Panama hat uns im Griff! NICHT MEHR

TeApiti
Peter Heer / Gisela Roll
Sat 4 Jun 2011 18:40

Position: 03:24.22N 81:21.63W 04.06.11, 13:40

„Drei Tage war er krank, jetzt isst er wieder gottseidank!“ (W: Busch)Die Sache mit dem Vang ist ja eine never ending story und nur weil wir von Mast Nr. 3 aus La Rochelle noch eine Verlängerung haben, können wir überhaupt los. Bob aus den USA ist nicht zu erreichen, aber einer seiner Mitarbeiter hat uns ausgeplaudert, sie hätten die Stange aus dem alten Vang in den neuen eingebaut! Na und dafür wird dann ein neues Gerät bezahlt! Peter ist langsam sauer und mailt dem Amerikaner nur, er werde das Problem erneut in Neuseeland aufs Tapet bringen. Jedenfalls funktioniert die Verlängerung. Mittwoch den 1. Juni wollen wir starten. 6.30 Uhr aufstehen. Bis alles verstaut und seefest ist, sind zwei Stunden vergangen. Wir legen ab und fahren zur Tanke, um zu hören, dort können wir nicht liegen bleiben und es gäbe auch keinen Diesel. Mir fällt mein Herz in die Hose, aber nach weiteren zwei Stunden ist dann der Tanklaster da gewesen und wir können unser Schiff auffüllen. Gegen 11 Uhr legen wir endgültig ab, motoren erstmal eine Stunde, um dann das neue Segel hochzuziehen. Klappt alles prima, sieht auch gut aus. Nur der Wind kommt mit 15-18kn genau von vorne, also Fock und kreuzen. Islas las Perlas liegen vor uns, das Wochenendausflugsziel der Panamesen. Wollte ich doch eigentlich auch hin, oder? Kurz davor nimmt der Wind weiter ab, wir gehen auf den andern Bug und eine Regenfront naht. Der Himmel bleibt bewölkt, das Meer ist grau, keine lange Dünung, sondern kurze hackige See. Unten sind 36 Grad, unser Gemüsenetz ist nicht optimal und muss verbessert werden. Die erste Nacht ist schrecklich, das auf und ab macht mulmige Gefühle, ich kann nirgends schlafen. Am nächsten Morgen geht es dann richtig los, Neptun will seinen Tribut. Abnehmen auf die harte Tour. Selbst Banane und Schokolade bleiben nicht drinnen und mein Kreislauf ist im Keller. Ich quäle mich durch den Tag. Peter ist es auch nicht besonders, aber er hält sich wacker. Abends kann ich nicht sitzen, liegen oder stehen und lege mich dann schliesslich auf den Boden vor die ehemalige Pilotcabin. Da kann ich mich gut einklemmen und  schlafe endlich mal in einer Freiwache.

Unser Obst und Gemüse rottet wie wild bei den Temperaturen. Es ist heisser als auf der Atlantiküberfahrt und wir haben keine Kisten. Im Netz bedrängt sich alles gegenseitig. Wir verarbeiten Zwiebeln, Paprika, Möhren, Auberginen. Und das alles, wenn man an einem Knäckebrot herum knabbert und alles andere möchte als an Essen und Kochen zu denken.

Der süssliche Geruch faul werdender Zitrusfrüchte ist am schlimmsten. Aber auch Ananas, Papaya, Melone und Mangos müssen durchgesehen und aussortiert werden. Alles will gleichzeitig überreif werden. Gesund essen wir jedenfalls.

Auch der nächste Tag, Freitag, ist grau bei wenig Wind. Wir lassen viel den Motor mitlaufen denn zu allem Unglück haben wir auch noch 1kn Gegenstrom und kriechen dahin. Die von Maxsea vorgeschlagene Route macht riesige Zickzackkurven und sagt uns unser ETA (geschätzte Ankunft) wäre der 13.Juni. Ein langer Weg. Tagsüber wird weiterhin Gemüse verarbeitet, gottlob haben wir den Freezer, sonst ginge schon viel über Bord. Die Nächte sind ruhig, nur in der ersten Nacht gab es noch ein wenig Verkehr Richtung Panama-Kanal. Wir fahren die ganze Zeit das Gross und die Fock. Einmal haben wir gerefft, aber auch wenn eine Regenfront naht, der Wind klettert nie über 20kn, also abwarten, notfalls die Grossschot etwas fieren. Du denkst gerade, dann kann ich ja den Motor ausmachen, da fällt der Wind wieder zusammen auf 12-14kn. Wir sehen zum ersten Mal das Kreuz des Südens und heute Nacht hat mich ein Fischer aus dem Nichts kommend und ohne AIS sehr erschreckt. Heute Morgen ist die Welt wieder in Ordnung! Die Sonne scheint, es ist nicht mehr ganz so heiss, wir kriechen zwar weiterhin mit Gegenstrom auf unser Ziel zu, aber das Meer ist endlich wieder blau und wir wieder gesund und munter. Brotbacken ist angesagt, Blumenkohl-Salat machen, Flagge nähen. Peter studiert die Südseerouten, lädt irgendetwas herunter und folgt andauernd den Zickzackkurven, d.h. Wende. Was ja bei einer Selbstwendefock prima geht. ETA zeigt zur Zeit den 10. Juni an. Wir sind jetzt schon auf dem 3. Breitengrad, demnächst ist Äquatortaufe angesagt. Früher wurden die sailors ja sehr gequält von ihren Kameraden, wir werden wohl Neptuns Zustimmung zum Eintritt in sein südliches Reich mit einem Schluck erbitten.