Überfahrt zu den Galapagos - Tag 1 - Umgeben von Netzen

Blog von Outer Rim
Thomas
Wed 30 Nov 2016 17:56

00:11.577S 82:08.785W

 

Wie geplant gingen wir um 15 Uhr Anker auf in Bahia de Caraquez, eine Stunde vor Hochwasser. Unser Ankerplatz bei Puerto Amistad lag in der Mündung des Rio Chone. Vom offenen Meer liegt eine Barre, eine Flachstelle mit ständig wechselnden Sandbänken. Die Kalkulation des Skippers war, dass bei 2,5m Tidenhub und kurz vor Hochwasser bei auflaufendem Wasser das ja kein Problem sein darf. Zumal wir bei der Einfahrt mit Lotsen einen detaillierten Track aufgezeichnet hatten. Nur mussten wir mitten auf der Flachstelle feststellen, dass hier die Tiefenmesser wegen des trüben Wassers kaum funktionieren und sich wohl auch die Fahrrinne verändert hat. Jedenfalls setzten wir drei Mal auf. Alles Sand und Schlamm, aber trotzdem ein unschönes Gefühl. Fährt man sich hier fest, sitzt man 12 Stunden oder gar länger lang trocken. Nach dem dritten Aufsetzen denkt sich Thomas – jetzt alles oder nichts – und gibt Gas. Das hilft, dass wir nicht mehr so stark in die Wellen eintauchen und tatsächlich über den Rest des Flachs drüber surfen. Glück gehabt. Das hätte auch übel ausgehen können. Na jedenfalls sind wir jetzt auf offenem Wasser und konnten Segel setzen. Das Ziel, die Galapagos Inseln, liegt eigentlich direkt westlich. Erwartet war Wind aus Süd bis Südost. Aber der thermische Wind des Nachmittags kam uns erst Mal aus Nordnordwest entgegen. Kein Problem, Segel an Backbord setzen und hart am Wind lossegeln. Natürlich drehte der Wind immer weiter westlich und drückte uns immer weiter nach Süden. Kurz vor Manta kam dann die Wende – Genua nach Steuerbord setzen – und wir segelten nach Nordosten. Das entsprach dann ehr der Erwartung. Inzwischen war auch die Sonne untergegangen und die Crew bis auf den Skipper in die Kojen gegangen. Dann ging es erst richtig los. Erst erschienen vereinzelt weiße Lichter blinkend und auf den Wellen tanzend am Horizont. Dann wurden es immer mehr, teilweise hell erleuchtete Fischerboote mitten drin. Es dauerte etwas bis klar war, dass die Lichter zu großen Stellnetzen gehören. Also lieber nicht rein fahren. Das machten auch die hellen Suchscheinwerfer, die blinkend auf uns gerichtet wurden, klar. Lieber nicht rein fahren. Also ausweichen. Aber wo endet das Netz? Wo beginnt das Netz des nächsten Fischers? Gibt es einen Weg dazwischen? Bei jedem Ausweichen kommt ein neues Hindernis dazu. Von Hart am Wind – Abfallen – Ausweichen – Vorwind – Genua rein – auf der anderen Seite raus. Zickzack durch den Lichterwald. So etwas hatten wir noch nie. Es sah so aus, als wäre das Meer voll mit riesigen Spinnen in ihren blinkenden Netzen und warteten auf unachtsame Segler. Aber scheinbar waren die Fischer genauso angespannt wie wir. Teilweise wurden wir mit grünen Laserflutern angestrahlt und geblendet sobald wir den Netzen zu nah kamen. Aber Thomas hatte Glück und wir fanden den Weg zwischen den eng zusammen liegenden Netzen. Um 3 Uhr morgens war der Spuk vorbei … aber nur um von den kleinen Fischer-Schaluppen abgelöst zu werden. Die sind unbeleuchtet und machen nur kurz eine Taschenlampe an, wenn man zu nahe kommt. Auch nicht wirklich hilfreich. Aber wenigstens waren die Netze nicht so groß … dachte der Skipper. Als am Morgen die Kinder schon wach waren übergab Thomas die Wache für ein paar Minuten an die Kinder, um etwas Ruhe zu finden. Aber kaum lag er in der Koje kam schon der Ruf: „PAPA – Ein FISCHER!!“. Erster Blick durch die Frontscheibe zeigt ein offenes Fischerboot fast Formatfüllend nur 10-20 Meter vor uns. Schnell raus ans Ruder, Autopilot aus und Ruder herumreißen. Gerade noch rechtzeitig weniger als 10 Meter bevor wir im Netz gesessen hätten. Die Fischer leiten uns an ihrem fast unsichtbaren Netz – entlang bis zur Endfahne. Dann ist der Weg frei. Unser letztes Netz für auf dieser Strecke – 70 Meilen von der Küste.

 

Statistik: 136 Meilen liegen hinter uns, 450 Meilen noch vor uns. Von den zurück gelegten Meilen waren 102 in  Richtung Ziel.