Dumia Log 29.11.

Dumia
Wed 1 Dec 2021 13:25

Montag, 29. November 2021, 23:00 Uhr

 

Alle sind wohlauf …

… und nach einer ruppigen Nacht noch ein wenig schlaftrunken.

Die Dumia kämpft sich bravourös durch die aufgewühlte See und wir sind die gesamte Nacht mit 8-9 kn flott unterwegs. Weil der Wind aus 60-70° kommt, müssen wir allerdings von unserem Idealkurs abweichend einen etwas südlicheren Kurs steuern. Wir konsultieren unsere Wetterdienste, um unsere Alternativen abzuwägen:

(a)    Weiter mit zügiger Geschwindigkeit auf Windkurs, um schnell Strecke zu machen, oder

(b)   Kurskorrektur in direkter Richtung Karibik bei dann weniger Windunterstützung, um nicht allzu viel Umweg aufzubauen

Die Prognosen stimmen dahingehend überein, dass

(a)    die Windverhältisse bis Ende der Woche anhalten werden,

(b)   der Wellenaufbau sich noch einen Tag fortsetzen wird, und

(c)    eine gute Chance besteht, dass der Wind mehr Richtung Westen drehen wird.

Unsere zu Luft, zu Lande und zu Wasser erprobten Navigatoren bündeln ihren Sachverstand und beschließen einmütig, weiter dem Wind zu folgen. Da die Entscheidung mit der Gravitas päpstlicher Unfehlbarkeit kommuniziert wird, fügt sich der Rest der Mannschaft ohne weitere Nachfrage.

Dies hat natürlich zur Folge, dass der seit den Kapverden ununterbrochen unruhige Ritt unvermindert weitergeht. Glücklicherweise reiten wir auf der Welle, da diese von Achtern (hinten) kommt und müssen nicht dagegen ankämpfen. Man kann doch Allem einen positiven Aspekt abgewinnen, was den Berichterstatter an die Anekdote von den zwei Dachdeckern erinnert, die vom Dach fielen: Der eine hatte Pech und war tot, der andere hatte Glück und blieb mit dem Auge an einem Nagel hängen.  

Objektiv muss festgehalten werden, dass an ein normales Bordleben nicht mehr zu denken ist. Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, fliegt durch die Gegend. Beim Öffnen der Staufächer besteht die Gefahr, dass dem Mutigen der gesamte Inhalt entgegenkommt. Man überlässt das geschickterweise einem weniger Risiko-aversen Kollegen.

Als Ersten erwischt es Hans-Peter, der unsere gesamten Cookies-Vorräte über den Kabinenboden verstreut. Da Gebäck und Kaffee nun einmal gut zusammenpassen, entbehrt es natürlich nicht einer gewissen inneren Stimmigkeit, wenn Hendrik danach eine volle Tasse frisch angemachten Kaffees verschüttet. Aber irgendwie, lieber Hendrik, führt logisches Denken nicht immer zu brauchbaren Ergebnissen.

Abgesehen davon ist Hendriks Ankunft eine Wohltat. Wir verfügen nun über drei vollwertige Wachen, wodurch sich das Schlaf- und Freizeitbudget jedes einzelnen deutlich verbessert. Der Chronist hofft, so auch seine Rückstände aufzuholen und zeitnäher berichten zu können. Gleichzeitig bittet er um Verständnis: Das Konzentrationsvermögen – altersbedingt ohnehin bereits auf einem besorgniserregenden Niveau - lässt während einer Achterbahnfahrt nochmals sichtlich nach und erschwert das Abfassen sinnvoller Texte.

Hinsichtlich unserer Verpflegung zwingen die Umstände weiterhin zu einer für gehobene Wohnlagen im Vordertaunus untypischen Bescheidenheit, ja Anspruchslosigkeit. Um sein Frühstück muss sich heute jeder selbst kümmern und zum „Mittagessen“ überrascht uns der werdende Hausmann Rolf M. mit einer Obstplatte. Franz-Josef unternimmt dann zum Abendessen den nahezu heroischen Versuch, eine Kartoffelsuppe a lá Bofrost, gekocht und tiefgefroren in einer von ihm selbst betriebenen kanarischen Suppenküche, zu servieren. Deren Zubereitung gelingt dank der problemlos (!) funktionierenden kardanischen Aufhängung unseres Ofens, ohne Zwischenfälle. Wie am Vorabend den heute allerdings heißen Topf rundum gehen zu lassen, verbietet sich. Also kommt die Suppe nach und nach in vier Schälchen und zwei kleine Töpfe, die Hans-Peter dann mit bewundernswerter Körperbeherrschung der darbenden Crew anreicht. Nachdem wir unsere Suppe ausgelöffelt haben, das Übliche: „Franz-Josef, sehr sehr gut! An Dir ist ein Koch verloren gegangen! Das ist Sterneküche mitten auf dem Atlantik! usw.).“ Nun ja, nach einem anstrengenden Tag an frischer Atlantikluft stimmt das wohl auch.

Jetzt um 19:00 Uhr ist es bereits stockdunkel. Die erste Nachtwache macht es sich auf Deck gemütlich. Die, die später dran sind, begeben sich gerne in ihre Kojen. Es wird keine ruhige Nacht werden.

Da haben es unsere Leser(-innen) hoffentlich gemütlicher. Also genießt, was ihr habt und lasst Euch nicht beunruhigen: Manchmal übertreibt der Chronist auch ein wenig.

Liebe Grüße,

Eure Crew von der Dumia

gw