30. Januar 2019 - Nächtliches Treffen auf hoher See

Niki.schmidt.warc
Thu 31 Jan 2019 04:28
14:36.700S 017:22.200W
Irgendwann im Laufe des Morgens beschiessen wir, den Genacker zu bergen. Der Windeinfallswinkel ist zu schlecht und wir nähern uns nicht so schnell unserem Ziel, wie wir eigentlich könnten. Es ist zwar wunderschönes Segeln mit dem Genacker, aber eben, wir wollen ja auch mal ankommen in Salvador. Unser VMG ist zu tief wenn wir vor dem Wind kreuzen. Das VMG ist ein Wert, welchen man auf dem Kartenplotter abrufen kann. Er zeigt an, wie schnell man sich dem Ziel nähert. Wenn man also in einem grösseren Winkel vom Ziel wegfährt, dann wird das VMG kleiner. Wenn man direkt darauf zufährt, ist es am grössten, nämlich so gross wie die Geschwindikeit über Grund... (ich hoffe das ist verständlich - Segeln ist nicht nur sich vom Wind treiben zu lassen....).
Wir baumen wieder die Genua aus und setzen zusätzlich noch den Code 0. Mit dieser Besegelung sind wir zwar etwas langsamer gemessen an der Bootsgeschwindigkeit, aber wir können fast direkt auf unser Ziel zufahren. Das Problem kommt erst dann, wenn der Wind zu schwach wird, also wenn er unter etwa 11 Knoten fällt, dann beginnen nämlich die Segel zu schlagen. Den ganzen Tag über sind wir aber gut unterwegs, der Wind ist konstant zwischen 13 und 18 Knoten und wir kommen gut voran.
Wir haben einen Drittel der Distanz hinter uns und Mike schlägt vor, die Uhren jetzt um eine Stunde zurückzustellen (es stimmt dann etwas besser mit Sonnenauf- und Untergang). Das machen wir dann auch.
Ich mache einen Rotweinrisotto zum Nachtessen und wir geniessen einen wunderschönen Sonnenuntergang. Der Wind hat etwas zugenommen und ist jetzt meist bei 17 bis 18 Knoten. Wir sind im Grenzbereich um den Code 0 noch zu fahren, vorallem in dieser ungewöhnlichen Konstellation mit ausgebaumter Genua. Wir diskutieren nochmals, was zu tun ist, wenn der Wind zunehmen sollte oder uns ein Squall (starke Windböe) aus heiterem Nachthimmel erwischen würde (obwohl die Squallaktivität eigentlich klein sein sollte, haben sie auf der Pretaixte heute einen ziemlich starken Squall erwischt): Abfallen, Code 0 flattern lassen, Genua einrollen und bis dann sind dann auch die Schlafenden im Cockpit um zu helfen...
Gegen 2200 erscheint plötzlich aus dem Nichts die Emily Morgan auf dem Kartenplotter. Wir haben schon lange kein Boot mehr gesehen. Wir funken kurz, da unsere zwei Boote sich mit fast stehender Peilung nähern und beide nicht sehr manövrierfähig sind (kurzfristig - sie haben den Spinacker oben und wir den Code 0). Schliesslich kreuzen wir uns mit ca 300m Abstand, dabei hätte es doch so viel Platz hier im Südatlantik.
Es ist jetzt Mitternacht und leider hat der Wind ziemlich abgenommen. Die Segel beginnen zu schlagen. Manchmal vibriert das ganze Boot. Ich luve etwas an damit die Aranui etwas beschleunigt, dann vermindert sich meist auch das Schlagen der Segel, aber: Damit sinkt auch unser VMG wieder!
In einer Stunde ist es 0400 und ich werde Mike wecken. Dann müssen wir kurz schiften, was mit dem Code 0 und ausgebaumter Genua eben doch etwas länger geht.
Der Himmel ist heute wolkenverhangen. Es ist warm und tropisch feucht.