20. Juli 2017 - von La Rochelle bis Royan gegen den Wind , die Strömung und die Zeit

Niki.schmidt.warc
Sat 22 Jul 2017 10:12
45:37.233N 001:01.723E
Wir nehmen es gemütlich heute morgen. Die einen gehen noch zum Frühstück in
die Stadt und die anderen ‘nuschen’ auf dem Boot rum. Um 1000 fahren wir
los. Draussen weht ein angenehmer Wind und nachdem wir die Untiefen vor dem
Hafen passiert haben setzen wir die Segel. Reff 1 und Genua bringen uns
zügig voran. Der Wind weht gegen uns und wir ‘kreuzen’ Richtung Westen durch
die Bucht vor La Rochelle. Heute habe ich meine Aufgaben schlecht gemacht,
habe die Strömung komplett unterschätzt und so liegt unser Wendewinkel (das
ist der Winkel mit dem man gegen den Wind ankreuzt - segelt) unter 90 Grad,
vermutlich etwa 70 Grad. Das ist ziemlich schlecht. Man fühlt sich etwa so,
etwa so wie wenn man eine Geröllhalde hinaufläuft. Die Strömung ist mit min.
2 Knoten gegen uns.
Irgendwann schaffen wir es dann doch ums Kap Saint Denis D’Oleron herum. Es
ist eindrücklich wie hier dei Brandung an den Untiefen bricht. Diese
Untiefen, welche bei Niedrigwasser freiliegen schauen bis 2 Meilen ins Meer
hinaus. Sobald wir oben rum sind, wechselt natürlich auch die Strömung und
jetzt wieder gegen uns...
Hmm, wir haben eine Zeitslot, welchen wir einhalten müssen um in den Hafen
von Royan hineinzugelangen. Der kleine Kanal vor dem Hafen hat eine
kartografierte Tiefe von nur 50 cm. D.h. für unsere 2.2 m benötigen wir
mindestens nochmals ca 2 m Wasser (durch die Tide).
Laut Tiden-App, und da es ja so knapp ist, verifiziere ich das auch noch im
Nautical Almanach (die Biebel der Seefahrer – früher stand da sogar drin,
wie man ein Kind auf die Welt bringt – vor ein paar Jahren wurde dieses
Kapitel aber rausgenommen aus Haftungsgründen) können wir genau BIS 1915 in
den Hafen hineinfahren (wenn wir das nicht schaffen, erst wieder ca 6 h
später).
Wir benötigen viel mehr Zeit, als gedacht und als wir in den Kanal vor Royan
einbiegen haben wir wieder Gegenströmung. Heute habe ich wirklich das ganze
Strömungskapitel auf die ‘zu’ leichte Schulter genommen. Nun muss der Motor
mal zeigen was er kann und wir fahren zum Teil mit fast 3000 Touren Richtung
Hafen und genau um 1905 passieren wir den Kanal.
Geschafft, als wir am Steg anlegen ist es 1910. Ein ‘Moule- und
Terrinenessen’ beendet den Tag.
Die Hafenmeisterin meint noch lakonisch, sie würde am nächsten Morgen nicht
erst um 7 rausfahren, es seien auch Yachten schon den ganzen Tag quer
gelegen, weil sie plötzlich festgefahren waren. Hier gibts zu Strömung und
Tide noch den Effekt, dass wenn der Fluss viel Wasser bringt, weil es oben
regnet oder eben nicht, das Niveau nochmals um 50 cm ändern kann.

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