8. März 2019 - Die Nordostküste von Brasilien

Niki.schmidt.warc
Sat 9 Mar 2019 14:44
04:25.100S 035:00.300W
Es war eine wunderschöne Zeit in Brasilien und sicher ein Land, wo ich zurückkehren werde. Nach Sao Paulo und Rio, war der Carneval in Recife und Olinda ein weiterer Höhepunkt. Wir haben unglaublich intensive und schöne Tage und Nächte mit Brasilianischem Samba erlebt. Eine andere Art von Fastnacht...
Die Aranui lag in der Jacaré Marina Village und wir konnten uns gut vorbereiten auf diese letzte lange Überfahrt vor der Karibik. Trotz der herzlichen und sehr gastfreundlichen Atmosphere sind wir froh, wieder loszusegeln: Es was unglaublich heiss und feucht und damit ein Mückenparadies - ich sehe fast so aus wie damals auf den Tuamotos...
Heute morgen haben wir die Leinen gelöst und sind mit der auslaufenden Tide ca. eine Stunde Richtung Meer gemotort: Karen, Andreas und ich. Anfänglich sah es gar nicht nach Wind aus, doch nachdem wir uns durch das Wirrwarr der Ausfahrtstonnen gekämpft haben frischt es langsam auf.
Schon bald segeln wir mit vollem Gross und ausgerollter Genua Richtung Norden. Wir wollen etwas weiter hinaus, damit wir den Fischern und den nicht markierten Netzen ausweichen können, resp. diese gar nicht antreffen.
Wir haben ca. 15 Knoten Wind und dazu wunderbare 1.5 Knoten Strömung. Wir rauschen mit fast 9 Knoten an der Brasilianischen Kontinentalplatte entlang. Diese fällt zwischen 10 und 20 Meilen vom Land weg steil auf 2-3000 m Wassertiefe ab. Die Fischerboote liegen alle dort, wo es steil runtergeht. Die Sonne scheint und es ist eigentlich ein wunderbarer Start.
Ein paar Stunden später... grau, bewölkt, tropische Regenschauer. Es lohnt sich gar nicht zwischen dem Nasswerden und dem nächsten Nasswerden zu wechsel. Ölzeug ist unmöglich, da es ja immer noch 30 Grad heiss ist. Man wurstelt sich also im feucht-nassen Zustand durch, vor allem so lange man Schicht hat. Das Gute dran ist, dass wir nach wie vor gut vorwärts kommen.
Karen kocht ein Curry-Gemüsenachtessen, da wir jetzt ja eine Crew von Fleischessern, Vegetariern und eine Glutenalergikern an Bord haben. Es wird jetzt fast etwas kompliziert. Zum Glück ist Andreas sehr lieberal mit seinem Vegetariertum - das wird natürlich hoch geschätzt.
Die Nacht ist wolkig grau, mit ein paar Böen, aber ansonsten eigentlich ok. Wir segeln die ganze Nacht durch. Leider muss ich wieder mal feststellen, dass in meiner Koje irgend woher Wasser eindringt, von wo weiss ich noch nicht. Ich werde mir das dann morgen mal genauer anschauen müssen, denn heute nacht tropft es mir auf den Kopf! Es kommt von der Decke. Vermutlich muss ich die Verkleidung runternehmen, welche an der Decke mit Klett angemacht ist.
Der Mond präsentiert sich als eine Minisichel, welche nicht einmal einen Schein von Licht gibt. Es ist stockdunkel. Wegen den allgemeinen Gefahren und Unsicherheiten hier vor der Nordküste von Brasilien und Venezuela habe wir beschlossen zu dritt im Konvoi zu fahren, die Segelyacht PretAixte, Lydia und wir. Wir sind immer so ca. 1-2 Meilen auseinander. D.h. aber auch dass man nachts sehr gut aufzupassen muss, dass wir uns nicht zu nahe kommen. Manöver in Squalls, wo die Sichtweite unter 100 m sinkt sind ungemütlich wenn man weiss, dass andere Boote in der Nähe sind. Solange das AIS funktioniert ist auch das kein Problem, aber wie das so ist in solchen Momenten, streiken dann auch die elektronischen Tools, welche man sie eigentlich bräuchte.
Nachts um 11 Uhr will doch tatsächlich ein Supertanker, der ist etwa 300 m lang und 40 m breit, genau zwischen uns durch. Wir haben eigentlich Wegrecht, aber er hat sicher etwas mehr Mühe zu manövrieren als wir. Trotzdem, er könnte seinen Kurs um 1-2 Grad ändern, dann wäre er hinter uns, aber nein. Er will zwischen! uns durch. Er kreuzt Lydia am Bug (etwa 200m vor ihr), dann etwa 300 m hinter PretAixte und dann wieder 300m vor uns. Wir luven 20 Grad an, sonst wäre es ungemütlich geworten... ein Chinese! Wir sehen die riesige Wand einfach vor uns durchziehen.
Und jetzt gehe ich schlafen, es ist morgens um vier. Andreas übernimmt die nächste Schicht.