31. Jan. 18 - Hector der Protektor

Niki.schmidt.warc
Thu 1 Feb 2018 16:11

08:54.800N 79:31.600W

Die Durchfahrt des Kanals wurde minuziös vorbereitet: Skipper meetings, crew briefings, es wurden spezielle Leinen für die Vertäuung im Kanal verteilt, sowie 3 grosse Ballonfenders, welche für ein Nahekommen der Kanalwand vorgesehen waren und Heidi als Fan von Ballonen bereits grosse Freude bereiteten. Nach dem Auslaufen des Hafens durchquerten alle Boote das «Breakwater» (Zufahrt des Kanals), um anschliessend vor Anker wiederum zu warten bis es dann los geht. Besonders gespannt waren wir natürlich auch auf den Schleusen-Mitarbeiter, der jedes Boot bei sich aufnehmen musste. Dieser muss gemäss Vorschriften mit Wasser aus der Flasche, Mittagessen und einem warmen Nachtessen versorgt werden, bevor er dann wieder abgeholt wird. Die Spannung steigerte sich als sich das Pilotboot jedem Schiff näherte und den Adviser absetzte. Unser Adviser stellte sich jedem Crew Mitglied mit Handschlag vor «I am Hector – your protector» und der zweite Satz «Where is your skipper?» Als diese wichtigen Fakten geklärt waren, wurde durch Hector gechecked, ob wir auch wirklich vorbereitet waren und alles an seinem Platz war und eine weitere wichtige Frage «who are the lineholders?» Anschliessend kamen dann die zwei Gästebetreuerinnen zum Zug und fragten ihn nach seinen Wünschen bezüglich Getränk. In dieser Beziehung blieb es einfach: Wasser – ungekühlt. Hector schien sympatisch und umgänglich – mit einem Cap und Spiegelbrille suchte er sich einen Schattenplatz und gab dem Skipper Anweisungen, die er teils mittels seines Funks erhielt. Die Gästebetreuerinnen verwicktelten ihn schon bald in ein Gespräch über seine Familie, Beruf und erfragten Infos über den Kanal. Ein erstes Lob als eine gute Crew erhielten wir bereits, als die drei Boote zu einem Päckli zusammengebunden wurden. Da sah man zweifelsfrei, welch versierte Crew die ARANUI an Bord hatte. Im Kanal kamen dann auch die Lineholders zum Zug. Zuerst wurden dünne Leinen mit einer Art Tennisball daran von der hohen Kanalwand auf das Boot geschossen. Diese galt es abzufangen oder besser nicht von ihnen getroffen zu werden, und die dünne Leine an die dicke Schot anzubinden,  so dass sie von den Lockarbeitern raufgezogen werden konnten. Dieser Vorgang des Anknüpfens wurde von Hector wiederum kritisch beäugt und als sehr gut befunden. Er konnte sich wieder in den Schatten setzen und sich den Instruktionen aus dem Funk widmen. Als ihm dann die Frage nach dem Mittagessen gestellt wurde, kam die Antwort «do you have lobster and caviar?» Die Gästebetreuerin reagierte professionell und mit dem charmantesten Lächeln und liess sich keine Irritation anmerken. Schlussendlich gab es dann ein grosses, wunderschön dekoriertes Gourmetsandwich, während die Lineholders weiter schwitzten und ihre Muskeln getestest wurden. Es darf gesagt werden, dass Hector sehr unkompliziert war, eine gute Einstellung zum Leben hatte und dass ihm seine Arbeit  seit 21 Jahren Freude machte. Da er mit einer excellenten Crew an Board war (Aussage Hector) , gab es nur spärliche Instruktionen. Sein Highlight des Tages war sicher das Nachtessen, das speziell für ihn zubereitet wurde. Er meinte es sei besser als zu Hause. Nach dem Nachtessen wurde er vom Pilotboot wieder abgeholt und wir verbrachten eine wunderschöne Nacht mit Vollmond auf dem Gatún Lake mit 5 anderen Segelbooten an der gleichen Boye.

Am nächsten Tag war um 6 Uhr Tagwache, da Hector ankündigte er sei so ca. um 06:30 Uhr wieder an Bord und werde mit uns frühstücken. Kurz nach 7 war er dann bei uns und die Boote konnten wieder gelöst werden. Wir fuhren unter Motor über den landschaftlich wunderschönen See der Fahrrinne des Kanals entlang. Ab und an begegneten uns grosse Frachtschiffe, die uns staunen liessen. Es war unglaublich schön durch die verschiedenen mit üppigem Wald bewachsenen Inseln zu fahren. Der See gehört zu einem Naturschutzgebiet und darf ausser als Durchfahrtsweg für den Kanal nicht befahren werden. Hector gab uns bereitwillig Auskunft auf all unsere Fragen und machte uns auch mal auf ein Krokodil aufmerksam, welches sich am Ufer sonnte. Bereits um 11 Uhr waren wir vor der ersten Schleuse und die Boote wurden wieder zusammen gebunden. Diesmal klappte es besser, die anderen hatten dazugelernt . . . Für die Lineholders war es leichtere Arbeit, da die Schiffe nach unten gesenkt wurden und die Leinen los gelassen werden konnten. Jedoch für Christian, welcher wiederum auf dem Vorschiff seinen Dienst hatte, wurde es wieder sehr hart, weil er der vollen Sonne ausgesetzt und es windstill war. Nach weiteren zwei Schleusen waren wir im Pazifik angekommen. Hektor blieb noch eine weitere Stunde bei uns und wurde dann vom Pilotboot abgeholt. Die Skyline von Panama City ist sehr eindrücklich mit den vielen Hochhäusern und wir freuen uns bereits, die Stadt kennenzulernen. Am Fischmarkt, welcher zwar geschlossen war, aber die vielen Restaurants zum Essen einluden, liessen wir uns verwöhnen und genossen das Ambiente. Am Nachbarstisch feierte eine Grossfamilie mit Mutter, Kinder und Enkeln ein Geburtstagsfest. Als sie dann den Kuchen auspackten und ein spanisches «Happy Birthday» sangen, doppelten wir mit einer schweizerdeutschen Fassung nach, was uns zwei Stück Kuchen bescherte. Alle hatten Freude und wir verbrachten einen unvergesslichen ersten Abend in Panama City. Morgen geht es für die Crew weiter auf die Isla Contadora, aber leider per Fähre und nicht mehr mit der ARANUI.