Dumia Log 26.11.2021

Dumia
Sun 28 Nov 2021 10:35

Freitag, 26. November 2021, 23:00 Uhr GMT

Alle sind wohlauf.

Der Segeltag beginnt nachts zur Zeit des Wachwechsel um 03:00 Uhr mit einem Missgeschick: Just zu diesem Zeitpunkt fällt ohne Vorwarnung der Autopilot aus und die Dumia dreht unbemerkt in den Wind. Das Boot fährt eine unbeabsichtigte Wende. Glücklicherweise reicht unsere Geschwindigkeit, um mit einer Q-Wende die Situation zu korrigieren und wieder auf Kurs zu gehen. Der Autopilot funktioniert wieder verlässlich. Die Ursachenforschung für den kurzzeitigen Ausfall produziert bisher lediglich Lösungsansätze, aber keine zufriedenstellende Antwort. Zumindest der akustische Alarm, der den Ausfall des Autopiloten eigentlich signalisieren sollte, ist jetzt wieder hörbar.

Ein sonniger Tag bricht an, wie man sich ihn schöner nicht wünschen könnte. Die Sonne wärmt, der Wind kühlt, nichts und niemand stört unsere Ruhe.

Rolf entdeckt erstmals die für die Breitengrade typische Passatbewölkung. Wir sind auf unserem Kurs dort angekommen, wo nach der alten Regel der Atlantikfahrer die Butter schmilzt: „Nach Süden, bis die Butter schmilzt und dann westwärts.“

Um 10:15 Uhr sitzen wir bei einem gemütlichen Frühstück, wie immer auf unserer Terrasse mit unverbautem Meerblick. Franz-Josef serviert wieder frisch-gebackenes Brot - dieses Mal mit weicher Butter - und wir schätzen uns glücklich, dem wahrscheinlich nasskalten Vordertaunus entkommen zu sein. Die Teller und Tassen sind noch halbvoll, als Angler-Tom Alarm schlägt: Wieder hängt ein Fisch am Haken. Ihre Admiralität HPH schaltet von aktiv auf hyperaktiv und es wird hektisch: Segel runter, Tisch aufgeräumt, zweite Angel eingeholt, Angelutensilien an Deck gebracht, Aufgaben verteilt – die Anweisungen kommen in Überschallgeschwindigkeit und die Leichtmatrosen an Bord wissen nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht. Tom kämpft derweil mit dem Fang, der sich heftig wehrt. Es scheint wieder ein Mahimahi zu sein, aber größer und kräftiger, als sein unglücklicher Vorgänger. Als ihn Tom nach längerem Kampf nahe ans Boot gebracht hat, bemerken wir, dass der Mahimahi von einem zweiten kleineren Artgenossen begleitet wird, der treu an seiner Seite bleibt. Die Situation ist zum Herzerweichen – aber Tom bleibt keine Alternative: sein Fang hängt am Haken und er muss ihn aus dem Wasser holen. Mit einem Ruck an der Leine holt er ihn hoch, hat ihn schon halb im Boot, als der sich nochmals aufbäumt. Mit einem verzweifelten Ruck gelingt es ihm, sich vom Haken loszureißen, zurück ins Wasser zu gleiten und mit seinem treuen Gefährten zu entkommen. Wir atmen alle tief durch. Sogar Tom scheint über diese Wendung der Dinge erleichtert.

Wir räumen auf, setzen wieder Segel und sichtlich erleichtert unsere Fahrt fort. Keiner hat noch Lust, das unterbrochene Frühstück fortzusetzen. Keine 30 Minuten später – die Mannschaft erholt sich noch, schon wieder Alarm. Dieses Mal bei gleich beiden Angeln. Und wieder geht es von vorne los: Segel runter etc. Den Fang an der kürzeren Leine – wieder ein Mahimahi – hat Tom relativ schnell an Deck gebracht. Der zweite schafft es mit einem gewaltigen Sprung aus dem Wasser, sich vom Haken zu befreien - diesmal zur Genugtuung unseres Kochs, der diese mit einem unterdrückten Stöhnen „Nicht jeeeden Tag Fisch, Leute!“ deutlich zum Ausdruck bringt.

Inzwischen ist es schon zwei Uhr nachmittags, wir hatten nur ein halbes Frühstück, keinen Mittagstisch und entscheiden uns deswegen für ein frühes Abendessen: Franz-Josef bindet seine Schürze um und verschwindet bei zunehmend rauer werdender See in der Kombüse. Fisch zu braten und Petersilienkartoffeln bei schwankendem Boden zu kochen ist eine akrobatische Herausforderung, die unser Endsechziger mit zirkusreifer Bravour meistert. Die hungrige Mannschaft kann nur zusehen, staunen und Franz-Josef mit bewundernden Komplimenten anfeuern.

Als alle nach einer auskömmlichen Mahlzeit erst einmal in den verdauungsnotwendigen Halbschlaf versinken, taucht Rolf mit dem Staubsauger auf und beginnt das Deck zu saugen. Für diese ruhestörende Initiative erbittet er obendrein eine lobende Erwähnung im Logbuch. Diese soll er hiermit bekommen, verbunden mit einer Empfehlung an seine Gattin, dass er mit den gezeigten Fähigkeiten auch im Haushalt gut verwendbar sein sollte. Frei nach dem politisch korrekt umformulierten Motto: Der Rolf im Haus erspart die Zugehperson. Umgekehrt bedeutet dies leider auch, dass sich die anderen Crew-Mitglieder vergleichsweise weniger für derartige Aufgaben eignen.

Auf unserem Weg westwärts sind wir heute in einer neuen Zeitzone angelangt und müssen die Uhr eine Stunde zurückstellen. Wie bei der Umstellung auf die Winterzeit bekommt dies der eine oder andere nicht mit. Dieses Mal ist es Franz-Josef, der seinen Wecker zu früh stellt und die 23:00 Uhr-Wache schon eine Stunde früher antreten will. Eine einmalige Chance für den abzulösenden Wachhabenden früher in die Koje zu kommen! Dann erinnert sich Ihr Berichterstatter jedoch an den tagsüber gezeigten aufopfernden Einsatz unseres Kochs für das leibliche Wohl der Mannschaft und schickt Franz-Josef in einer großzügigen Geste zurück ins Bett.

Ja, liebe Leser, es gibt in der Welt doch noch viel Gutes, von glücklichen Fischen, staubsaugenden Männern, sich für unser Wohl aufopfernden Köchen bis hin zu selbstlosen Wachhabenden. Es ist eine Freude, darüber berichten zu dürfen.

Herzliche Grüße,

Eure Crew von der Dumia!

gw