Re: 23. August 2018 – Rund Cape York - Nordspitze von Australien

Niki.schmidt.warc
Fri 24 Aug 2018 12:09

24. August 2018 - Klimazonenwechsel

10:52.150S 140:33.700E

Um 0730 fahren segeln wir über die letzten Sandbänke im Westen der Endevour Strait. 8m zeigt das Echolot an. Dann wird es etwas tiefer in Richtung Golf of Carpentaria. Trotz allem, wir werden die nächsten 700 Seemeilen nie mehr als 80m Wasser unter dem Kiel haben.

Sehr schnell merken wir, dass sich das Klima ändert. Es ist unglaublich was diese 400 Meilen von Cairns bis hierher schon für ein Unterschied gemacht haben, aber jetzt wird es plötzlich feucht und alles ist wieder klebrig. Das Ganze nur Stunden, nachdem wir ums Kap gekommen sind. Wir befinden uns wieder in der tropischen Zone und Darwin ist bekannt für Feuchte und Hitze. Die Sonne brennt den ganzen Tag auf uns nieder und wieder einmal müssen wir konstatieren, dass dieses Bimini (das Dach im Cockpit) ein Geschenk gegen den Himmel ist. Ohne Bimini, welches auf ca 9 m2 konstanten Schatten wirft, wären wir verloren, resp. rote gebratene Krebse. Ja, der Nachteil ist sicher, dass man das Grossegel beim Steuern nicht sieht, aber wir sind hier weder an einer Regatta, noch wechselt der Kurs die ganze Zeit. Meist stellt man die Segel auf einen Kurs ein und dann geht es mal ein paar Stunden so weiter. Da die meisten Winde grossräumig sind, wechseln auch diese nicht im Minutentakt. Ansonsten muss man sich eben mal über das Bimini lehnen und kann dann nachtrimmen.

Kurz vor neun hören wir, wie ein Funkspruch an Cayuse geht; Cayuse, Cayuse, this is Gula Gula... Als Cayuse dann mal antwortet, meldet sich das Boot mit ‘Border Police’ und fängt an Fragen zu stellen. Rund um uns herum hören wir, wie Schiffe kontrolliert werden, aber wir hören nie, dass sie uns anfunken. Später über Funk erwähnt Hal von der Cayuse dann, dass sie uns schon aufgerufen hätten, mit Aronu, Aronu...., wir aber nie geantwortet haben. Interessant ist, dass sie dann nicht bei uns nachgeschaut haben?

Der Wind ist sehr flau und knapp 6 oder 7 Knoten von achtern. Das reicht eigentlich nicht zum wirklich Segeln. Wir dümpeln dahin mit 3-4 Knoten, versuchen die Genua auszubaumen, den Code 0 zu setzen etc., aber es hilft nichts. Das macht uns im Moment eigentlich nichts aus, denn so kann ‘Smoke and Roses’ (das befreundete Boot, welches den Zusammenstoss mit dem Fischkutter hatte) etwas zu uns aufschliessen. Als ich gestern Abend die Bemerkung fallen gelassen habe, ob Dan gern möchte, dass wir zusammen über den Golf von Carpentaria segeln, konnte ich seine Erleichterung durch den Äther hören. Deshalb werden Cayuse und wir das Tempo jetzt sowieso etwas reduzieren müssen.

Kaum steht der Couscous Salat zum Mittagessen auf dem Tisch, krängt die Aranui nach Lee und beginnt zu laufen, schon bald sind wir mit 7-8 Knoten unterwegs und so bleibt es den ganzen Tag über. Wir ändern zweimal den Kurs und schiften, aber generell einfach mit direktem Ziel: Darwin.

Es gibt so Zeiten, da packt irgendjemanden die Arbeitswut (heute war es Ani) und bald mal sind alle am Arbeiten. Heute hat Ani eine neue Dinghy Fixation eingerichtet; man muss jetzt nur noch Karabiner einhängen und das Dinghy ist an seinem Platz auf dem Vorschiff ‘festgezurrt’. Ich spleisse ein paar Schoten, welche ich schon lange hätte ersetzten sollen und Peter kümmert sich um die nicht mehr funktionierenden Schubladenverschlüsse.

Zum Spleissen sitze ich im Schatten des Bimini aber irgendwie ist mein Knie für eine halbe Stunde an der Sonne: Sonnenbrand!

Zwischendurch kontrolliere ich auf dem Smartphone (ich bin ja jetzt übergelaufen zu den Huawais und den Iphonern abtrünnig geworden...) mit dem Navigations App, dass wir wirklich richtig segeln, es ist quasi eine Zweitkontrolle für den Kartenplotter. Beim Aufstarten des Huawai zeigt es mir jeweils, wie viele Schritte ich heute bereits gemacht habe: Es ist doch die stattliche Anzahl von 93 Schritten hier auf dem Boot.... Zeit dass wir nach Darwin kommen.

Heute gibts zum Nachtessen Bratwurst (vom Österreicher in Cairns) gekocht vom Halbaustralier Peter, angeschrieben mit ‘Schweizer Brattwurst’, wit brauner Zwiebelsauce. Die Würste sind gut, nicht ganz so wie eine Olmer Bratwurst oder eine vom Doggwiler in Luzern, aber kommen ziemlich nahe ans Schweizer Erlebnis ran.

Der Wind nimmt eher noch zu und bald bläst er von Osten mit 19 Knoten. Wir laufen immer noch unter vollem Gross und Code 0 was natürlich das Bratwurstessen mit Sauce und ‘schlüpfrigen’ Makaronis etwas erschwert...

Wir nehmen den Code 0 runter und setzten die ausgebaumte Genua für die Nacht. Im Moment machen wir noch kein Reff ins Gross. Mal warten wie das weitergeht mit dem Wind. Ich kann noch nicht ganz glauben, dass der Wind bleibt. Wir haben gehört, dass Boote ein paar Tage vor uns fast die ganzen 700 Meilen motoren mussten... Seit 3 Tagen haben wir autark gelebt, der Hydrogenerator und die Solarzellen haben genügend Strom produziert, und wir haben sogar den Wassermacher mehrere Stunden laufen lassen können. Jetzt ist die Batterie aber auf 82% unten, das heisst sie sollte wieder mal geladen werden. Ich starte den Generator und dann natürlich die neu eingebaute externe Dieselpumpe und der Generator schnurrt volle zwei Stunen durch ohne abzustellen. Ein gutes Gefühl, dass dieses Problem nun wirklich gelöst scheint.

Während dem Nachtessen kommen ein paar Vögel vorbei und versuchen auf der Aranui zu landen. Sie haben das gleiche Problem wie die Drohne, die Wanten und all die Leinen sind im Weg und schrecken ab, aber schliesslich gelingt es dem einen oder anderen Vogel (Boobis) doch noch, und einen haben wir jetzt wieder als Nachtgast, der lässt sich nicht vertreiben – also wieder Jassen, wer morgen Deck schruppen geht.

Der Wind ist immer noch bei guten 15 Knoten mit Böen bis zu 20. Es rauscht um mich herum und das wohltuende Summen des Generators (man kann es auch als nervend empfinden, aber das ist alles Einstellungssache: Wenn er laut wird, lädt er viel Energie in die Batterien rein!) begleitet uns durch die Nacht.

Es ist fast Vollmond und wir gleiten in die Nacht hinein.