18. September 2018 – Ein stürmis cher Tag

Niki.schmidt.warc
Tue 18 Sep 2018 16:14
09:52.200S 108:44.400E

Es ist wieder 2 h morgens und ich halte den PC fest. Ich muss irgendwie versuchen das Ding so zu fixieren, dass es nicht nach steuerbord rutscht und ich dennoch die externe Tastatur bedienen kann. Verschiedene Tasten am Laptop funktionieren ja nicht mehr, da das Salzwasser seinen Tribut gefordert hat. Wir schieben Lage, seit Stunden. 22 Knoten Wind von querab.

Der Morgen fing sehr erfreulich an. Der Wind hat die ganze Nacht durchgehalten und wir sind unter Genua und Gross sehr gut vorwärts gekommen. Zum Frühstück gibt es Müesli, das hat sich auf diesem Törn so eingebürgert. Heute gibt es dazu eine grosse Papaya, die ist schon fast überreif und will aufgegessen werden. Auch die Bananen beginnen so langsam wieder nach Kompost zu riechen. Und plötzlich sehen wir sie seitlich von uns, erst noch weit weg und dann bald mal nur noch ein paar m neben der Aranui. Nein es sind keine Delphine, es sind Pilot Wale (auf Deutsch??). Sie gleiten wie Delphine neben uns dahin, nur dass sie viel grösser sind. Wir schätzen dir Länge auf mindestens 5 m. Ihr Wellenspiel ist genau so elegant wie das der Delphine. Sie gleiten lange unter Wasser der Aranui entlang, und dann plötzlich springen sie auf und zeigen die Eleganz der vermutlich  etwa 800 kg schweren Körper. Es ist faszinierend zuzuschauen wie die etwa 10 Wale während fast 20 Minuten mit uns ziehen.

Es windet den ganzen Tag mit min 15 Knoten und dann gegen den späteren Nachmittag nimmt der Wind zu. Wir bergen den Code 0. Da ich keine Lust habe mich nachts auf dem Vorschiff zu bewegen, um ihn dann bei viel Wind runternehmen zu müssen, machen wir das vorsorglich jetzt. Irgendwas stimmt sowieso nicht da oben, da er sehr durch hängt und wir ihn nicht straff anziehen können. Deshalb runter damit und alles mal kontrollieren. Aber es scheint alles in Ordnung zu sein. Ich lasse den  Fuss angeschlagen am Bug und verpacke aber den ganzen Code 0 in seinem Sack, welcher dann auf Deck festgezurrt wird. Dann setzten wir die Genua. Doch schon bald ist es Zeit um das erste Reff und dann bald mal das zweite Reff einzuziehen. Der Wind ist inzwischen bei 20 Knoten angelangt.

Zum ersten Mal auf dieser Weltumseglung muss ich glutenfrei kochen, was ich bis etwa 2h vor der Abfahrt nicht wusste. Karen wollte nicht, dass man grosse Umstände macht und kam mit 2 Pack glutenfreien Maccaroni und einer Büchse Haferflocken an Bord. Nach Aranui Konsumationsstandards wird dies aber nicht weit reichen....

Wir machen Lasagne; 2/3 mit feinen Lasagneblättern und 1/3 glutenfrei mit Tomatencarpaggioscheiben, welche wir abwechslungsweise mit Bolognaisesauce und Bejamelsauce schichten. Da die eingemachte Bolognaise relativ dick ist, fülle ich die Zwischenräume mit Rotwein auf, was im ersten Moment im Backofen etwas daneben geht, weil im falschen Moment eine Welle kommt. Aber dafür riecht es sehr schnell mal sehr gut. Die Lasagne ist fantastisch, da muss ich dem Koch ein Kompliment machen.

Die Wellen haben stark zugenommen und schütteln die Aranui so richtig durch. Céline hat ihre Antiseekrankheitstechnik langsam richtig perfektioniert und putzt die Zähne preventiv im Liegen (wenn man liegt, wird man nicht seekrank). Zwischendurch spritzt wieder mal eine Welle ins Cockpit, einfach um sicherzustellen, dass es nie ganz trocken ist. Wunderschön, diese salzwasserfeuchten Shorts und T-Shirts. Der Wind ist inzwischen bei 23 Knoten, und die Genua muss weg. Einrollen und dann die Fock ausrollen, resp. 50% davon. Wir segeln noch mit 2 Reffs und einer halben Fock, sind aber immer bei mindestens 8 Knoten Geschwindigkeit. Die Wellen sind oft harmonisch, aber zwischendurch schlägt jeweils wieder so eine gewaltige Kreuzsee richtig gegen die Harmonie und die Aranui wird tüchtig durchgeschüttelt.

Heute bin ich ziemlich müde, kann aber dennoch kein Auge zutun. Die Schiffsbewegungen sind enorm, ich leide mit dem Stöhnen und Ächzen der Aranui mit. Es gibt so viele Geräusche hier unten, dass man gar nicht weiss wo anfangen mit aufzählen – (und wieder kommt mir der Laptop entgegen). Ich überlege mir, ob ich wohl besser im Saloon schlafen würde, bin aber zu faul aufzustehen. Dann kommt ein Alarm auf meinem Natel für Mann über Bord. Da stehe ich natürlich jedesmal blitzschnell in meiner Koje, aber es war wie immer ein Fehlalarm.

Cayuse und Emily Morgan und auch Atem haben uns überholt in den letzten Stunden, aber gegen diese 10 Fuss mehr Wasserlänge, welche diese Boote haben (resp. ein Katameran zu sein) ist kein Kraut gewachsen....            

Wegen dem vielen Spritzwasser haben wir nach dem Nachtessen noch die Sprayhood aufgezogen. Das ist ein Spritzwasserschutz gegen Wasser von vorne oder schräg vorne. In der Mitte hat es ein kleines Kunstoffenster, welches man mit einem Reissverschluss öffnen kann. Ich stehe an diesem Fenster und schaue dem Mond entgegen, der gerade aufgegangen ist und hell leuchtet. Vor uns die zwei Lichter der Emiliy Morgan und der Cayuse. Das Wasser glitzert und glänzt und bietet ein prächtiges Schauspiel – und dann bekomme ich eine volle Wasserladung ins Gesicht. Ich steh wieder mal da wie ein begossener Pudel.

Umziehen... und dann das Ganze wieder von vorne!