Ankern an Land

Lapita-Voyage
Klaus Hympendahl
Wed 11 Mar 2009 08:13
An einem Tag wie jeder andere hatte wir wiederum keinen Wind und als er dann
morgens kam, strich er aus der falschen Richtung. Klar, er kam direkt aus
der Richtung in die wir wollten. Wir lagen vor unserer Zielinsel Vanikoro
und kamen ihr kaum näher. Wunderschön im Morgenlicht lag sie 20 sm vor uns.
Grün, vulkanisch, von historischen
Geschichten umrangt und insofern mysteriös. Hier strandeten im Jahr 1788 der
Stolz der französischen Forschung- und Expeditionsvorhaben: ihre beiden
Schiffe "Astrolabe" und "Boussole". Sie hatten diese Schiffe mit demBesten vom
Besten der damaligen Zeit ausgerüstet und sie dem Kommando von Comte La
Pérouse unterstellt. Die Expedition sollte das Gegenstück zu den Erfolgen
des Briten James Cook sein. Jedoch, beide Schiffe zerschellten am Außenriff
offensichtlich in einem Zyklon. Vor wenigen Jahren fanden Fransosen
eindeutige Relikte in 40 m Tiefe am Außenriff, u.a. die Schiffsglocke mit
Namen der "Boussole". Ich selbst habe 1997 auf Tikopia einen großen
Schiffshaken und eine Flasche für Quecksilber (damaliges Mittel gegen
Syphillis) gezeigt bekommen, die von den Schiffen stammten.
Überlebt haben wenige, wurden an Land Opfer der Einheimischen, so die
Erzählungen des irischen Kapitäns und Abenteuers Peter Dillon. (Spannendes Buch,
empfehlenswert)
An einem Tag wie jeder andere, drehte sich schließlich alles zu unseren
Gunsten. Der dichte Regen, der plötztlich die Insel unerkennbar verschlang,
löste sich gerade dann auf, als wir die Passage durch das Außenriff
ansteuerten - keine 100 m von der Unglückstelle der "Astrolabe" entfernt. Alle fotografierten die Brecher links und rechts der Passage.
Da kein Wind herrschte, schleppten wir mit dem 5-PS-Außenborder am Dingi .unser
Schiff.
Zwischen dem Außenriff und der Insel mussten wir noch ca. 5 sm motoren.
Dabei berührten wir einmal eine Riffuntiefe. Eine leichte Kerbe im Bb-Ruder
erinnert´an den "Rocky". Kurz vor Dunkelheit kamen wir nach Muruwai, der
ältesten Siedlung von Tikopianern. Erst sahen wir keine Menschen, dann kamen
sie alle angelaufen und dirgierten uns zu einem bemerkenswerten Ankerplatz. Ein Mann ging vom
Ufer durchs Wasser und wollte und wollte nicht tiefer als bis zur Brust
eintauchen. Hier, hier sollten wir ankern. Ich hatte noch 50 cm unter dem
Kiel. "Haben wir Hochwasser?", war meine Frage. Ja, antwortete er zu meiner
Überraschung. Durchs Wasser konnte ich Schlamm entdecken und der Anker fiel.
Eine Stunde später saß das Boot trocken auf weickem Boden, komfortabel wie
auf einem Samtkissen, auf.
Solch einen außergewöhnlichen Ankerplatz hatte ich noch nie. Es war Vollmond und das halbe
Dorf kam anspaziert.
Ich traf meinen alten Nachbarn Frederic aus dem Jahr 1997, als ich auf
Tikopia mehrere Monate gelebt hatte, wieder.
Wir begrüßen uns mit einem "songi" dem polynesischem Nasenkuss. Dann kam
sein Bruder Steven und andere und wir mussten alle immer dieselben Fragen
beantworten.
Plötzlich ging das UKW und Hanneke von der ANUTA meldete sich. Inzwischen
war es 22 Uhr. Sie lagen tagsüber hinter uns und meldeten sich vom
Außenriff, wollten durch eine andere Riffpassage als wir sie gewählt hatten. Mit
einem Tikopianer machte ich mich im Dingi auf, sie durch die Passage zu
lotsen.Als wir nach einer halben Stunde, bei herrlichem Mondlicht, auf sie
trafen, waren sie bereits sicher durch diese Passage gekommen.. So geleiteten
wir sie nachts mit Taschenlampen durch die Lagune. Allerdings konnten sie nicht sicher neben uns auf
dem trocken gefallenen Riff liegen. So mussten sie ihren Anker an der
Riffkante auf das Riff legen und hoffen, dass der Landwind sie so lange im
tiefen Wasser der Lagune hält, bis das Wasser steigt und sie sich aufs Riff
ziehen konnten.
Als ich spät zu unserem Boot zurückkam war eine Flasche Whisky, die Karl
mitgebracht hatte, nur noch halb voll. Ein Vollmondfest und einem Schiff,
das sicher auf seinen zwei Rümpfen an Land steht, muss halt gefeiert werden.


K. Hy.


P.S. Bei meiner gestrigen Schilderung des Alltagslebens an Bord hatte ich die Badeleiter vergessen. Sie ist stilecht aus dickem Bambus gefertigt. Zwischen beiden Hecks kann man sie runterlassen. Sie gibt uns schnellen Zugang zum Meer, zum Erfrischen bei Flaute, zum Schwimmen und ist Zugang zu unserem beliebtesten WC. Bitte wörtlich nehmen: Water Closet. Mir hatte sie - vor drei Vollmonden genau - das Leben gerettet, als ich im Vorschiff über Bord fiel und noch gerade eine Sprosse ergreifen konnte. Wie konnte ich nur meine geliebte Badeleiter vergessen?!.



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