7. Dez. 17 - Tag 19 – Wind, Wolken, Wellen und Fondü!

Niki.schmidt.warc
Thu 7 Dec 2017 22:47

7. Dez. 17 -  Tag 19 – Wind, Wolken, Wellen und Fondü

14:21.400N 58:48.100W

Gestern abend, kurz vor Schichtwechsel mache ich noch das neue Yoghourt. Ich brauche eine neue Büchse Milchpulver, welche sich nicht so einfach finden lässt. Wir haben praktisch alle Esswaren in weisse angeschriebene 2L Container umgepackt, damit sich keine Viecher einnisten können. Diese etwa 60 Büchsen sind übers ganzue Schiff verteilt, ursprünglich natürlich alles sortiert und sogar inventarisiert, aber mit der Zeit, hat es vor allem leere Büchsen welche die Gestelle füllen. Aber ich finde eine und schütte wie üblich einen Becher Milchpulver und drei Becher Wasser in ein Gefäss. Etwas komisch die  Konsistenz dieser Milch, eigentlich keine Milch, weil sich das Pulver gar nicht löst. Und siehe da, was ist denn in der angeschriebenen Milchpulverbüchse: SALZ – 2 kg unberührtes Salz....

Der Parasailer steht wunderbar während der ganzen Nacht. Wir haben zwischen 12 und 16 Knoten Wind. Abmachung war, dass er mit 16 Knoten runtergenommen wird. Einigemale hatte es auch 16, sogar 17 Knoten, aber nur für weniger als etwa eine Minute. Die Nacht ist gut, wir kommen gut voran mit direktem Kurs aufs Ziel St. Lucia. Morgens um 0700 haben wir die Capo de Fora fast eingeholt. Das ist das wunderschöne und sehr schnelle 20 m Segelboot, welches uns vor ein paar Tagen im Eilmarsch überholt hat. Nimmt mich wunder wo die sich verfahren haben....

Martin macht sich hinter das SSB (Kurzwellenfunk) welches seit ein paar Tagen nicht mehr läuft. Wir vermuten, dass bei der Demontage des Iridium-Halters ein Stecker aus versehen ausgesteckt wurde.... Nach einer Stunde Demontage sieht es leider nicht so aus, wie wenn das das Problem gewesen wäre. Das wirkliche Problem war ein Ordner unter dem Sitz, der einen Netzstecker langsam rausgedrückt hat bis kein Kontakt mehr da war. Gleichzeitig konnten wir die original verlegte Iridium Aussenantenne wieder mit dem Iridium verbinden, was einen unglaublich besseren Empfang bringt. Super!

Von einem werden wir Abschied nehmen hier in St. Lucia. Zu unserem Parasailer (ballonartiges farbiges Vorwindsegel mit einem Kite integriert) haben wir ein wenig ein schizophrenes Verhältnis. Wir lieben ihn, weil wenn er mal oben ist, einfach alleine mit sich zurechtkommt über Stunden und Tage hinweg (nicht wie ein Spinnaker, der immer eine relativ grosse Pflege und Betreuung braucht). Wir hassen ihn aber auch, weil er, bis er mal steht und eingestellt ist mindestens 4 Leute beansprucht und dasselbe auch wieder, wenn er runtergenommen werden muss, vorallem wenn der Wind dann über 18 Knoten weht – und gerade dieses Faktum ist für die meisten Crews, welche an Bord der Aranui Rund um die Welt sein werden, nicht zumutbar (die Crews werden auch nicht immer so erfahren sein wie die heutige). Also Parasailer – ADIEU – hoffentlich finden wir einen enthusiastischen Käufer. Bin noch nicht sicher, wie ich ihm erklären werde, dass wir zwar mit dem Parasailer das schnellste Boot unserer Kategorie waren, dass wir ihn jetzt aber loswerden wollen...

Am Mittag grillieren wir unser letztes Fleisch, ab sofort sind wir Milchveganer. Dazu gibt es Kichererbsen/Linsensalat mit Orangen, frischen Tubengewürzen, dem letzten Stangensellerie und den fast letzten Karrotten (alles ziemlich gummig). Noch 12 Bier sind im Kühlschrank. Das Ziel muss jetzt bald mal kommen.

Es ist wieder heiss, tropisch heiss und richtig bewölkt und wird immer dunkler. Ich liege in meiner Koje und schlafe. Plötzlich aktives Treiben auf Deck und der Parasailer muss runter. Das heisst auch, mein Lukdeckel wird von oben geschlossen und ich fühle mich wie in einem Ofen drin. Die Temperatur steigt langsam auf Garstufe an. Kaum ist der Parasailer weg, stürze ich zum Luk und öffne es wieder und siehe da, es beginnt zu regnen, also wieder zu und aufstehen. Und dann beginnt es tropisch zu schütten. Einige gehen raus und nehmen seit langem wieder die erste richtige Süsswasserdusche (ansonsten ist nur immer der letzte Liter oder die letzte Flasche aus Süsswasser zum Nachspülen). Sogar Ölzeug wird angezogen!

Und nach 10 Minuten ist der Spuk vorbei. Die Temperatur drinnen ist auf 34 Grand gestiegen, alle Luken dicht und bei der Luftfeuchtigkeit kann man zuschauen, wie das Hygrometer ansteigt.

Wind praktisch gleich null, wir stehen still. Seit langem das erste Mal. Absolut kein Wind mehr.

Und 2 Minuten später bläst es mit 24 Knoten achterlich. Es sieht stürmisch aus etwa so wie man sich die Nordsee vorstellt  bei Sturm, alle holen die Schwimmwesten und sogar Ölzeug wird freiwillig montiert. Wir ziehen ein Reff ins Gross ein und reffen die Genua. So geht das etwa 30 Minuten und dann nimmt der Wind wieder ab. Aber trotzdem, wir preschen mit 9-10 Knoten Richtung Ziel. Seit heute hat das Ziel einen Namen. Der Punkt nördlich von St. Lucia, denn wir passieren müssen, heisst ‘Weg ins Glück’ – Namensgebung - Anonymus der Crew. Wir überlaufen jetzt sogar noch die Moose of Pool, ein Katameran, der eigentlich nach berechneter Zeit etwa 4 Tage vor uns sein sollte....

Wir sind froh, haben wir für heute auch das richtige Menü gewählt. Heute gibt es nämlich Fondü! Das ist kein Witz - wir essen frisch gemachtes (kein Päckli) Fondü im Pfannencaquelon, das ab und zu wieder aufgewärmt werden muss, weil wir ja keinen Brenner haben. Dazu Zwätschge und Weisswein und natürlich selbstgebackenes Weissbrot. Und das Ganze, während wir mit Schmetterlingstellung auf St. Lucia zusurfen mit bis zu 10 Knoten Boatspeed (was wäre wohl, wenn da mal getrimmt würde statt immer erst ans Essen zu denken??). Zum Dessert gibt es selbstgemachte Vanilleköpfchen.

Heute müssen wir noch die Crewdeclaration unterschreiben, wo jedes Crewmitglied mit Unterschrift bestätigt, wieviele Meilen unter Motor gemacht wurden. Diese werden dann einen Straffaktor bekommen und da man den Skippern alleine ja nicht glaubt, müssen alle unterschreiben. Auch das wäre geschafft: 44.5 h (offenbar im unteren Durchschnitt).

Es ist dunkel, der Mond ist noch nicht aufgegangen. Wir laufen wieder mit 8 Knoten. Es hat niemand Lust zu schlafen...