekocht haben... (das ganze Boot riecht wie eine Gärerei)! Aber das Essen ist gut. Es ist dunkel geworden und wir schalten die Positionslichter ein. Wir fahren die Nacht hindurch in den TSS (virtuelle Strassen, solange man drauf bleibt, meidet man die Riffe) und zweigen dann um etwa 3h morgens in die Endevour Strait ein. Hier verlassen wir die komfortablen TSS und müssen jetzt wieder selber genau schauen, ob es jeweils genügend tief ist. Es ist eine Eigenart hier in Australien, dass es nie tief ist, nicht wie an andern Orten wo man ein paar tausend m Wasser unter sich hat, sondern eben nur 20-30m oder hier nun auf den 700 sm offenem Meer nach Darwin nie mehr als 80 m. Um 4h übernehme ich von Ani und Peter. Das Wasser ist glatt, es windet mit etwa 9 Knoten. Wir können anluven und setzten einen Kurs welcher uns an den Inseln vorbeigleiten lässt. Mit 7 Knoten gleiten wir durchs Wasser. Man hört das leise Spritzen und plätschern links und rechts am Rumpf und ein leichtes Säuseln im Segel. Ansonsten ist es totenstill. Der Sternenhimmel leuchtet mit Milliarden von kleinen und Grossen Sternen, und der Mond der gerade über der kleinen Insel im Norden von uns untergeht verbreitet einen rötlichen Schimmer. Eine unglaubliche, vermutlich nicht zu beschreibende Stimmung. Manchmal luve ich 10 Grad an, dann falle ich wieder 5 Grad ab und so suchen wir uns den Weg durch die kleinen Riffe und Steine hindurch, welche auf der Karte eingezeichnet sind. Wassertiefe 8-14 m, das ist wirklich Segeln vom Feinsten. Die Inselwelt, welche hier an uns vorbeigleitet sieht etwas aus wie in den Schären im Norden. Kein anderes Boot ist sichtbar, obwohl wir uns hier im Nadelöhr West-Ost Richtung Pazifik befinden. Der Wechsel zwischen einem prachtvollen Sternenhimmel und einem leichten graublauen Dämmerungshimmel dauert nur etwa 3 Minuten – dann sind alle Sterne verschwunden. Es beginnt Tag zu werden und eine aufgehende Sonne färbt die Cumuluswolken am Himmel in ein furchtbares kitschiges Pink. Etwa 5 sm hinter uns folgt Cayuse und dann auch noch Smoke and Roses. Wir sind wieder auf dem offenen Wasser. Noch 680 sm bis Darwin. |