Dumia Log 03.12.2021
Freitag, 03.12.2021,
23:00 Uhr
Alle sind wohlauf. ⎈ Nachdem wir zügig vorankommen und seit gestern
weitere 14 Plätze gut gemacht haben, besteht wenig Veranlassung, an Kurs und Takelage
etwas zu ändern: Seit unserem Aufenthalt auf den Kapverden hat
sich über den Azoren ein stabiles Hoch gebildet. Um dieses Hoch herum wehen auf
der Nordhalbkugel die Winde im Uhrzeigersinn. Wir segeln an der Südseite des
Hochs. Dort weht der Wind entsprechend anfangs aus Nordost, dann Ost (Passat),
ideal um sich mit konstantem Wind (solange das Azorenhoch stabil bleibt) von
Achtern Richtung Westen treiben zu lassen. Um bestmöglich von dieser
Konstellation zu profitieren, nutzt die Dumia einen eigens für diese Überfahrt
konfigurierten tradewind setup (siehe
beigefügtes Bild), mit dem sich die Genua und die Fock quer vor den Wind
stellen lassen (ähnlich dem Schmetterlingssegeln). ⎈ Anmerkung für’s Allgemeinwissen: Solange es
nur Segelschiffe gab, die im Wesentlichen auf achterlichen Wind (von hinten) angewiesen
waren, war die oben beschriebene Windkonstellation Grundlage des Handels
zwischen den drei Kontinenten Europa, Afrika und Amerika. Von Europa segelten
die Handelsschiffe mit europäischen Erzeugnissen erst nach Afrika, nahmen dort
Sklaven auf, setzten dann in die Karibik über (Zucker, Rum), um dann Nordamerika
anzusteuern, wo die mitgebrachte Ware gelöscht und gegen Tabak, Baumwolle, etc.
für die Reise nach Europa getauscht wurde. Daher die Bezeichnung „tradewind“. Die Reise der Dumia verfolgt ausschließlich nicht-kommerzielle
Zwecke. Seine Galeeren-Sklaven hat Hans-Peter bereits aus Europa mitgebracht. ⎈ Letztere kommen erfreulicherweise mit einem
Nachteil des „Schmetterlings-Segelns“ recht gut zurecht: Das Boot liegt weniger
stabil auf der Wasseroberfläche und schwankt permanent von der einen Seite auf
die andere. Das ist nicht besonders magenfreundlich, erfordert insbesondere jedoch
erhöhte Vorsicht bei jeder Bewegung an oder unter Deck. Eine Hand bleibt immer
frei, um sich festhalten zu können. An Deck gilt strikte Pflicht, sich
anzupicken, also sich mit einer an der permanent getragenen Rettungsweste
befestigten Sicherheitsleine am Boot festzugurten. In den (Zweier-)Kojen führt das Rollen der Dumia
dazu, dass man während des Schlafs auch im Bett rollt. Um Tom, seinen
Kajütennachbarn, nicht am Morgen plattgewalzt und leblos neben sich vorzufinden,
hat Rolf in beispielhafter Fürsorge eine Trennbespannung zwischen den beiden Matratzen
hochgezogen. Er kennt die Anzahl seiner lebensbedrohlichen Pfunde offensichtlich
sehr genau. ⎈ Eine weitere Anmerkung für
Besorgte: Hurricanes sind um diese Jahreszeit nicht mehr zu erwarten. Die Sonne befindet sich zu weit im Süden, um das Wasser auf die hierfür
erforderliche Temperatur von 26 Grad zu erwärmen. ⎈ Die Hälfte der Strecke zwischen den Kapverden
und St. Lucia liegt seit heute Abend hinter uns. Der aktuelle Wetterbericht geht von weiterhin stabilen
Verhältnissen bis kommenden Donnerstag aus. Bei unserer derzeitigen
Geschwindigkeit schaffen wir es dahin bis (kurz vor) St. Lucia. ⎈ Ich hoffe, dies wird von den Zurückgebliebenen
ausnahmslos als gute Nachricht aufgenommen. Oder sollte es da welche geben, die
gehofft hatten, dass der Eine oder Andere von uns für längere Zeit in den
Rossbreiten hängen bleibt? ⎈ Auch an letztere,
wir sind inzwischen tiefenentspannt: Herzliche Grüße, Eure Crew von der Dumia ⎈ gw
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