Dumia Blog 23.11.
Dienstag, 23. November 2021, 19:00 Uhr GMT
Alle sind wohlauf. Toms angeknackte Rippen lassen ihn ruhig schlafen. Rolfs Rücken
hält still. ⎈ Wir haben eine ruhige Nacht hinter uns, sieht
man davon ab, dass unser Skipper gegen 5:30 Uhr entscheidet, Segel zu setzen.
Als die 7:00 Uhr-Wache ihren Dienst antritt, stehen der Code 0 und die Genua
bereits einträchtig nebeneinander und bescheren uns rund 5 kn Fahrt. ⎈ „Gardinenwechsel“ war dann wohl
auch das Motto des Tages. Gegen 12:00 Uhr ergeht von der Admiralität die
Anweisung, aufgrund der aktuellen Windprognose den Code 0 und die Genua gegen den
Genaker zu tauschen. Das soll uns 1 kn pro Stunde mehr Geschwindigkeit bringen
– bei den herrschenden Windverhältnissen wird man ja bescheiden. Das aufwendige
Manöver beansprucht trotz präzisester Anweisungen des Skippers deutlich mehr
als eine Stunde. Als nach getaner Arbeit alle schon durchatmen, fällt
Hans-Peter noch eine ungünstig platzierte Schot auf, deren Position unbedingt
korrigiert werden muss. Also Genaker wieder runter, Schot verlängert, und dann
alles wieder hoch. Jetzt erst ist das blau-rot-goldene Segeltuch mit seinen
250qm ideal gesetzt. Unsere Geschwindigkeit beträgt jetzt im Schnitt 4,5 kn pro
Stunde … (ohne Kommentar). Abends gegen 17:30 Uhr heißt es dann „Kommando
zurück“, da wir bei auffrischendem Wind einen unter Umständen notwendigen Abbau
des Genakers bei Nacht unbedingt vermeiden wollen. Der Skipper bemüht für den erneuten
Segeldrill die Stoppuhr: Einholen des Genakers: 9 min 10 sec, Verstauen des
Genakers: 4 min 20 sec, und Aufziehen des Code 0 und der Genua, einschließlich
der beiden Spinackerbäume: 30 min 25 sec. There is room for improvement! ⎈ Die Mannschaft ächzt und freut
sich auf ein Vier Gänge-Menü, das wir unter der Aufsicht unseres Sternekochs
Franz-Josef auf die Plastikteller der Dumia zaubern: · Salat
von der kanarischen Cucumber mit gewürfelten Paradeiseräpfeln in einer Sahnevinaigrette
(Rolf, nach einem Rezept von Oma) · Ceviche
vom leicht angedünsteten Mahimahi im Avocadobeet (Gottfried) · Mahimahi
im Mehlmantel mit patatas canarias (Franz-Josef) · Carpaccio
von der Ananas und Melone (Rolf) Wir bedauern alle, die sich zuhause
mit biederer Hausmannskost begnügen müssen. ⎈ Nach der Routine nun aber zu den
drei Highlights des Tages. 80 Seemeilen vor der
mauretanischen Küste nähern sich uns gegen 15.00 Uhr 2 schnelle kleinere und
nicht identifizierte Boote. Angesichts zahlreicher Berichte über das Unwesen
afrikanischer Piraten und Rolfs Bericht über eine Anweisung der Lufthansa, auch
im Notfall nicht in Mauretanien zu landen, beschleicht alle ein doch recht
mulmiges Gefühl. Der Skipper versucht, mittels Funks andere Rally-Teilnehmer
über die Situation zu informieren; die sind jedoch außer Funkreichweite
und wir erhalten keine Rückmeldungen. Die Boote nähern sich rasch und Tom
versucht, über das Fernglas mehr über deren Besatzung herauszufinden. Nach ein
bis zwei bangen Minuten wird klar, dass es sich – große Erleichterung - um
Fischer handelt, die offensichtlich zu ihren Fangplätzen unterwegs sind. Sie
rauschen dann auch in ca. 100 m Entfernung an uns vorbei ohne weitere Notiz zu
nehmen. Wir ändern trotzdem den Kurs, um uns weiter vom Festland in noch sichereres
Wasser zu entfernen. ⎈ Kurz danach kreuzt unseren Kurs
der französische Katamaran „Banzai“ (japanisch für „hipp hipp hurra“). Er
entfernt sich ca. eine halbe Seemeile, wendet, kommt zurück, setzt sich knapp
vor unseren Bug und beschwert sich, dass wir keine funktionierende
Funkverbindung (VHF) hätten. Danach schneidet er uns in voller Fahrt mit nicht
mehr als 3m Abstand. Unser Skipper ist - vorsichtig ausgedrückt - leicht
indigniert und teilt dies dem Franzmann auch höflich distinguiert mit: „This is
not nice!“ Doch der und seine Mannschaft sind offensichtlich auf Speed, d.h. auch
im Kopf hipp hipp hurra, und setzen ihren speed-trip
über den Atlantik unbekümmert fort. Unser Skipper beschließt, den Vorfall an
die Rally-Leitung zu melden und formuliert mit (see-)rechtlicher Beratung von
Anwalt Tom eine offizielle Beschwerde. Die Vorteile einer multi-disziplinären
Crew werden wieder offensichtlich: Wir haben sogar Verwendung für
Rechtsanwälte! ⎈ Und nun zum bezauberndsten Teil
des Tags: Kurz vor „hipp hipp hurra“ passiert uns ein Schwarm von hunderten von
Delphinen, die ihrer Freude an einem unbeschwerten Leben freien Lauf lassen:
Luftsprünge einzeln und in Formation – rund 5 Minuten währt das Spektakel, dann
ziehen sie weiter. Aber als Vorbild für unsere Lebenseinstellung in den
kommenden Wochen auf See werden sie uns in dauernder Erinnerung bleiben. ⎈ Wir grüßen alle, die unserer Reise
auf diesem Blog folgen und verabschieden uns bis morgen. Seht das Leben
positiv! ⎈ gw |