6. Dez. 17 - Tag 18 - die ersten Ankunftsgedanken....

Niki.schmidt.warc
Wed 6 Dec 2017 21:58

6. Dez. 17 - Tag 18 – die ersten Ankunftsgedanken...

14:34.500N 55:45.700W

Das war wieder mal eine Nacht. Ich glaube, wenn Segel Haare hätten, dann wären diese heute morgen grau, wenn nicht weiss gewesen. Wir hatten nur ca. 10-13 Knoten Wind achterlich, d.h. also die relative Windgeschwindigkeit auf die Segel ist sehr klein, was wiederum mit den vielen Wellen in einem fürchterlichen Herumschlagen der Segel resultiert. Die Segel übertragen dieses Schlagen dann auf Mast und Rigg und von da kommt es in den Schiffsbauch wie in einer grossen Trommel.... – und darin schlafen wir!

Wer immer gesagt hat, Chromstahl rostet nicht liegt falsch. Es hat überall Rost auf der Aranui. Es gibt keinen ‘nichtrostenden’ Chromstahl, wir haben die Klassifizierung jetzt neu definiert und es gibt:

-          Früh rostenden Chromstahl

-          Rostenden Chromstahl

-          Spät rostenden Chromstahl

-          Dazu gibt es auch noch rostenden Kunststoff....!!!

Gestern habe ich festgestellt, dass die Duschabläufe, welche aus Kunststoffspritzguss sind, und silbrig bemalt sind, auch rosten..

Und der Heisswasserkocher, den ich gestern reinigen wollte von den Saucenspritzern, wollte sich nicht reinigen lassen, da dies keine Saucenspritzer, sonder Rostflecken sind...

Es ist unglaublich, wie dieses Salz alles auffrisst. Die Aranui freut sich sehr auf die Süsswasserdusche in St. Lucia! Das einzige, was gerne Salzwasser hat, ist das Teak!

Heute Nacht habe ich viel ‘rumgespielt’ an unserem Kartenplotter, das Herz der gesamten Navigation. Und da hat es tatsächlich viele ungenützte Funktionen, die man sich wirklich mal zu Herzen nehmen müsste und ich werde vermutlich nicht drum herumkommen mich mit dem Thema ‘RtFM’ zu befassen. Für die, die sich an die ersten Blogs erinnern, als ich in der Werft jeweils gefragt habe, ‘wie funktioniert das’, oder ‘wie justiert man das’, kam immer nur die Antwort ‘RtFM’ – entschuldigt hier meine Sprache – Read the Fucking Manual!

Der Tag vergeht, die Sonne brennt und es ist wieder mal so heiss, dass wir kaum Lust haben, viel zu essen. Etwas Käse, gebackene Mozarella/Tomaten Brötchen und Wasser stehen heute an.

Der Parasailer zieht uns Ostwärts und heute haben wir auch rausgefunden, warum unserem Wetterrouter soviel dran liegt, dass wir gewinnen: er hat ein anderes Boot, welches ziemlich kurz hinter uns ist anfänglich beraten, die haben dann aber auf seine Ratschläge verzichtet und sind in ein Flautenloch gefahren... Jetzt müssen wir natürlich vor denen ankommen!

Gegen Abend machen alle den wohlvedienten Abendschlaf, die Nachtwache lässt grüssen, und dann gibt es bald Nachtessen. Die einen bereiten das Fleisch vor – ich weiss – wir sind nicht ganz eine fleischlose vegane Crew, aber das ist eben so..... und die andern üben sich nun in der hohen Schule der Spleisse. Wir werden darin richtig gut. Heute gibt auch noch einen Fixleintuch Wechsel, man schwitzt ja doch etwas bei diesen Temperaturen. Auch wenn nachts viele Luken offen sind, ist es trotzdem sehr stickig und heiss. Offene Luken sind immer eine Gefahr, dass bei einem ungeschickten Manöver oder einer unerwarteten Welle Wasser ins Boot läuft, aber bei diesen schönen Winden riskieren wir das. Die Luken über dem Kartentisch bleiben geschlossen denn ein paar Liter Wasser in der Elektronik wären natürlich verherend. Bis jetzt noch kein Wasser, aber trotzdem gab der PC gestern den Geist auf – zuerst nicht klar warum, aber jetzt habe ich rausgefunden, dass es am Akku liegt (man sagt, dass auf dem Meer mit dem Salzwasser die Überlebenschancen eines PC max. ca 6 -9 Mt. sind).

Beim Segeln lässt sich bei diesem gegebenen achterlichen Wind nicht viel machen als ein oder zwei Grad anzuluven oder abzufallen, ansonsten geht es einfach Richtung Westen.

Die Musikwahl steht aber an, was aus den Lautsprechern dröhnen soll, wenn wir über die Ziellienie fahren werden; Die Diskussion ist noch ‘The winner takes it all’ oder ‘We are the champions’... ganz je nachdem, wie es dann auch auf der Ziellinie aussieht. Aber eben, wir sind vorbereitet 😊. Adi möchte unbedingt zwei Seenotfackeln abfeuert, so wie die grossen Einhand-Weltumsegler, wenn Sie jeweils wieder in La Rochelle eintreffen – von mir kommt natürlich der Einwand (ich weiss ihr findet mich ja mega langweilig), dass dies ungesetzlich ist und jedes mal davor gewarnt wird und mit hohen Bussen zu rechnen ist...... Wir werden ja sehen wer in dem Moment dann mehr Adrenalin hat.

So langsam drehen sich die Gedanken um die Ankunft in St. Lucia. In der Skippers Bar (das ist die bekannte Bar für die Ankömmlinge) ein Bier trinken an einem Tisch der nicht wackelt aus einem Glas das nicht runterfällt wenn man es nicht hält. Oder unter eine Dusche zu stehen,ohne umzufallen während dem Duschen, wo nicht nur der letzte Liter Süsswasser ist, sondern die ganze Dusche, oder einfach mal irgendwo zu sitzen und fremde Leute zu sehen.

Die meisten von uns haben ziemlich viele blaue Flecken abgekriegt, nicht vom Segeln, einfach vom Rumlaufen auf dem Boot, sei dies nur vom Niedergang zur Toilette oder in die Vorratskammern. Man schlägt sich überall an, einfach nicht verhinderbar auf diesem Kurs.

Und jetzt muss ich der Crew gleich noch ein Kränzchen winden; Die Schwimmwestendisziplin ist ja nicht gerade.... aber die Dämmerung ist noch nicht mal ganz durch und alle habe die Nachtschwimmweste an (die grosse schwere)!!!! Super!

Die zweitletzte Nacht auf See. Heute gilt es die Augen extra offen zu halten weil wir das Gebiet passieren, wo nach wie vor ein toter MOB und ein aufgegebenes Schiff ohne Licht (Hazard to Navigation)  treiben. Der Unfall geschah am 21 November, aber die Rescue Teams suchen nach wie vor.

Leider nimmt der Wind wieder ab in der Dämmerung und wir beschliessen den Parasailer auch in der Nacht zu fahren. Bei 16 Knoten Wind müssen alle geweckt werden und dann muss er runter. Alle sind einverstanden. Und damit gleiten wir wieder mal jassend in die Nacht hinein.