25. Nov. 2018 – Cape Agulhas und Cape of Good Hope und… Cape Tow n
33:54.540S 18:25.060E Irgendwann ist mir ein Datumsprung unterlaufen. Wir haben heute den 25. November, Sonntag (den hatten wir ja gestern schon laut Blog). Ich erwache um 8 und realisiere, dass ich fast Cape Agulhas verpasst hätte. Es zieht gerade aussen vorbei. Die südlichste Spitze von Africa ist sehr unspektakulär. Da es morgen ist, stossen wir mit Kaffee an und behalten den Proseco für das Kap der Guten Hoffnung heute Abend. Der Motor brummt nach wie vor und der Wind hat auf 2 Knoten abgegeben. Es hat ziemlich viel Frachtverkehr hier draussen, wobei die alle ein paar Meilen weit weg sind. Roli hat uns heute morgen eine Instruktion gegeben, wie man eine Route vorprogrammiert, dazu die verschiedenen Wegpunkte verbindet und dann dem Computer sagt, folge der Route. Wir könnten jetzt also theoretisch einen AIS Alarm setzten (damit würden wir gewarnt wenn sich ein Boot mit AIS nähert), einen Radaralarm einschalten (damit würden wir gewarnt wenn etwas auf dem Radar erscheint, also ein Fischerboot mit genügend Stahl am Rumpf) und wir könnten noch einen Tiefenalarm setzen (z.B. nie tiefer als 200m und nie niedriger als 20m) – und dann legen wir uns schlafen bis wir in Kapstadt sind... Das ist die Theorie, absolut machbar und auch so praktiziert von vielen Einhandseglern, aber eben, schliesslich bleibt vor allem hier in Ufernähe das Risiko ein Holzkrabbenfischerboot aufzuspiessen, oder ein Versagen einer der Alarme..... Wir behalten unseren Wachtplan und unsere physische Ausschau bei: alle 10-15 Minuten ein guter Rundumblick! Trotzdem versuchen wir es nun mal mit der programmierten Route und lassen uns da durchsteuern. Ich muss hier zu Barbaras Verteidigung sagen, dass sie dies bereits in der zweiten Woche in der Nordsee durchziehen wollte (Nebel, kalt, Regen, Nacht, viele Ölplattformen und reger Verkehr) – ich aber aus Vorsicht sehr dagegen war – wir kannten die Aranui ja erst seit ein paar Tagen. Für die Eingefleischten, es kommt mir gerade in den Sinn: wir wissen immer noch nicht, was in der Windrose die zwei Linien rot und grün bedeuten... RFM (weil bis heute alle die, welche es wirklich wissen wollten zu ‘faul’ waren, den RFM Prozess in Gang zu setzen)**. Barbara war übrigens an 3 entscheidenden Wegpunkten mit dabei: dem Nördlichsten auf der Welt, dem Südlichsten auf der Welt und dem Nullmeridian (für die ARANUI). (Gastblogger PK) Um 11.50 meine retorische Frage aus dem Cockpit: «Hat jemand etwas dagegen, wenn das Schiff etwas schiefer wird?», Genua ausgerollt und das einschläfernde Motorengeräusch weicht dem glutschend-rauschenden Kuschelgeräusch der Bugwelle von Miss Aranui! – Was für ein Abschied für uns, die dieses wunderschöne Schiff für einen runden Monat für diese aussergewöhnliche Fahrt mitbewohnen durften. So geniessen wir die Salatauswahl mit Weichkäse und dem Rest des Südafrikanischen Trockenfleisches zwar mit schiefem Tisch aber frohem Blick auf die Geschwindigkeitsanzeige, die auf gut 7 Knoten ohne Dieselunterstützung steht. Bald folgt das nächste Highlight des Tages: Seehunde in ‘Gottesanbeter-Stellung’ wohin man auch schaut – Fotos folgen hoffentlich – ein drolliges Bild, diese Tiere liegen mit in die Luft gestreckten Brustflossen auf dem Rücken. ..und nun brausen wir raumschots entlang der berühmt-berüchtigten Küste zwischen Kap Aghulhas und Kap der guten Hoffnung mit vielen Wracks und Ortsbezeichnungen wie ‘Danger Point’ im schönsten Sonnenschein, tiefblauem Meer und sogar etwas Strom von hinten, die Küste dekoriert mit Schönwetterwölkchen (Cumuli). Begleitet oder vielmehr überholt werden wir von Frachtern und Tankern, die in 2 – 3 Meilen Abstand vorbeiziehen. Und um 1900 ist es dann soweit. Wir umrunden das Kap der guten Hoffnung, leider unter Motor. Vor einer halben Stunde ist der Wind zusammengebrochen und dazu mussten wir noch auf einen vorlicheren Kurs gehen, was noch mehr dazu führte, dass wir nicht mehr vorwärts gekommen sind, resp. das heitere Segelschlagen anfing. Während unserer Zeit in Südafrika waren wir etliche Male bei diesem Leuchtturm am Kap, aber eben immer oben und haben auf das Meer runtergeschaut. Diesmal ist es umgekehrt. Ein schönes Gefühl. Wir sind damit zurück im Atlantik, so quasi unserem Heimmeer... Wir stossen mit Proseco an und geniessen wieder mal ein feines Nachtessen – das Rindsfilet im Gefrierer muss noch weg.... Wenn alles nach Plan läuft sollten wir heute um ca Mitternacht in Kapstadt ankommen. In der Hoffnung, dass sie uns die Drehbrücke und die Hebebrücke dann noch öffnen um in die Marina hinein zu fahren. Jetzt heisst es aber mal noch richtig konzentrieren, da in dieser Region viele Fischer draussen sind nachts, mehr oder weniger beleuchtet, sicher aber ohne AIS. Jemand steht jeweils hinten auf dem Heck und schaut über das Bimini hinweg nach vorne, damit kein Streulicht die Aussicht stört. Nach einer halben Stunde bin ich total durchgekühlt und muss mich anders anziehen. Ich habe bereits Pullover und Daunenjacke an, aber jetzt muss noch eine Ölzeughose her, sonst geht das nicht gut. Es ist 0030 als wir den Hafen von Kapstadt sehen. Ein riesiges Lichtermeer strahlt uns entgegen. Es ist schwierig auszumachen, was Boote sind, wo der Hafen ist und wo die Stadt ist. Im Hintergrund sieht man im Dunkeln den Tafelberg und den Signal Hill. Wir fahren durch die ersten zwei Hafenbecken durch und kommen bei einer Brücke an, welche eigentlich 24 h in Betrieb sein sollte, aber es meldet sich lange niemand.... irgendwann ertönt dann eine verschlafene Stimme: Er werde die Brücke öffne. Nach einer weiteren Brücke sind wir drin und finden auch unseren Platz A06. Das Problem ist nun nur noch, dass uns die zwei Seehunde nicht auf den Steg lassen wollen, sie fauchen was sie können und zeigen die Zähne. Da wird sogar Roli etwas verunsichert, ob er sich da wirklich nähern soll. Schliesslich ziehen sie ab. Um 0120 sind wir am Steg vertäut und dann ertönt es plötzlich, MOB (Mann über Bord) ein lauter Alarm, welcher mich etwas verwirrt hier im Hafen drin... bis ich merke, dass jemand von uns vermutlich aus versehen seinen AIS Sender aktiviert hat. Das kann geschehen, wenn die Schwimmweste nicht ganz sorgfältig abgelegt wird.... Und so ist es auch. Wir deaktivieren den Alarm und werden morgen schauen, wie wir ihn auch wieder vom Plotter wegbekommen.... Hier bleibt die Aranui nun mal bis zum 9. Januar. Dann geht es weiter in den Südatlantik, nach St. Helena und dann nach Brasilien. In der Zwischenzeit wünsche ich allen Bloglesern und Freunden eine frohe Weihnacht und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Möge es neben vielen schönen und interessanten Erlebnissen auch die notwendige Portion Glück und gute Gesundheit mit sich bringen. Weihnachten in Südafrika.....
** Bei vielen Fragen, wenn man ein Schiff übernimmt, heisst die Antwort ganz einfach RFM (man entschuldige hier die grammatikalisch und stilistisch absolut kritisierbare, aber ansonsten gehobene Sprache auf der Aranui: ‘Read the Fucking Manual’! |