24. Nov. 2018 – Ein Wetterfenste r nach Cape Town

Niki.schmidt.warc
Fri 23 Nov 2018 23:12

34:48.550S 24:28.900E

Heute morgen ist es windstill, die ersten Vögel kreisen kreischend über der Aranui und die ersten Lastwagen queren die Brücke, welche etwas weiter flussaufwärts liegt. Wir sind im Yachtclub Buffalo River, der mit viel Hingabe von den paar existierenden Mitgliedern am Leben erhalten wird. Es gibt hier 50 Mitglieder, wovon etwa 10 wirklich Aktive, d.h. nicht beim Segeln, sondern beim Geselligen. Wenn man das Clublogbuch anschaut, in welchem man sich immer eintragen muss, wenn man segeln geht (aus Sicherheitsgründen), sieht man nicht gerade eine grosse Aktivität, so alle 5 Tage mal ein Boot, welches raussegelt...

Wir stehen um 0445 auf weil wir um 5 los wollen. Als erstes ein Anruf bei der Hafenbehörde über Kanal 12 um mitzuteilen, dass wir gehen wollen. Die kontrollieren dann, ob wir gestern einen Flightplan (richtig gelesen, Flugplan) geliefert haben, welcher unsere Bewegungen beinhaltet, d.h. die Behörden tracken uns, wo wir wann sind. Dies geschieht hier an der westafrikanischen Küste aus Sicherheitsgründen, da ja ab und zu Yachten nicht mehr retour kommen (das zeigen auch die vielen Wracks, welche auf der Karte eingezeichnet sind). Heute sieht es aber für uns so aus, wie wenn wir ein gutes Wetterfenster nach Kapstadt hätten. Ob wir viel Segeln werden ist ungewiss, die Wettervorhersage ist vorwiegend gutes Wetter und wenig Wind. Die Airpower, das einzige Boot, welches mit uns bereits in East London ist, startet etwa eine halbe Stunde später, bleibt aber mehr unter Land und verpasst den Strom hier draussen... Per mail habe ich gesehen, dass die anderen Boote ebenfalls heute morgen um 5 von Richardsbay los sind (500km weiter nördlich)

Als wir zum Hafen rausfahren, sehen wir noch was anderes. Riesige Wellenberge vom letzten Südweststurm, welche sich noch nicht beruhigt haben. Es ist interessant mit den lokalen Seglern hier zu sprechen. Sie sind ziemlich beunruhigt, weil das Wetter überhaupt nicht mehr vorhersehbar ist, sie versuchen es zwar immer wieder, sehen aber, dass ihre Vorhersage sehr oft nicht eintrifft. Wie eben heute Nacht, welche wir extra noch abgewartet haben, damit sich die Wellen etwas glätten...

Wir fahren unter Motor, der Wind ist gerade mal 5 Knoten, Richtung 200 m Tiefenlinie um wieder in den Aghullasstrom zu kommen. Eine Stunde später beginnt es wieder zu ziehen und wir sind schon bald mit mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit über Grund von 11-12 Knoten unterwegs. Gegen Mittag nimmt dann der Wind zu und wir können endlich Segel setzten. Ein wunderbarer Nachmittag mit viel Sonnenschein beschert uns super schöne Segelstunden bei vollem Gross und ausgebaumter Genua. Der Wind kommt aus Osten und ist kühl, lange Hosen, Jacken etc. sind angesagt. In den ersten 12 Stunden machen wir 125 Meilen!!! – das ist neuer ARANUI Rekord (mit Hilfe des Stromes).

Der Wind nimmt zu und wir müssen schon bald mal ein Reff einlegen und die Genua etwas einrollen. Trotzdem machen wir zwischen 7 und 8 Knoten Boatspeed mit den riesen Wellen. Die Aranui stampft, aber es ist erträglich.

Beim Nachtessen sehe ich plötzlich eine grosse Wolke fliegendes Wasser, vielleicht 80m backbord von uns. Und dann die Flosse, eine riesige Flosse und vorne und hinten ca 3 m schwarzen Rumpf. Es sieht fast aus wie ein U-Boot, ist aber ein riesiger Wal! Unglaublich, heute haben wir schon mehrmals Delfine gesehen und jetzt sogar noch einen grossen Wal.

Nach dem Nachtessen kommt das zweite Reff rein, erstens hat der Wind nochmals zugenommen und zweitens gibt uns das eine etwas ruhigere Nacht, unter Schmetterlingstellung. Gleichzeitig realisieren wir, dass der Hydrogenerator schön oben hängt, der Propeller sonnt sich in der Luft.... statt Strom zu produzieren. Den haben wir nämlich vergessen abzusenken. Jetzt also schnell rein ins gute Wasser damit!

Wir erleben einen wunderbaren Sonnenuntergang hinter einem fast schwarzen schäumenden Meer.

Der Wind legt nochmals zu in der Nacht und wir legen ein drittes Reff ein (So schnell geht es natürlich nicht, weil sich die Reffleine wieder mal hinter einer Segellatte verhakt hat). Wir schiften gleich noch (damit wir etwas mehr nördlich segeln können), dazu muss ich aufs Vorschiff um den Genackerbaum auf die andere Seite zu bringen und um die Schoten umzuhängen. Gleichzeitig verkleinern wir die Genua etwas beim Ausrollen. Der Wind weht nun zwischendurch mit 7 Bft in den Böen, wobei die Böen sehr langgezogen sind. Im Moment denke ich, es dürfte für die Nacht auch etwas weniger sein, aber gleichwohl wissend, dass wir morgen vermutlich laut Wetterbericht totale Flaute haben werden...

So langsam nähern wir uns dem Ende des Aghullastromes, resp. dreht er nach SW ab. Er folgt den Bodenkonturen im Meer (wo übrigens der Quantenflosser lebt, ein Fisch, von dem man glaubte er sei ausgestorben, bis man hier in East London 1938 ein Exemplar fand – wir durften den anschauen, in Alkohol eingelegt – ein grausliches Viech...) und wir müssen von hier eher Richtung Cape Aghullas – etwas nördlicher - segeln, damit wir nach Cape Town gelangen.