23. Nov. 17 – Tag 3 – Kein Wind, kein Fisch aber viel Sonne

Niki.schmidt.warc
Tue 21 Nov 2017 21:15

22:38.200N 018:20.800W

Heute morgen um sechs übergibt mir Urs die Wache zusammen mit einem wunderbar gekneteten Brotteigg. Ich muss nur noch die Brötchen machen und in den Ofen schieben.

Der Tag fühlt sich irgendwie anders an. Es ist am Morgen nicht mehr alles nass auf Deck, kaum ist die Sonne da, wärmt sie auch schon und auch sonst hat man das Gefühl, dass man in wärmere Gefielde kommt. Wir bewegen uns ja auch mit ca 2.5 Grad pro Tag Richtung Süden.

Schon bald mal beginnt es herrlich zu duften und das Brot ist fertig, und wie es so ist, sobald etwas Essbares hervorgezaubert wird, erscheinen auch die ersten verschlafenen Gesichter. Wir frühstücken, und die Sonne brennt schon sehr heiss vom Himmel runter (und die Butter schmilzt* auf dem Teller – eigentlich ein klares Zeichen um nach Westen abzudrehen. Aber dieses Jahr ist es anders, wir müssen noch etwas weiter nach Süden um die Passatwinde zu erreichen).

Wir sind nach wie vor am Motoren und trotz dem Wellengang war es relativ bequem beim Schlafen.

Heute ist Bastel- und Verbesserungstag. Überall werden Schäkel aus Stahl, durch Dynemaschäkel ersetzt oder Schötchen, welche zu dünn erscheinen neu mit dickerem Material gespleisst. Die Bullentallje wird in ihrer Stärke fast verdoppelt (das ist das Schot, welches verhindert, dass der Grossbaum bei einem falschen Manöver auf die andere Seite durchschlägt.  Die Aranui erhält eine Verjüngungskur (obwohl sie ja eigentlich noch nicht so alt ist) – wie wir alle auch, Duschen auf dem Deck - dazu wird die Salzwasserdusche in Betrieb genommen.

Das Mittagessen ist richtig gesund, es besteht aus Fruchtsalat (wir müssen uns beeilen mit gewissen Früchten, da die die Wärem nicht mehr mitmachen), einem Bier für die einen und einer Cola für die anderen. Am Nachmittag wird gejasst was das Zeugs hält aber die Probleme über Regelauslegungen häufen sich. Der Vorschlag Monika Fasnacht anzuschreiben fällt und wir werden diesen morgen weiterverfolgen.

Martin kümmert sich um den neuen Lader der Solarpanele. Wir haben nämlich rausgefunden, dass die Solarpanele die Batterien nur dann laden, wenn der Hydrogenerator (die Schraube welche wir im Wasser nachziehen und die dadurch Strom produziert) nicht läuft. Deshalb gibt es nun einen separaten Lader für die Solarpanele. Damit können wir unsere Stromversorgung am Tag fast verdoppeln. Die ganze Montage muss aber plötzlich beschleunigt werden, weil der Wind auffrischt. Tatsächlich haben wir jetzt eine schöne Brise, die nicht mehr von Afrika kommt, sondern vom Atlantik Tief im Westen. So langsam frischt der Wind auf 8-10 Knoten auf und das heisst auf diesem Kurs: Gennaker sezten. Martin, der am fertigstellen des Solarladers ist wird fast etwas nervös – so ein Wind und der Gennaker ist noch nicht oben!

Nach 5’ steht er wunderschön und zieht uns vorwärts in den Abend hinein ins unendliche Nichts. Nur ein Schiff ist zu sehen, die Lilith, die auf unserer rechten Seite etwas weiter hinten fährt. Auch sie jetzt unter einem roten Gennaker.

Adi beginnt um 1500 zu kochen und schon bald duftet es excellent nach Gulasch. Die Gulaschportionen sollten eigentlich für zwei Essen reichen, tun das aber dann doch nicht – ein kleiner Rest bleibt. Der Wind nimmt etwas zu und das Gulasch schwankt bedenklich auf dem kardanisch aufgehängten Herd, aber es hält. Schon um 4 Uhr essen wir das Nachtessen und finden das eigentlich alle sehr gut. Man kann somit nämlich noch bei Licht essen.

Gegen 1830 nehmen wir den Gennaker wieder runter, die Nacht bricht herein und wir haben beschlossen, nachts auch bei moderatem Wind nicht unter Gennaker zu fahren. Ein gewisses Risiko bleibt doch immer, dass man diesen zerreissen könnte. Gerade heute Mittag haben wir über Kurzwellenfunk gehört, dass einige der Boote die auf dem direkten Westkurs unterwegs sind nachts den Gennaker ums Vorschag gewickelt haben oder den Spinnakerbaum zerbrochen haben etc.

So gegen sieben sitzen wir alle vorne beim Mast und geniessen die einbrechende Dunkelheit mit Sundowner Bier und Gummibärchen. Die Aranui steuert wunderbar unter Autopilot. Es wir rasch wieder pechschwarz und die kleine Mondsichel ist zwar sichtbar, aber wir auch heute bald mal wieder verschwinden.

Heute haben wir über unseren Wetterdienst vernommen, dass der grösste Teil der Flotte die direkte Westroute genommen hat und im Moment mit dem Sturmtief kämpft. Wind gerade auf die Nase...

Bei uns sieht es so aus wie wenn der Wind in der Nacht anhalten wird und wir unsere 6-7 Knoten unter Genua und Gross segeln können. Wir müssen noch weiter gegen Süden, damit wir dann irgendwann ca. auf dem 19. Breitengrad in die stärkeren Passatwinde hineingeraten und damit wären wir dann auf direktem Kurs mit gutem Wind Richtung Karibik unterwegs.

Erst mal wieder eine Nacht, diesmal hoffentlich ohne Motor.

* eine alte Seglerweisheit; Fahr nach Süden bis die Butter schmilzt und dann bist du in den Passatwinden, welche dich über den grossen Teich bringen.