3. Juni 2018 – Ein grober Naviga tionsfehler... aber wir haben no chmals Glück!

Niki.schmidt.warc
Sun 3 Jun 2018 05:30

18:42.435S 173:59.200W

Seit zwei Tagen sind wir in dieser wunderschönen und sturmgeschützten Bucht. Das Wasser ist klar, ohne Quallen aber mit viel Plankton und der Anker hält auch in Böen mit 30 Knoten während der Nacht. Gestern Abend haben wir mit der lokal ansässigen Familie eine Grillparty organisiert. Wir mussten mindestens 20  Segler garantieren und dafür haben sie uns einen lokalen Festschmaus zubereitet inkl. zweier Spanferkel. Dazu Musik, Tanz und Gesang. Wir sind alle ziemlich spät ins Bett (was hier ca 2300h wäre...) nach einem letzten Whisky und es war die erste Nacht, in der ich seit langem nicht durchgeschlafen habe. Der Wind hat die Aranui so richtig durchgeschüttelt, hellster Mondschein, ein paar Wölchen, aber Sturm.
Der Anker hielt und am Morgen war der ganze Spuk vorüber. Wir sind früh auf, weil wir in die Messe wollen. Das gehört in Tonga dazu, dass man einmal in die Kirche geht. Die dauerte dann allerdings 2!h, es wurde viel gesungen (vor allem laut) und die Tonganesichen Teilnehmer waren alle in ihren Festtagsroben gekleidet. Die Frauen in schönen Röcken und darüber Bastmatten, die Männer mit schönen Hemden und wiederum eingewickelt wie in einem Rock, in einer Bastmatte. Es war ein methodistischer Gottesdienst. Verstanden haben wir nicht viel aber es wurde sehr viel von der Kanzel runter gewettert, hatte ich das Gefühl...

Danach haben wir uns aufgemacht in die blaue Lagune. Ich habe gestern noch kurz den Beschrieb gelesen, wie man dort reinkommt: eng aber es sollte kein Problem sein. The Blue Lagune, wie sie hier genannt wird, ist ein super Schnorchelgebiet und wir wollten dort den Mittag verbringen um nachher bei Hochwasser in eine leicht nördliche und geschützte Lagune durch eine sehr enge und nur 2.5 m tiefe Passage einzufahren für die Nacht, aber es kommt manchmal anders als man denkt...

Wir sind noch ca. 1 Seemeile von der Lagune entfernt und ich gehe nochmals runter um auf dem Tonga Revierführer pdf die Einfahrt nochmals anzuschauen. Das Riff backbord liegen lassen, dann die zwei Steine Steuerbord und dazwischen die schmale Passage nehmen. Radar einschalten, damit das GPS kontrollieren und los gehts. Wir nähern uns der Einfahrt, Susu und Jeannette stehen vorne auf dem Bug um etwelche unerwartete Untiefen auszumachen und wir nähern us. Jeannette funkt mir, da ist eine Untiefe ca 50m gerade vor uns, ich sehe auf dem Kartenplotter den Stein, resp. die Korallenbank vor mir aber min noch 100m, bei etwa 70m müssen wir abdrehen. Tiefe ist 20m und sinkt langsam auf 15m. Plötzlich rufen die zwei; hier ist es untief, ich stutze, schalte den Motor auf retour (der heult richtig auf) aber es ist zu spät:

Das Echolot springt von 15m auf 2m und ich spüre es kommen, weil ich ja genau weiss, dass es bei 2m zuwenig Wasser hat – und dann rattert und rumpelt es nur noch. Links und rechts von uns sehe ich die Korallenbänke und trotz Schnellstop stehen wir auf der Korallenbank bockstill. Das Echolot ist jetzt bei 1.6m! Die Aranui wird durchgeschüttelt und neigt sich zur Seite. Ich verlange von meinen 80 Rösschen Motor ihre Höchstleistung und wir werden hin- und hergeschüttelt aber jedes Mal wenn eine Welle kommt, gehts 30cm retour, und es rattert gewaltig. Ich hoffe einfach, dass das Ruder nicht den Korallenkopf touchiert hat. So wie es den Anschein macht, sind wir auf dem Kiel aufgelaufen und ich erinnere mich an die Aussage des Konstrukteurs der X-Yacht ‘ mit unseren Yachten kann man mit 7 Knoten auf einen Fels auflaufen...!!’ und hoffe, dass das wirklich stimmt. (es ist unglaublich, was einem in diesen paar Sekunden alles durch den Kopf geht). Wir hatten zwar höchstens 3 Knoten aber trotzdem. Dazwischen schweifen meine Gedanken zu einem Spruch den ich gelesen habe ‘wer nie aufläuft hat die Welt nicht gesehen, weil er immer zu weit aussen rum gefahren ist’ . Aber trotzdem verstehe ich die Welt nicht mehr, warum wir auf diese Korallenbank aufgelaufen sind, ich habe mir doch genau angeschaut, wo es reingeht... und es ist mir noch nie ein solcher Fehler unterlaufen.

Und dann sind wir wieder im tiefen Wasser. Die Steuerung scheint noch zu funktionieren und Wasser läuft auch nicht rein, auf jeden Fall läuft die Bilgenpumpe nicht!

Wir suchen uns eine ruhige Ankerbucht aus und fahren dorthin, mit grosser Spannung natürlich, was es unten alles losgerissen hat.

In der Ankerbucht angekommen nehme ich Schnorchel, Flossen und Brille und tauche runter. Das Ruder ist intakt und hat keine einzige Schramme, keinen Schlag abbekommen und keinen Kratzer – Uff!

Der Kiel, wow, das ist doch alles sehr massiv: Am hinteren Ende des Kiels ist ein Stück Polyester abgebrochen bei der Rückfahrt, ca 4x5x3cm. Ansonsten unten stark angekratzt, und vorne ebenfalls, aber das ist alles.

Wenn Eugen das liest, wird er sagen, eine X ist eben eine X 😊.

Wir haben nochmals Glück gehabt im Unglück, aber ich muss nun wohl ein paar Tage an meinem Selbstvertrauen arbeiten...

 

Nachdem ich nämlich die Beschreibung und die Karten nochmals genau studiere sehe ich zwar, dass die Beschreibung missverständlich ist (für mich auf jeden Fall war), die Karte klar auf meiner Seite ist, aber ... und nun kommts: Der Kartenbeschrieb (Skizze) im Buch hat eine Linie eingezeichnet, welche ich als Tiefenlinie angesehen habe, die aber am Ende dieser Linie einen ganz kleinen Pfeil hat, welcher eigentlich den Einfahrtsweg anzeigt und der ist ca 60 m weiter nördlich. Tja..... – ein ziemlicher Bock! – und ich hätte auf die Frauen hören sollen... (sagt man ja immer)...

(Einfach noch für die Daheimgebliebenen, niemand von uns war hier je in Gefahr!) – ich denke zu einem Blog gehört eben auch, wenns mal nicht so gut läuft... Aber morgen scheint die Sonne wieder! – und jetzt gibt es Spaghetti...

 

Unser Glücksbringer von gestern Abend bei der Gastgeberfamilie!

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