14. Tag, Fetzenparade
Mit der Aqua in die Karibik AquAT 2011-2012
Sun 11 Dec 2011 16:06
14:01.0N 47:34.5W
11. Dez. 2011, BZ 1200, Log 7.597,8 sm
Etmal seit gestern, 12:00, ca. 161 sm
Dist to Dest 774 sm
Gestern Nachmittag sind wir bei bedecktem Himmel mit 7 - 8 kn
sanft weiter Richtung Ziel gesegelt, alles unverändert,
bis Wache B (Vi, M, F) gegen 19:30 unseren Kurs in eine schwarze Wand führt.
Noch vor einer Zunahme des Windes rollen wir die Genua ein,
es beginnt zu regnen, sehr heftig, zu gießen, zu schütten,
dann frischt der Wind rasch auf 35+ (bis 40) kn.
Jetzt heißt es, das Großsegel bergen!
Wind stark, stockdunkel, es schüttet aus Fässern, Sicht knapp bis ins Cockpit,
nach ein paar Sekunden sind die Stiefel randvoll.
Jetzt sind beide Wachen an Bord, bei viel Wind und Welle,
Fahrt bis 10 kn, wird das Großsegel geborgen und dann
aufgetucht, so im Stil einer Rollschulter, Kopf heruntergepresst.
Beim Blick zurück zum Rudergänger fliegt das Wasser
gespenstisch im schwachen Schein der Kompassbeleuchtung
waagrecht am Ruderrad vorbei.
Den Baum legen wir wie gewohnt auf sein Pölsterchen, gut
festgezurrt und Großschot dicht. Nach wie vor stockdunkel,
nur aufgehellt durch gelegentliche Blitze in weiter Entfernung,
ein Mal ein Donnergrollen.
Dann, alle im Cockpit, ein bißchen verschnaufen, und
die Aqua schaukelt lustig in den Wellen, macht kaum noch Fahrt.
Wo ist der Wind? Oder sieht man ihn nur nicht?
Ein Blick auf die Uhr zeigt uns, dass in den wenigen Minuten dann
doch zwei Stunden vergangen sind. Nach einigem Zuwarten treffen
wir schweren Herzens eine traurige Entscheidung:
Nach 2.359 Meilen in 13 Tagen starten wir die Maschine und geben Vorschub!
Der Regen läßt dann nach, hört auf, die See ist beruhigt,
wir fahren 5 kn mit 1.800 rpm. Aber der Wind regt sich wieder!
Nach einer Volldrehung und Süd, während des Manövers,
hat er wieder auf Ost gedreht, und weht in bekannter
Manier mit 13 - 16 kn, und die Wellen sind wieder da.
Aus NP 70, "West Indies Pilot", Vol. 1:
Fine weather ahead of the (westerly) wave is usually
followed by squalls and heavy thundery downpours ...
...
Squalls are also encountered in association with
thundery showers ...
Ja, jetzt heißt es, die Rollschulter wieder zu einem
Großsegel zu machen. Nicht einfach, stockdunkel, 4 Gurte
und 3 längere Leinen kreuz und quer um den Baum geschlungen,
See wieder 3+.
Aber die Wache A arbeitet (fast) perfekt an Deck, und
eine Stunde später, gegen Mitternacht, fahren wir in
gewohnter Weise, Ge, G, mit 7+ kn Richtung Ziel.
Jetzt heißt es trockenlegen; Ölzeugjacken, Hosen,
Hemden, Pullover, Socken, Schuhe, Stiefel, Rettungswesten,
Mützen, ... ergeben dann eine vollständige und umfassende
"Grosse Fetzenparade", kein Stückchen Reling mehr frei.
Gegen Morgen wird der Himmel wieder durchsichtiger,
der Morgen graut, rundherum kleine Wölkchen, aber auch blaue Flecken.
Recht achteraus sehen wir noch EINE dicke Regenwolke, aus der
ganz dicke Regenfäden hängen. Ja, da sind wir herausgekommen -
denken wir. Aber nein, ein bißchen Beobachtung zeigt, dass uns
diese Wolke VERFOLGT. Sie kommt stetig näher, und
E. erklärt die Situation kurz und treffend:
Es gibt kein Entkommen!
Ja, jetzt wird die Fetzenparade rasch eingeholt, es gibt einen
schwachen Guss, sonst alles ok.
Ja, und aus unserer letzten Angelschnur ist ein unentwirrbares Knäuel geworden.
Unter Schaukeln fahren wir jetzt wieder Richtung Ziel, das seit
Vormittag auf unter 800 sm herangerückt ist.
Derzeit Wind E, 16 - 18 kn, See 3+, Kurs 270°, 7+ kn, Ge, G.
Und die Mißweisung ist 18° W.
An Bord bei 31°+ alles ok,
warm-feuchte Grüße von der Aqua in das kalt-feuchte Österreich