9. Januar 2019 – Kapstadt, auf W iedersehen!

Niki.schmidt.warc
Wed 9 Jan 2019 23:37

32:41.111S 17:32.318E

Es wird Zeit aufzubrechen.

Ende November sind wir in Kapstadt angekommen und ich habe mit Joel und Sylvia im Weingebiet um Kapstadt herum und im Krügerpark zwei wunderschöne Wochen verbracht. Danach ging es zurück in die Schweiz wo ich viele Freunde und Bekannte treffen durfte und wir feierten wie üblich Weihnachten im Familienkreis. Es war eine schöne Zeit, aber es war auch eine nicht ganz einfache Zeit. Kurz vor meiner Abreise sagte Sylvia zu mir: eigentlich bist Du nie ganz hier in der Schweiz gewesen... und sie hatte Recht. Ich war während dieser Zeit oft in Südafrika. Mit dieser Weltumseglung ist wie eine zweite Familie entstanden, das tönt für nicht direkt Beteiligte jetzt vielleicht etwas komisch, aber es ist wirklich so. Diese Weltumseglung hat uns als Team zusammengeschweisst. Die Segler auf den zwölf Booten, welche seit St. Lucia dabei sind, sind so etwas wie eine zweite Familie geworden. Man hat viele gute Zeiten durchlebt, aber auch sehr schwierige und kritische Momente und dort ist man sich sehr nahe gekommen. Ich weiss, Ende April werde ich zurück in die Schweiz kommen und ich habe realisiert, dass dies nicht so einfach wird wie ich immer gedacht habe, trotzdem freue ich mich natürlich sehr darauf.

Nun aber zurück zu Kapstadt. Am 1. Januar ging es mit der Edelweiss wieder Richtung Süden. Eigentlich war die Aranui ja im Schuss und bekam ein neues Unterwasser, ein paar neue Dichtungen für den Motor und den obligaten Service für Motor und Generator (nicht, dass ich viel Hoffnung hätte, das der Generator nun besser laufen würde...). Aber wie es sich gerade zeigt, ist es wichtig, dass der Motor wirklich gut im Schuss ist, es sieht nämlich nicht nach viel Wind aus.

Trotzdem waren die Tage bis zum Start heute morgen eigentlich immer zu kurz. Es gab noch soooo viel zu tun (wie ihr sicher bemerkt habt, gibt es auf der Aranui, aber übrigens auf allen Segelbooten, immer etwas zu tun, es hört nie auf). Als ich gestern noch eine Halterung für meine Zahnbürste!! im Kästchen drin gemacht habe, dachte ich, jetzt ist es wirklich Zeit weiter zu segeln, man verliert sich dann auch mit Dingen, die einem immer nerven, die aber nicht essentiell sind.

Wir haben für 30 Tage eingekauft, da man in St. Helena (das ist die Insel wo Napoleon gefangen gehalten wurde) nicht immer einkaufen kann. Seit der Flughafen wieder offen ist, wurde die Fährverbindung eingestellt – aber die letzten drei Flüge mussten umkehren wegen Nebel – keine Landung, keine Verpflegung, jede Woche nur ein Flug....

Wir haben also bis nach Salvador eingekauft, und as sind doch immerhin fast 4000 Meilen, was ca. 30 Tagen entspricht.

Nach vielen guten Essen und ein paar letzten Gläsern südafrikanischem Wein ging es dann heute Morgen los. Um 1015 wurde die Brücke vor dem Hafen hochgezogen und wir motoren wieder aufs offene Meer hinaus. Im Rücken den Tafelberg mit seiner Decke – eine Wolke, welche sich oft über den Berg legt – und zum Abschied auf der luvwärtigen Starttonne drei Seehunde, welche uns die ganze Zeit im Hafenbecken unterhalten haben, zur Verabschiedung.

Start bei sehr wenig Wind um 1100. Wir kriechen über die Startlinie und segeln die erste Stunde mit wenig Wind aber wenigstens aus der richtigen Richtung nach Norden. Und dann stellt er ganz ab...

Aber nur für ein paar Minuten. Plötzlich ist er zurück mit 22 Knoten, was unseren Code 0 etwas in Bedrängnis bringt. Der ist nämlich mit seinen 110m2 oben und will jetzt ganz schnell runtergenommen werden (etwa wie eine Seidentuch...). Wir rollen ihn ein und legen zusätzlich zwei Reffs in Gross und schon bald sind wir mit 8 Knoten Richtung Norden unterwegs.

Nicht alle haben diesen schnell Windwechsel so gut überstanden. Ein Boot muss bereits 1 h nach dem Start mit gebrochenem Gennacker Ausleger (der offenbar auch die Struktur zwischen den zwei Katameranrümpfen beschädigt hat) retour nach Kapstadt, ein weiteres hat einen totalen Elektronikausfall und segelt auch retour. Zwei andere Boote sind nicht mehr sichtbar auf dem AIS, was bei dieser Atlantiküberquerung sicherheitstechnisch nicht gerade erfreulich ist. Diese Boote kommen aber weiterhin mit und werden dies unterwegs reparieren müssen.

Ich glaube es geht allen gleich. Die lange und schöne Zeit in Kapstadt hat uns etwas faul und träge gemacht. Obwohl ich alle Leinen, Schoten und Fallen an Deck sicher 5 mal kontrolliert habe, war die eine Genuaschoot trotzdem falsch eingefädelt.... Wir müssen uns wieder konzentrieren und erwachen. ‘Alert sein’ ist der schöne englische Ausdruck. Auch wenn man sagt, diese Überfahrt ist ‘the champagne sale’ (Champagnersegeln), also das Tüpfchen auf dem i, ist sie dennoch anspruchsvoll.

An Bord mit mir sind Karen, welche ihr schon kennt (sie hatte zwischen  Lombock und Mauritius .den Unfall und ist wieder gesund zurück) und ebenfalls Mike aus den USA, welcher seit langer Zeit auf verschiedenen Booten mitgesegelt ist.

Unser erstes Nachtessen: Rüeblisuppe mit Ingwer und Korreander - die südafrikanischen Rüebli sind nach zwei Tagen bereits schlampig!! Dazu frisch gebackenes glutenfreies und glutenhaltiges Brot.

Wir sind am Motoren. Ein prächtiger Sternenhimmel glitzert über uns mit Milliarden von kleinen funkelnden Sternchen. Ich kann mich erinnern: das letzte Mal als ich den Himmel so klar sah war ich im Fischriver Canion in Namibia – und wir  werden bald an Namibias Küste vorbeiziehen.

Jetzt ist es 0100 und der Wind ist weg. So war es leider in der Wettervorhersage vorgegeben und was die Sache noch viel mühsamer macht ist das grosse Windloch vor uns: mit gross, meine ich etwa 1000 km!!!! – und wenn das wirklich so bleibt, dann heisst das 4 Tage Motoren. Wir bleiben in Küstennähe. Falls wir wirklich 4 Tage Motoren müssen, werden wir in Walvis Bay nochmals Diesel tanken müssen, was aber auch heisst, dass wir wieder Zeit verlieren werden mit Einklarieren, Zoll, Immigration etc....

Obwohl der Wind weg ist bleiben die Wellen und damit auch die alten wohlbekannten Geräusche: die Gläser die scheppern, das Besteck, welches hin und her rutscht, der Kasten der knarrt und das Fall im Mast.... – wunderschön! Man wird irgendwie süchtig nach diesen Dingern....