Dumia Log 26.11.2021
Freitag, 26. November
2021, 23:00 Uhr GMT Alle sind wohlauf. ⎈ Der Segeltag beginnt nachts zur Zeit des
Wachwechsel um 03:00 Uhr mit einem Missgeschick: Just zu diesem Zeitpunkt fällt
ohne Vorwarnung der Autopilot aus und die Dumia dreht unbemerkt in den Wind.
Das Boot fährt eine unbeabsichtigte Wende. Glücklicherweise reicht unsere
Geschwindigkeit, um mit einer Q-Wende die Situation zu korrigieren und wieder
auf Kurs zu gehen. Der Autopilot funktioniert wieder verlässlich. Die Ursachenforschung
für den kurzzeitigen Ausfall produziert bisher lediglich Lösungsansätze, aber
keine zufriedenstellende Antwort. Zumindest der akustische Alarm, der den
Ausfall des Autopiloten eigentlich signalisieren sollte, ist jetzt wieder
hörbar. ⎈ Ein sonniger Tag bricht an, wie man sich ihn schöner
nicht wünschen könnte. Die Sonne wärmt, der Wind kühlt, nichts und niemand
stört unsere Ruhe. Rolf entdeckt erstmals die für die Breitengrade
typische Passatbewölkung. Wir sind auf unserem Kurs dort angekommen, wo nach der
alten Regel der Atlantikfahrer die Butter schmilzt: „Nach Süden, bis die Butter
schmilzt und dann westwärts.“ ⎈ Um 10:15 Uhr sitzen wir bei einem gemütlichen
Frühstück, wie immer auf unserer Terrasse mit unverbautem Meerblick. Franz-Josef
serviert wieder frisch-gebackenes Brot - dieses Mal mit weicher Butter - und
wir schätzen uns glücklich, dem wahrscheinlich nasskalten Vordertaunus
entkommen zu sein. Die Teller und Tassen sind noch halbvoll, als Angler-Tom
Alarm schlägt: Wieder hängt ein Fisch am Haken. Ihre Admiralität HPH schaltet
von aktiv auf hyperaktiv und es wird hektisch: Segel runter, Tisch aufgeräumt, zweite
Angel eingeholt, Angelutensilien an Deck gebracht, Aufgaben verteilt – die
Anweisungen kommen in Überschallgeschwindigkeit und die Leichtmatrosen an Bord
wissen nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht. Tom kämpft derweil mit dem Fang,
der sich heftig wehrt. Es scheint wieder ein Mahimahi zu sein, aber größer und
kräftiger, als sein unglücklicher Vorgänger. Als ihn Tom nach längerem Kampf
nahe ans Boot gebracht hat, bemerken wir, dass der Mahimahi von einem zweiten
kleineren Artgenossen begleitet wird, der treu an seiner Seite bleibt. Die
Situation ist zum Herzerweichen – aber Tom bleibt keine Alternative: sein Fang
hängt am Haken und er muss ihn aus dem Wasser holen. Mit einem Ruck an der
Leine holt er ihn hoch, hat ihn schon halb im Boot, als der sich nochmals
aufbäumt. Mit einem verzweifelten Ruck gelingt es ihm, sich vom Haken
loszureißen, zurück ins Wasser zu gleiten und mit seinem treuen Gefährten zu
entkommen. Wir atmen alle tief durch. Sogar Tom scheint über diese Wendung der
Dinge erleichtert. ⎈ Wir räumen auf, setzen wieder Segel und
sichtlich erleichtert unsere Fahrt fort. Keiner hat noch Lust, das unterbrochene
Frühstück fortzusetzen. Keine 30 Minuten später – die Mannschaft erholt sich
noch, schon wieder Alarm. Dieses Mal bei gleich beiden Angeln. Und wieder geht
es von vorne los: Segel runter etc. Den Fang an der kürzeren Leine – wieder ein
Mahimahi – hat Tom relativ schnell an Deck gebracht. Der zweite schafft es mit
einem gewaltigen Sprung aus dem Wasser, sich vom Haken zu befreien - diesmal
zur Genugtuung unseres Kochs, der diese mit einem unterdrückten Stöhnen „Nicht
jeeeden Tag Fisch, Leute!“ deutlich zum Ausdruck bringt. ⎈ Inzwischen ist es schon zwei Uhr nachmittags,
wir hatten nur ein halbes Frühstück, keinen Mittagstisch und entscheiden uns
deswegen für ein frühes Abendessen: Franz-Josef bindet seine Schürze um und verschwindet
bei zunehmend rauer werdender See in der Kombüse. Fisch zu braten und
Petersilienkartoffeln bei schwankendem Boden zu kochen ist eine akrobatische Herausforderung,
die unser Endsechziger mit zirkusreifer Bravour meistert. Die hungrige
Mannschaft kann nur zusehen, staunen und Franz-Josef mit bewundernden Komplimenten
anfeuern. ⎈ Als alle nach einer auskömmlichen Mahlzeit erst
einmal in den verdauungsnotwendigen Halbschlaf versinken, taucht Rolf mit dem
Staubsauger auf und beginnt das Deck zu saugen. Für diese ruhestörende
Initiative erbittet er obendrein eine lobende Erwähnung im Logbuch. Diese soll
er hiermit bekommen, verbunden mit einer Empfehlung an seine Gattin, dass er
mit den gezeigten Fähigkeiten auch im Haushalt gut verwendbar sein sollte. Frei
nach dem politisch korrekt umformulierten Motto: Der Rolf im Haus erspart die
Zugehperson. Umgekehrt bedeutet dies leider auch, dass sich die anderen Crew-Mitglieder
vergleichsweise weniger für derartige Aufgaben eignen. ⎈ Auf unserem Weg westwärts sind wir heute in
einer neuen Zeitzone angelangt und müssen die Uhr eine Stunde zurückstellen. Wie
bei der Umstellung auf die Winterzeit bekommt dies der eine oder andere nicht
mit. Dieses Mal ist es Franz-Josef, der seinen Wecker zu früh stellt und die
23:00 Uhr-Wache schon eine Stunde früher antreten will. Eine einmalige Chance
für den abzulösenden Wachhabenden früher in die Koje zu kommen! Dann erinnert
sich Ihr Berichterstatter jedoch an den tagsüber gezeigten aufopfernden Einsatz
unseres Kochs für das leibliche Wohl der Mannschaft und schickt Franz-Josef in
einer großzügigen Geste zurück ins Bett. ⎈ Ja, liebe Leser, es gibt in der Welt doch
noch viel Gutes, von glücklichen Fischen, staubsaugenden Männern, sich für
unser Wohl aufopfernden Köchen bis hin zu selbstlosen Wachhabenden. Es ist eine
Freude, darüber berichten zu dürfen. Herzliche
Grüße, Eure Crew von der Dumia! ⎈ gw |