24. Mai 2019 - Start von St. Lucia zurück nach Europa

Niki.schmidt.warc
Sat 25 May 2019 06:35

15:52.400N 60:45.500W

Wir sind also wieder unterwegs. Zurzeit zwar sehr langsam und noch etwas in die falsche Richtung, aber immerhin, es geht vorwärts und wir nähern uns Europa. Wir d.h. Barbara, Hans, Andreas und ich sind heute morgen um 0600 von St. Lucia gestartet.

Die Wetterlage ist etwas verzwickt. Ein umfangreiches Hoch erstreckt sich aktuell von den Azoren bis weit in den Süden auf dem zentralen Atlantik. Die Tiefdruckgebiete bei Neufundland drängen das Hoch so weit in den Süden. Mit diesen Druckverhältnissen sollten wir eigentlich einen stabilen E-Passat haben, aber eben, dieses Jahr ist alles etwas anders. Der Wind heute war zum schreien. Manchmal kam er mit 4 Knoten daher und dann für 10 Minuten mit 17 Knoten. Wir waren den ganzen Tag und jetzt auch in der Nacht immer am Segel vergrössern und verkleinern. Genua ausrollen und einrollen, Reff einziehen und Reff rauslassen, Segelwechsel auf die Fock und 3 Minuten später wieder auf die Genua. Zwischendurch wird auch mal der Motor gestartet, aber wir müssen sehr sparsam mit dem Diesel umgehen. So wie es aussieht, werden wir noch grosse Flautengebiete durchqueren müssen, und brauchen dort den Diesel dann dringend (wir haben zusätzlich zu unseren eingebauten Tanks noch 120 L in Kanistern gekauft). Im Moment dümpeln wir mit 4 Knoten Richtung Norden. Wir müssen am westlichen Rand des Azorenhochs rauf bis wir dann mit den Südausläufern der nördlichen Tiefs nach Osten segeln können. Im Moment heisst das gerade hinauf Richtung Nordpol auf dem 60. Längengrad, etwas ein Umweg, der sich aber nicht vemeiden lässt.

Es ist heiss, trotz der Aussicht auf den Nordpol.... Etwas kältere Luft würde uns wirklich freuen, denn es ist heiss und stickig hier unten in der Kabine, ja sogar draussen. Morgens um 0200 und nur im T-Shirt. Die Luks können wir nicht öffenen, weil wir sonst sicher wieder mal im falschen Moment einen Schwall Wasser in der Kabine hätten.

Wir sind vorgestern in St. Lucia angekommen und haben dann gestern all die kleinen und grösseren Arbeiten erledigt, welche anstanden. Die Dichtung zwischen Rumpf und Schale musste auf der ganzen Bootslänge ersetzt werden (15m). Auf der Steuerbordseite, wurde dies durch die Werft erledigt, aber auf der Backbordseite reichte die Zeit nicht mehr, so haben sie dann zumindest mal die Dichtung rausgerissen.... Das habe ich dann per Zufall entdeckt und mich sofort auf den Weg in den nächsten Segelladen gemacht um Sikka 292i zu holen. Das ist die Dichtmasse, welche man in die Lücke zwischen Rumpf und Deck drücken und dann mit Seifenwasser verstreichen muss. Es sieht nicht wie ein Kunstwerk aus.... aber zumindest ist es wieder dicht. Dann mussten wir den Wassermacher wieder in Betrieb nehmen, Leinen wieder einziehen auf Deck, die Tanks und Toiletten spülen, das Frischwasser ersetzen, alle Geräte kontrollieren, ob sie noch laufen... und siehe da, der Gefrierer streikt. Er macht keinen Wank mehr. Eine eher unschöne Angelegenheit. Es gelingt uns kurzfristig einen Elektriker zu finden, der dann ein Versagen des Thermostaten feststellt. Er wird kurzerhand überbrückt und nun haben wir einen Gefrierer, der einfach soweit runter kühlt wie er kann, und wir spielen nun den Thermostaten, indem wir das Kühlelement ein und ausschalten, einfach nie vergessen wieder einzuschalten...!

Hans, Barbara und Andreas gehen Einkaufen und kommen mit Bergen von Früchten und Gemüse zurück. Schönes Fleisch ist etwas Mangelware hier auf St. Lucia und es scheint fast wie wir hier auf dieser Überquerung noch zu Vegetariern werden könnten. Hmmm, meine Familie macht sich sicher schon Sorgen, dass dies nachher so bleiben könnte.

Währendessen lade ich noch die neuesten Karten herunter. Das WIFI im Caffee-au-lait ist nicht besonders schnell, dafür sind die Getränke schön kalt. Danach gehe ich durch die ganze Zoll-, Hafen- und Immigrationsadministration. Ein Heer von Leuten auf Stühlen, die, wenn man mal alle Formulare richtig ausgefüllt hat, einen Stempel drauf machen und die Kopie in eine Kartonkiste werfen (ich nehme nicht an, dass diese dort je wieder rauskommt).

Wir beschliessen so schnell wie möglich zu starten, damit wir noch einen zusätzlichen Reserventag haben, den wir bei unserer Nordroute gut gebrauchen können. So wie es aussieht, ist alles erledigt und bereit. Wir nehmen Abschied von St. Lucia mit einem feinen Nachtessen im ‘Spinnakers’ - ich bin dort langsam Stammgast geworden in den letzten zwei Jahren.

Der heutige Tag war wie schon gesagt geprägt von wechselnden Winden. Es hat aber auch geregnet und ist mehrheitlich grau bis dunkelgrau. Uns geht es eigentlich gut, bis auf kleine Angewöhnungsschwierigkeiten an die kurzen harten Wellen, welche nicht alle gut vertragen, aber auch das wird sich in den nächsten Tagen ergeben.

Übrigens, meine Rippen sind noch nicht ganz verheilt aber es geht besser als ich befürchtet habe. Das war der Unfall kurz vor Französisch Guyana, wo der Blog plötzlich eingeschlafen ist, und dafür möchte ich mich bei allen Lesern entschuldigen. Ich werde in den nächsten Tagen die Etappe von Capedelo bis Grenada nochmals kurz beschreiben.