7. Jan. 18 - Tag 2 – ... uns d ann kommt der Wind aber wie!

Niki.schmidt.warc
Sun 7 Jan 2018 23:56

13:30.500N 64:35.000W

Die Nacht ist unruhig und ich werde von einer Seite meiner Koje auf die andere geworfen (nicht dass die Koje sehr breit ist, aber immerhin reicht es für 20cm hin und her. Die Aranui schiebt Lage, aber leider nicht konstant, sondern immer hin und her, alle 5 Sekunden mit Wind von hinten. Der Wind hat zugenommen. Das sehe ich von meiner Koje aus, wenn ich durch das Seitenfenster nach draussen in die dunkle Mondnacht schaue und die Wellen vorbeizischen sehe. Manchmal taucht das ganze Fenster ein. Ich döse, zwischendurch schlafe ich und dann bin ich wieder hellwach. Irgendwann erwache ich durch einen riesen Knall und sogleich ruft Markus: Niki mit Schwimmwste!

Ich stehe auf und in so einem Moment geht alles sehr schnell, man springt in die Schwimmweste rein und ist draussen (nicht ohne vorher sich anzuleinen an der Sicherheitsleine). Der Grossbaum ist auf der anderen Seite, d.h. die Bullentallje, welche das verhindern hätte sollen, muss gerissen sein. Die Aranui hat in einer besonders grossen Welle irgenwie den Kurs nicht mehr korrekt halten können und dadurch hat sie vermutlich übersteuert, so dass der Wind plötzlich von der anderen Seite ins Grossegel einfiel. Das hat zur Folge, dass der Grossbaum auf die andere Seite geschleudert wird, wenn er nicht von der Bullentalje gehalten wird. Der Wind hat startk zugenommen, teils bis 25 Knoten, und ich denke wir müssen erst mal reffen.

Das ist einer der typischen Momente, wo man auf der Wache merkt, dass man Reffen sollte, aber man denkt, dass man warten kann bis zum Wachtwechsel, damit man niemanden wecken muss. Wie schon oft gilt die alte Weisheit, wenn man ans Reffen denkt muss man reffen.

Wir machen ein zweites Reff ins Gross und rollen die Genua auf 50% ein. Sie ist immer noch ausgebaumt, damit wir eine grössere projezierte Fläche fahren können.

Ok, den genauen Schaden inspizieren wir erst wenn wir wieder Licht haben. Zuerst gilt es jetzt mal wieder auf den alten Kurs zu kommen, mit ausgebaumter Genua und Grossbaum auf Steuerbord. Nach 30 Minuten haben wir alles wieder unter Kontrolle und aufgeräumt. Ich gehe nochmals eine Stunde schlafen.

Um 0630 stehe ich auf und löse Markus ab. Es ist hell geworden und wir können sogar die Genua etwas weiter ausrollen. Der Wind hat wieder etwas abgenommen auf 18-20 Knoten.

Ich bin müde und halte mich wach mit Brotbacken/Kneten. Leider haben wir keine richtigen Youghurts gefunden, es ist also fraglich ob wir überhaupt Youghurt machen können. Bald mal machen wir Frühstück und geniessen frisches Brot.

Nach dem Frühstück ist Inspektion angesagt, besser gesagt Schadensinspektion. Zwei Relingstützen sind verbogen und die Halterung ist abgebrochen. Mich nimmt vor allem Wunder, wo die Bullentalje versagt hat. Wir haben ja vor der Abfahrt alle Elemente nochmals verstärkt, resp. grössere Versionen von Blöcken und Schäckeln gekauft. Aber tatsächlich: die zwei Rollen, welche die Bullentalje umlenken hat es schlicht und einfach zersprengt. Die Rollen halten je 1200 kg (sollten). Übrig geblieben sind noch ein paar Stahlstücke, aber das meiste liegt jetzt irgendwo auf dem `Grenada Basin` Grund. Der Rest des Tages verlauft mit Reparaturen, neuem Bullentallien/Preventer System und Verstärkungen aus Lyros Chafe aufnähen.

Den ganzen Tag über segeln wir mit 4-5 Bft Richtung Westen. Zum Mittagessen gibt es Couscous Salat mit viel frischem Gemüse. Unserem Segelnovizen, geht es übrigens schon besser, und die ersten Seekrankheitsanfällt sind bald vorüber.

Es ist heiss und wir beschliessen uns eine Dusche zu gönnen, obwohl der Wassermacher gerade ausgestiegen ist – es gibt immer was zu tun oder zu flicken!

Da wir langsam etwas zu nahe an die Venezuelanische Küste kommen, halsen wir nochmals vor Sonnenuntergang, es geht mit Kurs 290 Grad Richtung ENE.

 1830 und es wird dunkel, und zwar ziemlich schnell. Vor der Dunkelheit geschehen noch die üblichen Checks, z.B. sollte das Deck so aufgeräumt sein, dass man problemlos von vorne nach hinten laufen kann an der Sicherhietsleine eingehakt, was in der Theorie am Abend immer super aussieht, aber ich glaube ich bin noch nie nachts nach vorne gegangen, ohne dass nich irgenwo eine falsche Leine hängt (eine falsche Leine heisst immer umhängen der Sicherheitsleinen – so wie beim Klettersteig).

Und jetzt gibt es Nachtessen 😊.