24. Juli – Wer macht den ‘Abwasc h’ oder findet die Drohne ihren Weg zurück?

Niki.schmidt.warc
Tue 24 Jul 2018 12:08

19:33.148S 151:49.600E

Heute morgen ist es noch dunkel, als ich meine Schicht um 0600 antrete. Der Unterschied in den letzten 5 Tagen ist beträchtlich. Wir sind mehr als 1000 km weiter westlich gefahren, d.h. mehr als eine halbe Stunde Differenz beim Sonnenaufgang. Beim ersten Dämmerlicht gehe ich aufs Vordeck um ein eingewickeltes Fall zu klarieren. Beim Aufrollen des Code 0 hat sich der Genackerhochholer eingewickelt, was eigentlich nicht passieren sollte, aber es gibt so viele Schoten und Fallen dort vorne, dass manchmal einfach eines nicht so angespannt ist wie es sollte und sich dann verklemmt.

Um nach vorne zu kommen, muss ich an unserem Gast vorbei, dem kleinen Booby. Er sitzt auf dem Backbordschwimmer des Dinghy welches kopfüber auf unserem Vordeck festgezurrt ist. Als ich mich ihm nähere, realisiere ich, dass der gar nicht so klein ist. Er hat zwei riesige hellblaue ‘Patschfüsse’ mit Schwimmflossen und dazu einen hellblauen Schnabel (etwa 10 cm lang – wie eine Waffe wirkt der...), das Gefieder selber ist schwarz weiss. Eigentlich ein wunderschönes Tier, was für mich als Nichtvogelfreund wirklich ein Kompliment ist. Er schaut mich fragend an, was ich hier zu suchen hätte: das sei sein Revier da vorne! Er macht keine Anstalten, dass er wegfliegen würde und so kreuzen wir uns Auge in Auge... Ich löse das Fall und gehe zurück ins Cockpit. Wie unglaublich dieser Gast wirklich war, realisiere ich erst am Morgen, als ich die Bescherung auf dem Dinghy sehe. Der Boden des Dinghy ist weiss, voller....  

Ok, das braucht einen Wettbewerb und ich schlage vor, dass die Jungmannschaft um die Putzarbeiten Bölzen muss. Alle sind einverstanden, wer gewinnt und zweiter wird ist von den Putzarbeiten ausgeschlossen. Es war noch nie so spannend beim Bölzen (St.Galler Kartenspiel) ...

Michi und Nick fassen Schwamm, Bürste und Putzeimer und nach einer halben Stunde ist die Sache erledigt. Ich hoffe, dass der ungebetene Gast nicht nochmals kommt nächste Nacht.

Wir segeln den ganzen Tag mit schwachen Winden. Über Funk hören wir, dass unsere Beseglung als ‘Niki setup’ die Runde macht. Man wird da genau per Feldstecher beobachtet, was für Segel man gesetzt hat. Ich gebe zu, dass unsere Beseglung etwas unkonventionell ist, aber es ist die schnellste Downwind Besegelung ohne Spinnaker für die XC45. Voll gefiertes Grosssegel, dazu den Code 0 und auf der anderen Seite die ausgebaumte Genua. Bei wenig Wind etwas Twist in beiden Vorsegeln, dann stehen sie in den Wellen besser und schlagen nicht immer hin und her. So machen wir mit 10 Knoten True Wind bis zu 7 Knoten Fahrt mit einem Windeinfallswinkel von 180 Grad. Das ergibt einen scheinbaren Wind von nur etwa 3 Knoten. Sie läuft wie der Blitz die Aranui.

Der Tag ist wieder wunderschön und wir geniessen die Sonne. Im Schatten ist es ab und zu aber fast zu kühl nur im T-Shirt und so montiert man dann bald mal noch eine Jacke oder einen Pullover.

So langsam wird es Abend und ein wunderschöner Sonnenuntergang zeichnet sich ab.

Wie man vielleicht weiss, bin ich ein grosser Dronengegner, vor allem bei uns zu Hause, wo die fremden Dronen über unserem Haus kreisen. Michi hat die Drone seines Bruders Lorenz mitgenommen, mit dem grossen Versprechen, sie wieder nach Hause zu bringen.

Wir diskutieren, dass man bei so einem Licht mitten auf dem Pazifik mal eine Aussenaufnahme machen müsste. Der Wind weht mit 14 Knoten, die Drohne verträgt 18 Knoten Wind, mit mehr Wind kommt sie nicht mehr mit, mit der Geschwindigkeit des Bootes. Das Problem der Drohne, ist nicht das Starten und Fliegen, sondern, dass sie nicht mehr landen kann. Sie interpretiert Wanten und Segel als Hindernisse und fliegt drum herum oder meidet sie einfach. Man kann diese Einstellungen auch ausschalten...

Michi zögert und schliesslich verspreche ich ihm, dass ich die Drohne ersetzen würde, falls sie in den Tiefen des Pazifik landen sollten.

Wir starten also tatsächlich diese Drohne vom Heck der Aranui aus. Nick hält sie in der Hand und Michi startet sie. Leider lässt sie Nick etwas zu spät los und schreit auf. Einer der Propeller hat ihm einen kleinen Schranz in den Finger gerissen... da hilft nur auf die Zähne zu beissen. Unterdessen ist die Drohne wirklich in der Luft und macht ein paar Photos und eben das besagte Video. Schon nach ein paar Minuten Flugzeit, versuchen wir die Landung, was sich wirklich als relativ schwierig gestaltet. Wir sind ja ein fahrender Flughafen...! Die Drohne will nicht landen und sich nicht den Wanten und dem Achterstag nähern. Es braucht ein paar Versuche, unter anderem eine Fastkollision mit der Genua, bis sie in einem herroischen Akt auf das Bimini runterkommt (wagt) und dort blitzschnell aufsetzt (nicht abstürzt). Uffff, uns fällt allen ein Stein vom Herzen, und Lorenz sicher auch 😉. Die Aufnahme ist unglaublich gut gelungen. Vielen Dank! Das ist die erste Luftaufnahme der Aranui.

Wir fahren langsam in die Nacht hinein, es wird eine sehr langsame Fahrt. Der Wind schläft fast ein. Zwischendurch haben wir nur noch 7 Knoten.

Unter den vordersten Booten hat sich ein kleines Privatrennen entwickelt. Wir sind zu dritt, die den Motor auf dieser ganzen Etappe noch nicht gebraucht haben. Die zwei anderen Boote laufen viel mehr Tiefe um Geschwindigkeit zu machen. Wir hingegen laufen gerade auf das Ziel zu, aber mit weniger Tempo. Wir sind gespannt, wie resp. wo wir uns kreuzen werden, wenn sie halsen.

Wir haben immer noch die ganze Beseglung oben wie vorhin beschrieben und während ich hier am Blogschreiben bin, nimmt plötzlich der Wind zu. Wir beginnen zu krängen und ich springe ins Cockpit rauf, wo Fabienne gerade aufsitzt – es war ihre Schicht etwas zu dösen. Es windet bereits mit 18 Knoten. Wir müssen den Code 0 unbedingt einrollen. Gesagt - getan, es klappt wie am Schnürchen. Und bald sind wir wieder mit normalem Tempo unterwegs.

Es glutscht, gurgelt und schäumt...

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