23. Juli – Und nochmals ein wund erschöner Segeltag und eine selt same Entdeckung...

Niki.schmidt.warc
Mon 23 Jul 2018 11:33

19:05.200S 154:38.800E

Und es wurde eine ‘schnelle Nacht’. Der Wind war ziemlich konstant und gab nur etwas nach gegen den Morgen. Auch heute gibt es wieder einen wunderschönen Sonnenaufgang. Jedes mal denke ich, das repetiert sich ja jeden morgen und ist immer dasselbe, aber fast jeden Morgen stehe ich trotzdem auf und hole die Kamera unten um ein Photo zu machen. So auch heute.

Der Wind ist unglaublich konstant hier, es bläst immer zwischen 14 und 18 Knoten -  ausser gerade jetzt. Jetzt fällt er nämlich auf 8 Knoten zusammen und eigentlich müsste man es ja wissen, dass dann etwas anderes folgt, vor allem schaue ich noch gespannt an die graue Wolkendecke hinüber auf der Backbordseite...

Und dann, wie aus dem Nichts, bläst es mit 28 Knoten. Die Aranui luvt gewaltig an und läuft fast aus dem Ruder, aber der Autopilot richtet es gerade nochmals und fällt ab. Sie macht zwei drei unerwartet grosse Bögen und dann ist sie wieder auf Kurs. Gut gemacht, und das alles vollautomatisch! Und schon brausen wir unter Vollbetaklung mit 10 Knoten dahin. Nach drei oder vier Minuten ist dann auch das ganze Spektakel wieder vorbei und wir sind zurück bei 18 Knoten.

Ganz leichter Regen setzt ein, aber nur für etwa eine Minute.

Das war seit langem die erste Schauerböe, welche uns getroffen hat. Man sollte auch hier darauf gefasst sein.

Heute besteht unser Mittagessen wieder mal aus Resten. Wir sind gerade am Essen, da steht Joel plötzlich auf und ruft, ‘Was ist das?’. Da zieht doch wie in einem Film etwa 100 m neben uns ein Pfosten vorbei, etwa so, wie wenn man an einer Dampfschiffhaltestelle vorbeifährt, und plötzlich diese weissen dicken Säulen sieht. Da schwimmt tatsächlich so ein Baumstamm im Wasser, aber nicht liegend, sondern stehend. Das obere Ende, welches zum Wasser rauskommt ist ca 2m lang und hat sicher einen Durchmesser von 40cm. Am oberen Ende ein alter Ast, nochmals ca. 2 m schräg hinaus. Man stelle sich mal vor, was da unten noch schwimmen muss, dass das obere Ende so gerade im Wasser stehen kann....?

Gedanken werden gesponnen, ob dies nicht vielleicht ein Australischer Riesenunterwasserbaum (verwurzelt im Boden) sei, den wir hier entdeckt haben, etwas was noch niemand vor uns gesehen hat (momentane Tiefe im Meer 1800 m), das gibt einen wissenschaftlichen Publikation und der Baum könnte nach uns benannt werden.... oder vielleicht doch nicht!

Wir geben die Position des Baumes über Funk durch, damit die anderen Boote hinter uns nicht reinfahren. So ein Zusammenstoss würde schon einen gewaltigen Knall geben und unter Umständen auch grössere Schäden. Natürlich werden wir als erstes gefragt, ob wir wohl zu viel getrunken hätten, ein Baum liegt normalerweise im Wasser und steht nicht... und wir werden das gerade mehrmals gefragt! Aber nein, ausnahmsweise sind wir ja sogar ein ‘Dry-Boat’, d.h. auf dem Schiff wird nicht getrunken (es gibt Boote welche dies aus Prinzip (Sicherheit) auf jeder Passage machen, aber wir gehören eigentlich nicht dazu. Diesmal war es eher die Seekrankheit, welche uns dazu gezwungen hat.

Wir segeln fast den ganzen Nachmittag unter Code 0. So langsam haben wir das neue Segel im Griff. Nach dem Nachtessen nehmen wir es runter, da es doch immer wieder mit 20 Knoten windet und wir die Nacht doch etwas ruhiger angehen wollen mit der normalen Genua. Wir segeln zurzeit in der vordersten 5er Gruppe. Diese 5 boote sind auf einer Länge von etwa 30km verteilt. Die ganze Flotte wurde gestern Nacht unterteilt, nachdem die hinter uns in ein riesiges Flautenloch gefahren sind und einfach mal ein paar Stunden stehen geblieben sind. Jetzt sind sie ca 100 km hinter uns.                                     

Es ist dunkel, der Wind pfeift, die Wellen rauschen, das Wasser gurgelt und der Hydrogenerator summt und der sehr helle Mond beleuchtet die ganze Szenerie.

Noch 230 Seemeilen bis zur Hydrographers Passage, dem Eingang ins Great Barrier Riff. Vermutlich werden wir gegen 0600 morgens dort ankommen, dann geht es nochmals 80 Seemeilen durch die Riffe bis nach Mackay, unserem Zielhafen.