10. Januar 2019 – Endlich wieder auf hoher See!

Niki.schmidt.warc
Thu 10 Jan 2019 22:16

30:12.911S 16:31.3100

Heute morgen konnte ich ausschlafen. Um 0400 bin ich in meine Koje gekrochen und habe wunderbar bis um halb zehn geschlafen. Es hat zwar so richtig geschaukelt, da wir ja unter Motor unterwegs waren, aber ich war zu müde um dem richtig Beachtung zu schenken. (wenn man segelt, dann stabilisieren die Segel das Boot und die Wellenbewegungen sind viel weniger spürbar)

Um 1000 ist Funkrunde, bis dann kurz duschen, anziehen und etwas in den Magen, der Hunger nagt erstaunlicherweise schon wieder. Karen hat zum Glück schon Müesli gemacht.

Die Verbindung ist wieder miserabel wie gestern schon. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund wurde entschieden, dass wir auf ‘Six Bravo’ funken (6227 MHz) und nicht auf ‘Four Charly’ (4149 MHz). Diese zweite Frequenz hat von Anfang an immer für die meisten funktioniert - aber immer mal was Neues (nicht immer zum Besseren).

Ich gebe meine Position und den Wind durch – keiner....

Aber kurz nach 11 kommt dann die erste Landbrise auf. Es gibt hier durch die Erwärmung der Wüste in Namibia einen Thermik, der uns sehr gelegen kommt. Die Grosswetterlage zeigt ja noch gar nichts an und deshalb müssen wir uns mit dem Thermik zufrieden geben. Am Tag hat es Wind, aber Nachts bleibt er aus. Da sind wir vermutlich zu weit draussen vor der Küste. Wir müssen den Abstand aber halten, da es Fischerboote, Krabbenfallen und Erzminenboote hat, welche hier nachts rumkurven, nicht unbedingt gut beleuchtet. Vorhin fuhren wir gerade noch über ein ‘Well’. Das sind Anschlüsse für Erdöl oder Erdgasvorkommen, also Rohre, welche unter Wasser liegen oder stehen (meist tief unten). Dieses eine aber wurde 3! m unter Wasser abgeschlossen. Man stelle sich also diese Stahlstange vor, 20 cm Durchmesser... welche einem den Rumpf sicher richtig schön aufschlitzen würde, wenn man gerade in einem Wellental über dem Rohr ist (Es ist hier über 100 m tief, man stelle sich also das Konstrukt unter Wasser vor). Dieses Rohr war auf unserer elektronischen Karte eingetragen, wenigstens in rot, aber bei anderen Booten war es nicht auf der Karte (je nach Kartenanbieter).

Heute gibt es wieder mal was zu flicken. Gegen Mittag sehe ich plötzlich, das sich einer der Türrahmen verselbstständigt hat. Er häng nur noch an etwas Leim an der Wand. Zum Glück sind wir auf einem Boot und nicht im Flugzeug, dort sind die Flügel ja heute auch geleimt... Mit ein paar Schrauben haben wir das bald wieder fixiert.

Wir segeln den ganzen Tag entweder mit der Genua (wenn wir etwas mehr Höhe laufen müssen), zwischendurch aber auch mit dem Code 0 (dann geht es etwas schneller mit der grösseren Segelfläche) bei wunderbaren 10-15 Knoten Wind der Südafrikanischen Küste entlang. Morgen werden wir die Grenze zu Namibia erreichen. Es ist recht einsam hier. Man sieht fast keine anderen Schiffe. Auf dem AIS sehen wir nur noch die Norwegische Aurora Polaris, d.h. sie ist das einzige Boot im Umkreis von fast 20 Meilen. In den letzten 24h haben wir zwei Frachter gesehen. Die meisten Frachter gehen von Kapstadt die direkte Route nach NW und nicht der Küste entlang. Man merkt diese Einsamkeit nicht nur daran, sondern z.B. auch, dass das Satellitentelefon praktisch keine Satelliten zum Übertragen findet – hoffentlich geht der Blog raus.

Es ist heiss an der Sonne aber kalt im Schatten. Ich trage meist eine Jacke, da ich ja eher ein Sonnenflüchter bin als ein Anbeter. Trotzdem habe ich mich gestern etwas verbrannt im Gesicht. Das Wiederspiegeln auf dem Wasser bringt sehr viel Sonne unter unser Bimini, und auch diese abgestrahlte Sonne ist gefährlich. Also heute wieder mal das schmierige Zeugs einstreichen....

Mike verbringt etwa 2 Stunden mit dem Versuch, den Radar wieder zum Laufen zu bringen. Wir sehen die Boote zwar mit dem AIS, aber der Radar reflektiert an keinem Boot, obwohl er jede grössere Welle anzeigt. Das ist etwas eigenartig. Auf dem Bildschirm die schöne Meldung ‘unbekannter Radarscanner’. Leider aber nirgends eine Erklärung, was denn das genau sein soll. Ausnahmsweise habe ich sogar die Gebrauchsanleitung aufbewahrt, aber siehe da, auch damit wird man nicht schlau.

Zum Nachtessen koche ich Poulet mit Kartoffelwürfel, Zwiebeln und Äpfeln an einer Curryrotweinsauce. Ich komme immer mehr dazu, Eintopfgerichte zu machen, bei welchen man mit einer Pfanne auskommt und die Zutaten einfach sequentiell je nach Garnotwendigkeit beigibt, ob diese nun gebraten, gekocht oder gedämpft sein müssen. Offenbar schmeckt es allen.

Nun ist es Nacht, der Wind ist etwa um 10 total eingeschlafen und wir sind wieder am Motoren.