13. September 2017 - von Lisabon nach Lanzarote Tag 4

Niki.schmidt.warc
Wed 13 Sep 2017 00:09
30:30.296N 013:04.391W
Es ist 0100. Ich habe gerade das 2. Reff ins Grosssegel eingelegt. Der Wind hat zugenommen und es weht wieder mit 20-25 Knoten. Der Wind hat auch gedreht und zwar kommt er jetzt immer mehr von ENE, d.h. schräg von Afrika rüber. Wir fahren mit räumlichem Wind und wie auf Schienen. Die Wellen sind zurückgegangen und wir machen trotz Reff 2 immer noch 7.5 Knoten. Vorher waren es zwar bis 9, aber ich denke es tut den Segeln und der Aranui besser, das bisschen mehr Ruhe. Wir werden so oder so morgen im Laufe des Morgens ankommen.
Ein Reff einziehen geht relativ einfach, vor allem, weil nun auch ich Markierungen gemacht habe an den Fallen und Reffleinen. Immerhin, nach 40 Jahren Segeln habe ich das jetzt doch hingekriegt. Man weiss ja eigentlich, dass man diese Markierung machen sollte, aber die meisten die ich kenne, habe keine; weil man ja den wasserfesten Stift nicht gleich zur Hand hat, und weil es ja auch ohne geht. Das stimmt, aber im Dunkeln reffen ohne Markierungen braucht sehr viel mehr Zeit und man muss viel wachsamer sein, wieviel man wirklich an den Leinen zieht: wenn man zuviel zieht, dann schadet das dem Segel und wenn man zuwenig dichtholt, dann steht das Segel nicht richtig. Aber eben, wir haben hier auf der Aranui Markierungen und deshalb geht das blitzschnell.
Ich nehme die Fock dicht, und gehe ziemlich hart an den Wind. Somit zieht die Fock die Aranui weiter aber das Grosssegel flattert nun ohne Druck im Wind, Stagreiter nach hinten belastet und nicht seitlich. Ich löse das Fall und lasse es bis zur Markierung runter, danach fixiere ich es wieder. Dann ziehe ich die Reffleine des zweiten Reffs nach, bis der weisse eingezogene Faden in der Klampe zum Vorschein kommt (die Leine des zweiten Reffs ist nämlich schwarz, deshalb hilft auch kein wasserfester Filzstift sondern eben nur der eingezogene Faden). Wieder abfallen, Fock fieren und schon sind wir wieder mit reduzierter Segelfläche auf Kurs.
Heute ist es wirklich stockdunkel. Man sieht manchmal 2-3 m weit vor den Bug, aber nur wenn sich das grüne Seitenlicht in einer weissen Schaumwelle reflektiert. Ansonsten hat man das Gefühl, man fährt in eine schwarze Wand hinein. Zum Glück gibt es AIS und Radar.
Ab und zu kommen am Himmel ein paar Sterne auf, aber kein Mond weit und breit. Es scheint mir, als ob es schwarze Gewitterwolken am Himmel hat. Ich schalte den Radar ein. Der Radar sieht nämlich die Regenwolken, was einem sehr hilft - als Warnung. Solche Gewitterregenwolken kommen immer mit viel Wind und einer Winddrehung einher. Man nennt sie Squalls. Und tatsächlich; Rundum hat es versplitterte kleine Wasseransammlungen in der Luft. Vermutlich wird sich hier heute nichts entleeren, aber es ist interessant das so zu sehen.
Den ganzen letzen Tag über sind wir mit räumlichem und achterlichem Wind Richtung Süden gefahren, Wind meist zwischen 15 und 25 Knoten. Wir konnten das Gross ausreffen und meist auch die Genua setzen.
Es ist schöne zu sehen, wie sich das Wasser verfärbt. Am morgen war es schwarz und hat dann mit der aufsteigenden Sonne in ein Antrazit gewechselt. Am Mittag, bei vollem Sonnenschein und ein paar Schönwetterwolken, war es dann kristallblau. Und am Abend wurde es dunkelblau mit der untergehenden Sonne und dann wieder schwarz. Wieder ein herrlicher Segeltag!
Am Abend habe ich frisches Brot gebacken, und dann haben sich Urs und Simi in die Combüse verabschiedet um das famöse in Rum eingelegte Filet zuzubereiten. Das wird schon bald zur Tradition: Fleisch 2 Tage in reinem Rum mit viel Knoblauch, Ingwer und Rohrzucker einlegen, dann anbraten und im Ofen leicht garen (man muss aber bei diesem Gericht immer ein Auge auf die Küchencrew werfen, denn sonst verschwindet die Hälfte des Filets bereits während dem Kochen als Carpacho!).
Es ist 0200 und Urs löst mich ab. Also zurück in die Koje. Übrigens, es wird immer wärmer. Die Kojen sind fast unangenehm warm, vor allem im Vorschiff. Wir können auf so einer Überfahrt die Luken nicht öffnen wegen dem Spritzwasser...

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