Eve Blog

Lapita-Voyage
Klaus Hympendahl
Fri 16 Jan 2009 23:08
Neues von der Anuta, Kerawara, Duke of York-Islands,15.01.2009

Südsee? Von wegen!



Wir haben uns auf den Weg zu den Duke of York-Islands gemacht. Hier soll es eine Insel geben, auf der man Lapita-Keramikscherben am Strand finden kann. Nada und Hannes machen ihre auf der Tikopia ihre ersten Meilen und auf der Anuta ist mit Rüdiger und James wieder alles beim Alten. Aber kaum waren wir um die Landspitze von Rabaul geborgen, standen wir im Regen. Südsee? Geht so!



Man sollte sich nicht wundern, dass diese Inseln einen englischen Namen tragen: das Wetter ist definitiv mit dafür verantwortlich. Grau in grau und es regnet in Strömen. Außerdem ist es empfindlich kalt. Weil der Regen den Wind blockte und zusätzlich eine ziemliche Strömung einsetze, haben wir für die fünfzehn Seemeilen den ganzen Tag gebraucht. Swimming in the rain...



Kaum haben wir - natürlich im Dunkeln - geankert, mussten wir uns auch schon wieder umlegen. Wir hatten ausversehen vor einem Tabu-Strand gelegen - einem Strand, den die Männer hier für ihre Initiationsrituale benutzen, nicht "Initiierte" sind verboten, Frauen sowieso. Erklärt hat uns das Harry, ein "local" mit deutschem Großvater, Kenntnissen des Eisbeinkochens und der Bürgermeister "Jägermeister" nennt. Er verbrachte die halbe Nacht auf der Tikopia und trank mit der Besatzung auf seine deutschen Wurzeln. Er erzählte auch, dass um die Wende vom Neunzehnten zum Zwanzigsten Jahrhundert eine Gruppe von Deutschen hier auf der Nachbarinsel ein Nudistencamp gegründet haben, Sie sind wohl auch hier gestorben - nackt, aber glücklich. Wir hingegen gehen ziemlich angezogen ins Bett um uns aufzuwärmen. Der lokale Schnaps, den wir noch in Rabaul gekauft haben, tut zwar weh, wärmt aber nur wenig.



Morgen geht's weiter. Wohin - das wird uns wohl der Wind weisen.





Neues von der Anuta, Rabaul, 14.01.2009

Wer hätte gedacht, dass das Paradies nach Hölle riecht?



Seit zwei Tagen liegen wir vor dem (ehemaligen) Yachtclub von der einst schönsten Stadt der Gegend: Rabaul. Heute ist dieser Teil der Stadt eine schwarze, nach Schwefel stinkende Wüste und wir sind froh, dass der Wind in die richtige Richtung bläst und die Staubwolke, die der Vulkan immer noch kräftig ausstößt, weg von der Stadt und unseren Schiffen trägt. Es ist unglaublich heiß und die Luft beißt in der Nase. Um in die Stadtmitte zu kommen müssen wir über zugeaschte Felder zum Rabaul-Hotel laufen um dort hoffentlich ein Auto zu finden, dass uns mitnimmt. Doch obwohl diese Stadt aussieht wie man sich ein Kriegsgebiet vorstellt, sind die Menschen hier nicht klein zu kriegen. Selbst für das Geld, dass der Staat ihnen für eine Umsiedlung geboten hat, wollen sie hier nicht weg. Sie leben mit ihrem Vulkan, der Asche und der unerträglichen Luft. Es riecht wie in der Hölle...



Im nahe gelegenen Kokopo (dass niemand von uns aussprechen kann, außer Rüdiger) haben wir uns heute für die nächsten Monate mit Dosenfutter eingedeckt und mit der fälligen Rechnung den ganzen Laden in Aufregung versetzt. Der Kassiererin wurde sogar der Stuhl unter dem Hintern weggezogen, auf dem sie kurz zuvor noch lässig gehangen hatte. Das Ganze hat zwei Stunden gedauert und Rüdiger und ich waren reif für ein Sauerstoffzelt.



Morgen werden wir aufbrechen, wieder mit Rüdiger und James an Bord. Matt zieht wieder auf die Tikopia und wird dort von Nada und Hannes verstärkt. Peter, Bettina, Jean-Pierre und Philipp sind auf den Weg nach Hause, müssen allerdings zuvor noch eine Tour im Banana-Boot überleben, einen Fußmarsch absolvieren und in Kavieng hoffentlich den nächsten Flug nach Port Moresby bekommen. Der Flughafen in Rabaul ist natürlich gesperrt und wann die nächste Maschine hier landen wird, weiß niemand. Es bleibt also weiter spannend.



Neues von der Anuta, Watom, 12.01.2009

Geburtstag unter Palmen



Wenn man im Januar geboren wurde, ist es einem selten vergönnt, seinen Geburtstag in mehr als fünf Grad und Regen zu verbringen, allein Sonnenschein ist ein seltenes Gut an diesem Tag. Was für eine wunderbare Erfahrung also, den ersten Geburtstag seines Lebens unter tropischer Sonne im Paradies zu feiern,



Wir lagen vor Wantom Island, der ersten wichtigen Station der Lapita Route, denn hier hat der deutsche Missionar Otto Meier um 1910 die ersten Scherben der Lapita-Keramik gefunden und beschrieben. Der Ankerplatz direkt vor dem Dorf ist umgeben von Korallen, das Wasser glasklar, die Menschen sehr freundlich. Zur Feier des Tages hat mir Hanneke Pfannkuchen mit Schokostreuseln gebacken (um so mehr eine Freude, weil ich damit dem täglichen Porredge entkam) und Kaffee gemacht. Herrlich. Nach dem Essen sind wir noch kurz geschnorchelt und Matt hat seine Filmaufnahmen gemacht... Mehrmals, denn Peter ist immer wieder enthusiastisch durchs Bild geschwommen oder hat Interviews mit seinem Schnorchelschnaufen zu Nichte gemacht. Matt was not amused.



Wir sind dann weitergefahren nach Rabaul, der nächsten Station der Reise, auf der die Crews wechseln sollten. Wir wussten bereits, dass der Vulkan, der die Stadt vor ca. zehn Jahren bereits halb zerstört hatte, kräftig aktiv ist, denn wir konnten die Rauchsäule schon auf Wantom sehen. Was uns aber wirklich erwarten würde, sobald wir um die nächste Landspitze biegen, darauf waren wir nicht vorbereitet. Je näher wir kamen, um so schwärzer wurden die Wolken, die dieses mächtige Ungeheuer ausgestieß... Und wir kamen ziemlich nah dran. Nun ja, nicht jeder hat an seinem Geburtstag die Ehre, näher als eine Seemeile an einem aktiven Vulkan heranzukommen, die Asche auf der Haut zu spüren und den Schwefelgeruch in der Nase zu haben. Es war wirklich ein Erlebnis.



Abends - nach einer perfekten Einfahrt in den Hafen unter Segeln (Hanneke war etwas traurig, dass wir keine Zeugen hatten) - saßen wir nach langen drei Tagen auf See und einer Nacht in Wantom endlich mal wieder mit allen zusammen zusammen. Auch Rüdiger und James waren da, die zwei Wochen zu Zweit schien ihnen gut bekommen zu sein und síe saßen einträchtig wie ein altes Ehepaar zusammen und freuten sich über das Wiedersehen.



Leider hat irgendwer den australischen Besitzern des Rabaul-Hotels in dem wir gegessen haben, gesteckt, dass ich Geburtstag hatte. Susie, die Besitzerin, entschuldigte sich zunächst den halben Abend dafür, dass sie leider keinen pinken Partyhütchen for the birthdaygirl mehr habe, da die Geburtstaggesellschaft am Nebentisch alle verbraucht hätte ("Ja, nee, wirklich Schade...."), und ich dachte, der Kelch wäre an mir vorrüber gegangen. Sie ließ es sich aber doch nicht nehmen, für mich einen übrig gebliebenen Weihnachtskuchen hereinzutragen, natürlich mit der singenden Belegschaft im Schlepptau. ("Welche Freude"!!!) Alle haben mitgesungen, und von Jean-Pierre gabs sogar eine Version in Französisch. (Genau das, was man braucht an seinem Geburtstag). Nun gut, nun bin ich 31, haben Pfannekuchen im Paradies gegessen, einen Vulkan brodeln gesehen und ein australisch-papua-neuguineanisches-deutsch-französiches Ständchen bekommen. Mal sehen, was als nächstes passiert.





Neues von der Anuta, Karkar, 03.01.2009

Leben trotz Flaute



So erhebend das Gefühl sein kann, den Pazifischen Ozean mit einem elf Meter langen Katamaran beherrschen zu können, so enervierend kann eine Flaute auf dem selben sein. Die Morgenstunden vergehen in Jahren, die Sonne brennt unermüdlich und weit und breit kein Wind in Sicht - vielmehr in Sicht ist er schon, aber in einem grossen Zirkel um uns herum. Life is just a joke. Die Herren vertreiben sich die Zeit mit dem vergeblichen Versuch, einen der Thunfische zu fangen, die um uns herum springen. Aber die Biester lachen wahrscheinlich genau so über uns, wie die Delphine gestern Nacht über mich, als ich in der Flaute versuchte irgendwie irgendeinen Kurs zu halten. Sie drehten mehrere Kreise um mich herum, bevor es ihnen zu langweilig wurde. Die Frauen ihrerseits schlafen, kochen oder putzen die Küche... so sehr anders ist das Leben auf den Schiffen also auch nicht.

Das VHF (allgemein "the radio") missbrauchen wir im Moment vor allem dafür, um uns gegenseitig Kochtipps durch zu geben, denn das Essen ist zur Zeit das einzige Thema, das Bestand hat. Der zu haltende Kurs ist seit Tagen der gleiche, es geht straight Richtung Osten, und man lernt nachts Orion als guten Begleiter zu schätzen.

Heute ankern wir vor Karkar und wurden direkt von den lokalen Schulkindern geentert, die zur Zeit Ferien haben. Hanneke hat sich vor allem über die selbstgebauten Kanus gefreut (eines ihrer Hobbies) bevor sie mit ihrem unvergleichen Gouvernaten-Blick die Horde von Bord geschmissen hat. Jetzt wird gekocht und Hanneke hat mir - mit dem selben Gouvernaten-Blick - verboten, den Whisky anzurühren. Er bleibt in Peters Kabine, dem sie in der Hinsicht mehr traut als mir. Wahrscheinlich zu recht, denn ein Schuck von etwas, dass nach mehr als nach Wasser (Regenwasser wohl gemerkt), Tee oder Vitamintabletten schmeckt, gibt es nicht. Ein wahrlich hartes Leben in mehr als einer Flaute.



Neues von der Anuta, Wewak, 02.01.2009

Happy New Year von der Anuta



Nach drei wunderbar entspannten Tagen - einmal abgesehen von der angeblichen Notwenigkeit zweier Nachtwächter auf unseren Schiffen - und einer paradisischen Südsee-Traumnacht, die ich mit Klaus, Philipp, Bettina und Jean-Pierre in Georgs Guesthouse auf Mushu-Island verbringen durfte, habe wir Wewak in Richtung Rabaul verlassen. Vor uns liegen nun wieder ca. 500 Seemeilen, die wir wohl in drei Etappen segeln werden. Zur Zeit passieren wir die vielen kleinen Vulkan-Inseln des südwestlichen Bismarck-Archipels.

James wird die Distanz im Flugzeug zurücklegen, um auf den armen, angeschlagenen Rüdiger auf zu passen. Nun können sich die beiden fuß- bzw. beinkranken Herren gegenseitig stützen, nur ist es bei beiden leider das rechte Bein: unpraktische Ironie des Schicksals. Rüdiger hatte sich in Wewak eine schlimme Infektion gefangen und von der gestrengen Schwester Josephine ausdrücklich untersagt bekommen, auch nur einen nautischen Zentimeter auf einen schwankenden Holzbrett zu reisen. Zudem sind wir uns nicht sicher, ob wir die doch recht eindrucksvolle Injektionsnadel genauso unerschrocken in seinen Arm bohren könnten wie diese resolute Dame. Immerhin, bei ihr widersprach der Patient nicht.

Sylvester sind wir mit vollen Segeln ziemlich stürmisch ins Neue Jahr eingelaufen. Während ich die notwendigen Manöver wieder verschlafen durfte, ist der arme Peter am Steuer ordentlich gewaschen worden. Doch zum Aufwärmen (bzw. Aufwachen) gabs einen steifen Planters Punch von Captain Hanneke und rund eine Stunde zu früh eine Happy New Year - wie das eben so ist auf einem internationalen Schiff, mit zwei Deutschen, einem Engländer (der tüchtige Klabauter) und einer Exil-Holländerin. Wir hatten zwar schon daran gedacht, einfacherhalber die ganze Nacht durchzufeiern, aber soviel Sprit hätten wir nicht gehabt - trotz des großartigen hochprozentigen Gastgeschenkes von Bettina und Jean-Pierre (Thank you for that!!). Zum Frühstück gab es dann ein herrliches Tomaten-Rührei mit noch herrlicherem Pumpernikel aus dem Hause Otte.

Seitdem vergehen die Tage recht gemütlich, der Wind ist mal stetig, mal nicht, aber die Sonne brennt und die Nächte sind wunderbar sternenklar. Dank Matt sind die Rationen massiv gewachsen, und verhungern werden wir mit Sicherheit nicht. "Nein danke, ist super lecker, aber ich kann nach der Schüssel Porrdege nicht noch drei Kilo Obstsalat essen...". Darüber freut sich Peter allerdings mehr als wir Damen, die wir mittlerweile die schönsten Figuren seit Jahren haben. (James hatte sich schon überlegt, für diesen Bonus Geld zu nehmen: "Getting more beautiful costs extra".

Unsere Gedanken weilen bei unserem Admiral (miss you, James), dem Mann mit dem roten Kokusnuss-Krabbenbein (gute Besserung, Rüdiger!) und unseren Lieben zu Hause. In diesem Sinne: ein frohes Neues und den nächsten Planters Punch-Sun-downer auf ein aufregendes, hoffentlich stetig windiges und trockenes 2009!!! Liebe Grüsse von der Anuta.