9. September 2017 - von Lisabon nach Madeira Teil I

Niki.schmidt.warc
Sat 9 Sep 2017 22:57
37:56.830N 010:14.107W
Am Donnerstag Abend kam ich in Cascais an in der Hoffnung, am Freitag vor Ankunft der neuen Crew noch vieles erledigen zu können. Wie es so geht braucht es dann doch viel mehr als man denkt. Am Morgen steht die Fixierung des neuen schwereren Ankers in der Segelstaukammer an. Der neue Rocna Anker wiegt 55kg und ist demzufolge ansich schon ziemlich schwierig herumzubusieren, geschweige dann, in der Segelstaukammer, die doch relativ klein ist, herumzudrehen und zu schieben. Zuerst gelingt es mir nicht mal mehr rauszufinden, wie das Ding da überhaupt reinkam. Es ist milimeter Arbeit gefragt, weil der Schaft nur in einer Position überhaupt reingedreht werden kann. Also sofort anschreiben, wo diese Position ist. Danach fixiere ich eine zweite Bootsbausperrholzplatte auf der Abtrennung zur Vorschiffskoje um diese zu verstärken; Diese Platte mit viel Sikka-Power (Klebstoff) und vielen Schrauben bilden die Halterung für die 10 Ringschrauben, mit denen der Anker dann festgezurrt wird. Nach 4 schweisstreibenden Stunden wäre das geschafft.
Den Nachmittag verbringe ich mit Propangasflaschen suchen aber leider endet diese Übung nach etwa 4 Stunden erfolglos. In Portugal gibt es nur die grossen Propanflaschen, welche in den Häusern gebraucht werden... Also kaufe ich nochmals zwei kleine Butanflaschen als Reserve in der Hoffnung irgendwo auf einer der nächsten Inseln die richtigen Flaschen doch noch zu finden.
Am Abend kommen dann Simi Bolzern und Urs Stalder in Cascais an. Am nächsten Morgen fixieren Urs und Simi noch den Hydrogenerator mit zwei Konterstahlplatten direkt hinten ans Heck (die Halterung, welche mir verkauft wurde, hielt leider nicht). Hmmmm, da hat wohl einer vor drei Wochen die Löcher etwas schräg vorgebohrt.... aber schliesslich ist auch das geschafft. Wir sind gespannt ob es diesmal hält. Währenddessen bin ich am Sagen und Schleifen. Auf Anraten von Hämpe habe ich beschlossen, die Leesegel (Tuch welches verhindert, dass man bei Schräglage aus der Koje fällt) im Salon durch zwei Bretter zu ersetzen, welche man schön in Führungen einschieben kann (das bestellte Bootsbausperrholz entpuppt sich dann leider als Birkensperrhols - aber das muss jetzt eben genügen). Danach aufräumen, Schiff vorbereiten und Einkaufen und um 1430 gehts dann los.
Erst müssen wir noch Tanken und wir tun uns etwas schwer seitwärts gegen 25kn Wind anzulegen, aber irgendwann ist auch das geschafft.
Und dann gehts los. Wir fahren zum Hafen hinaus uns setzten zum ersten mal das neue Grosssegel (der dritte Anlauf). Und tatsächlich, ein perfektes Segel. Es steht wunderschön und ist auch an der richtigen Orten verstärkt. Wir legen gleich das zweite Reff ein und fallen ab. Wir laufen mit der Fock und dem gerefften Gross 7-8 Knoten und rauschen Madeira entgegen. 500 Seemeilen liegen vor uns. Wir rechnen mit 3 bis 4 Tagen.
Wir stossen mit Bier und Sushi! (verspätetes Mittagessen) auf unsere Überfahrt an. Schon bald mal lässt der Wind etwas nach und wir setzen die Genua. Und weiter gehts... Und plötzlich sind da wieder viele Delphine. Interessant ist, dass sich diese ganz anders verhalten, als die letzten welche wir gesehen haben. Auch diese spielen mit dem Boot (es ist ihnen natürlich viel zu langsam) aber sie tauchen auch unter dem Boot durch, springen auf und werfen sich dann auf die Seite, bevor sie wieder abtauchen.
Zum Nachtessen gibts Risotto con Funghi und damit, fahren wir in die Nacht hinein.
Jetzt ist es kurz nach Mitternacht. Ich habe soeben meine Schicht übernommen. Sie dauert bis um 0200. Nachts machen wir kürzere Wachen, da wir diese ja alleine halten, da wir nur zu dritt sind. Nach 2 Stunden lässt die Konzentration nach und man muss abgelöst werden.
Der Himmel ist sternenklar. Zwischendurch hat es ein paar Schönwetterwolken und der Mond erhellt die ganze riesige Meer. Wir sind vor etwa 2 Stunden vor oder hinter den letzten Frachtschiffen durchgefahren, welche der Westküste von Portugal entlang ziehen.
Jetzt sind wir alleine. Auf dem Kartenplotter sieht man noch ein paar Boote hinter uns, aber auf dem Meer sind wir alleine. Man sieht keine Lichter mehr, ausser den Sternen und dem Mond, welcher eine silbrige Strasse direkt zu unserm Schiff gelegt hat. Alle 10-15 Minuten muss man den ganzen Horizont absuchen nach eventuellen Lichtern. Die Technik sollte dies zwar übernehmen, aber wie wir ja seit Dänemark erfahren haben, lässt einem die Technik manchmal ja auch im Stich.
So und jetzt brauche ich einen Kaffee...

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