17. September 2018 – Wind und We llen, ungemütliche Fischerboote

Niki.schmidt.warc
Mon 17 Sep 2018 19:42

09:35.600S 111:33.900E

Ich schlafe nochmals ein bis um halb neun. Der Motor läuft nach wie vor, aber der Wind hat etwas zugenommen, so langsam bewegen wir uns in segelbaren Windgeschwindigkeiten. Die Wellen haben nachgelassen, aber die Dünung schiebt riesige Wellenkämme vor sich her. Die Aranui steigt während 10 Sekunden und dann sinkt sie wieder. Es ist gewaltig, was sich hier für Wassermassen bewegen und was diese für ein Energiepotential hätten, wenn man hier einen Wiederstand aufstellen könnte, der die Wellenenergie in Strom wandeln würde.

Nach dem Frühstück setzten wir den Genacker. Er bleibt eigentlich den ganzen Tag oben. Der Wind kommt von leicht achterlich und wir machen gute 8 Knoten. Das Wetter ist herrlich, mit dem Wind nicht zu heiss und zweimal sehen wir sogar einen Delphin von Weitem. Die Tierchen wollen uns leider nicht begleiten, sondern sind schnell wieder weg.

Gegen Mittag dann die Nachricht über Funk, dass sich ein altes Fischerboot ohne Fischerausrüstung mit 4 schrägen Figuren drauf, sich einzelnen Booten bis auf 20m nähert, aber keine Anstalten macht bez. irgendeiner Kontaktaufnahme, keinen Gruss erwidert, nichts. Die meisten Boote der Flotte stellen den Motor an und ‘fliehen’, offenbar ist dieses Fischerboot nicht so gut motorisiert. Eine eher komische Situation und etwas beunruhigend. Hier draussen können wir auch keine Hilfe der Coastguard erwarten: Erstens sind wir ca 100 Meilen vom Land weg und zweitens ist Indonesien nicht so ganz zuverlässig...

Ich stelle mal sicher, das das Notfass mit den Signalraketen bereit steht und geöffnet ist, dann lese ich nochmals deren Gebrauchsanleitung (das Problem ist, dass die Notraketen und die Notfackeln genau umgekehrt funktionieren; bei den einen ist der Zündhebel vorne, wo dann die Fackel entzündet und bei den andern ist der Zündhebel hinten, also auf der Gegenseite wo die Rakete losgeht). Diese Leuchtraketen sind eigentlich unsere einzigen physischen Waffen an Bord, ausser Beil und Machette.

Das Boot zieht von Yacht zu Yacht, uns besuchen sie aber nicht, und dann nach etwa 2 h verschwinden sie, so ungeklärt wie sie gekommen sind. Schon etwas beunruhigend, die Situation. Wir werden heute Nacht gut aufpassen müssen, dass wir keine ungebetenen Gäste an Bord bekommen.

Gegen Abend nimmt der Wind zu und wir nehmen den Genacker runter. Da wir eine kleine Crew sind, werden wir ihn über Nacht sowieso nicht fahren können und deshalb wird er komplett versorgt. Mit Schrecken sehe ich, dass das Genackerfall halb durchgescheuert ist dort oben, wo es in den Mast hineingezogen wird. Hmmmm, ich glaube ich habe den Genacker nicht genügend hochgezogen und demzufolge hing der Schutzmantel einfach in der Luft, statt im Eintrittsbereich zum Mast. Zum Glück ist das Fall sehr lang und wir haben noch mindestens 4 m Reserve. Also schneide ich den letzten m oberhalb der durchgescheuerten Stelle ab und knüpfe dann den Code 0 an. Wir ziehen ihn hoch und sind schon bald wieder mit 8 Knoten unterwegs. Das Fall werde ich in Christmas Island neu mit einem abriebfesten Mantel versehen.

Karen kocht ein feines Nachtessen. Es gibt Poulet mit selbstgemachten Kartoffelstock. Cèline versucht sich nachher mit Abwaschen und schafft es bis in die Hälfte, dann braucht sie frische Luft....  Aber es ging heute sehr gut, und das Schlechtsein ist praktisch vorbei. Sie hat heute ihre erste alleinige Nachmittagschicht gefahren und ist am Schnelllernen!

Karen ist eine erfahrene Weltumseglerin und wir sind froh, sie an Bord zu haben. Sie fährt ihre Nachtwachen ‘fast pedantisch’, was mich gut schlafen lässt!

Es wird dunkel und der fast perfekte Sonnenuntergang wird leider im letzten Moment von ein paar Wolken vernichtet.

Es ist jetzt morgens um 3 und wir passieren gerade ein paar Fischerboote, welche hier weit draussen die Nacht verbringen. Schlecht beleuchtet und auf dem Radar unsichtbar. Das müssen Holzboote sein. Ich sehe wie die Pinta gerade auf eine Gruppe solcher Boote zufährt und funke das mal kurz rüber. Die paar Boote sind mit einem winzigen blauen und roten Lichtlein beleuchtet, welches alle paar Sekunden mal blitzt.

Nun heisst es also wirklich gut aufpassen. Heute Nachmittag haben wir noch einen schwarz eingepackten Styroporblock (irgendwas für die Fischerei) neben uns durchziehen gesehen. Der war ca 2x2x2m gross und ich möchte eigentlich nicht auf so einen in der Nacht auffahren (auch wenn er relativ weich ist, aber sicher überall irgendwelche Leinen zum Verfangen hat), leider wird dieser Block aber nicht vom Radar angezeigt und hat auch kein Licht ...

Der Mond ist aufgegangen, verbirgt sich aber gerade hinter einer Wolke. Wir haben bald mal die Hälfte der Strecke nach Christmas Island.