Dumia Blog 23.11.

Dumia
Wed 24 Nov 2021 14:12

Dienstag, 23. November 2021, 19:00 Uhr GMT

 

Alle sind wohlauf.

Toms angeknackte Rippen lassen ihn ruhig schlafen. Rolfs Rücken hält still.

Wir haben eine ruhige Nacht hinter uns, sieht man davon ab, dass unser Skipper gegen 5:30 Uhr entscheidet, Segel zu setzen. Als die 7:00 Uhr-Wache ihren Dienst antritt, stehen der Code 0 und die Genua bereits einträchtig nebeneinander und bescheren uns rund 5 kn Fahrt.

„Gardinenwechsel“ war dann wohl auch das Motto des Tages. Gegen 12:00 Uhr ergeht von der Admiralität die Anweisung, aufgrund der aktuellen Windprognose den Code 0 und die Genua gegen den Genaker zu tauschen. Das soll uns 1 kn pro Stunde mehr Geschwindigkeit bringen – bei den herrschenden Windverhältnissen wird man ja bescheiden. Das aufwendige Manöver beansprucht trotz präzisester Anweisungen des Skippers deutlich mehr als eine Stunde. Als nach getaner Arbeit alle schon durchatmen, fällt Hans-Peter noch eine ungünstig platzierte Schot auf, deren Position unbedingt korrigiert werden muss. Also Genaker wieder runter, Schot verlängert, und dann alles wieder hoch. Jetzt erst ist das blau-rot-goldene Segeltuch mit seinen 250qm ideal gesetzt. Unsere Geschwindigkeit beträgt jetzt im Schnitt 4,5 kn pro Stunde … (ohne Kommentar). Abends gegen 17:30 Uhr heißt es dann „Kommando zurück“, da wir bei auffrischendem Wind einen unter Umständen notwendigen Abbau des Genakers bei Nacht unbedingt vermeiden wollen. Der Skipper bemüht für den erneuten Segeldrill die Stoppuhr: Einholen des Genakers: 9 min 10 sec, Verstauen des Genakers: 4 min 20 sec, und Aufziehen des Code 0 und der Genua, einschließlich der beiden Spinackerbäume: 30 min 25 sec. There is room for improvement!

Die Mannschaft ächzt und freut sich auf ein Vier Gänge-Menü, das wir unter der Aufsicht unseres Sternekochs Franz-Josef auf die Plastikteller der Dumia zaubern:

·       Salat von der kanarischen Cucumber mit gewürfelten Paradeiseräpfeln in einer Sahnevinaigrette (Rolf, nach einem Rezept von Oma)

·       Ceviche vom leicht angedünsteten Mahimahi im Avocadobeet (Gottfried)

·       Mahimahi im Mehlmantel mit patatas canarias (Franz-Josef)

·       Carpaccio von der Ananas und Melone (Rolf)

Wir bedauern alle, die sich zuhause mit biederer Hausmannskost begnügen müssen.

Nach der Routine nun aber zu den drei Highlights des Tages.

80 Seemeilen vor der mauretanischen Küste nähern sich uns gegen 15.00 Uhr 2 schnelle kleinere und nicht identifizierte Boote. Angesichts zahlreicher Berichte über das Unwesen afrikanischer Piraten und Rolfs Bericht über eine Anweisung der Lufthansa, auch im Notfall nicht in Mauretanien zu landen, beschleicht alle ein doch recht mulmiges Gefühl. Der Skipper versucht, mittels Funks andere Rally-Teilnehmer über die Situation zu informieren; die sind jedoch außer Funkreichweite und wir erhalten keine Rückmeldungen. Die Boote nähern sich rasch und Tom versucht, über das Fernglas mehr über deren Besatzung herauszufinden. Nach ein bis zwei bangen Minuten wird klar, dass es sich – große Erleichterung - um Fischer handelt, die offensichtlich zu ihren Fangplätzen unterwegs sind. Sie rauschen dann auch in ca. 100 m Entfernung an uns vorbei ohne weitere Notiz zu nehmen. Wir ändern trotzdem den Kurs, um uns weiter vom Festland in noch sichereres Wasser zu entfernen.

Kurz danach kreuzt unseren Kurs der französische Katamaran „Banzai“ (japanisch für „hipp hipp hurra“). Er entfernt sich ca. eine halbe Seemeile, wendet, kommt zurück, setzt sich knapp vor unseren Bug und beschwert sich, dass wir keine funktionierende Funkverbindung (VHF) hätten. Danach schneidet er uns in voller Fahrt mit nicht mehr als 3m Abstand. Unser Skipper ist - vorsichtig ausgedrückt - leicht indigniert und teilt dies dem Franzmann auch höflich distinguiert mit: „This is not nice!“ Doch der und seine Mannschaft sind offensichtlich auf Speed, d.h. auch im Kopf hipp hipp hurra, und setzen ihren speed-trip über den Atlantik unbekümmert fort. Unser Skipper beschließt, den Vorfall an die Rally-Leitung zu melden und formuliert mit (see-)rechtlicher Beratung von Anwalt Tom eine offizielle Beschwerde. Die Vorteile einer multi-disziplinären Crew werden wieder offensichtlich: Wir haben sogar Verwendung für Rechtsanwälte!

Und nun zum bezauberndsten Teil des Tags: Kurz vor „hipp hipp hurra“ passiert uns ein Schwarm von hunderten von Delphinen, die ihrer Freude an einem unbeschwerten Leben freien Lauf lassen: Luftsprünge einzeln und in Formation – rund 5 Minuten währt das Spektakel, dann ziehen sie weiter. Aber als Vorbild für unsere Lebenseinstellung in den kommenden Wochen auf See werden sie uns in dauernder Erinnerung bleiben.

Wir grüßen alle, die unserer Reise auf diesem Blog folgen und verabschieden uns bis morgen. Seht das Leben positiv!

gw