22. August 2018 – Wasser nichts als Wasser und nur 20 m unter de m Kiel

Niki.schmidt.warc
Wed 22 Aug 2018 09:46

13:33.300S 144:00.600E

Heute morgen dann ein wunderbarer Sonnenaufgang direkt im Meer. Es hat ein paar kleine Riffe, die ich sehe und ab und zu ein Leuchtturm oder eine Boje, ansonsten ist es ziemlich einsam hier draussen. Boote sieht man praktisch keine. Gelegentlich so alle 3 h kommt uns ein Riesentanker oder Frachtschiff entgegen, dann heisst es aufpassen und sich ganz an den TSS (Strassenrand) drängen. Die TSS sind zwar breit, können aber bis auf etwa 1500 m in der Breite zusammenschrumpfen. Das scheint jetzt natürlich sehr viel, aber wenn so ein Ungetüm auf einem zufährt, dann ergreift man eher mal die Flucht. Meist fahren sie ja dann auch in der Mitte, oder so wie heute morgen, ein 250 m Tanker aus Panama einfach auf der falschen Seite. Ich könnte ihn eigentlich anrufen auf Kanal 16 über Funk und ihm sagen, dass er auf der falschen Seite fährt. Vermutlich würde ich nicht mal eine Antwort bekommen. Na ja, dann weichen wir eben wieder mal aus.

Wir haben den ganzen Morgen über schönen Wind, leider immer genau platt von hinten. Das hält die Crew auf Trab, weil gehalst werden muss und bei einer ausgebaumten Genua geht das nicht so schnell, diese auf die andere Seite auszubaumen.

1.       Genua einrollen; rollen, schauen dass die Luvschot ebenfalls frei ist

2.       Halsen; Preventer lösen, Traveler auf die andere Seite, Grosschot dichtnehmen, halsen und dann wieder fieren, Preventer wieder festmachen

3.       Genuabaum: von der Genuaschot und vom Niederholer lösen, Genackerbaum senken und die andere Seite am Mast leicht hochziehen (damit er überhaupt unten durch geht), dann auf der andern Seite die Genuaschot ausfädeln und für ausgebaumte Genua wieder durch die verschiedenen Rollen einfädeln, Genuaschot wieder in den Genackerbaum rein, Genakerbaum wieder hochholen und an der Mastschien runterfahren, Niederholer festmachen, Genua ausrollen, Niederholer ziehen, Genuaschot belegen

Das wäre also ein solches Manöver, welches wir heute einige Male durchgespielt haben, da diese Strassen ihre Richtung immer ändern und der Wind einmal von leicht hinten Backbord und das andere Mal leicht von hinten Steuerbord kommt....

Ich habe heute Nacht nur 4 h geschlafen, gehe also jetzt zu meinem Morgenschlaf über. Bald schon mal taucht ein Polizeiboot auf. Zuerst können wir es nur auf dem Radar sehen weil sie ihr AIS ausgeschaltet haben. Sie bleiben in etwa 1000 m Entfernung: Vermutlich konnten sie den Namen auf dem Heck lesen und sind nun beschäftigt nachzuprüfen mit der Zentrale, ob wir auch registriert sind in den Australischen Gewässern.

Sie drehen ab und plötzlich läuft auch ihr AIS wieder (wir sehen auf unserm Kartenplotter; Ausflugsboot, 6m lang und 2 m breit – das Boot war etwa 3 mal so lang und breit).

Nach dem Mittag ändern wir den Kurs und können ziemlich anluven, was natürlich hilft bezüglich den Manövern vor allem aber der Geschwindigkeit. Wir sind seit dem Mittag meist mit flotten 7-8 Knoten unterwegs bei einem schönen räumlichen Kurs ohne Wellen.

Die Sonne verschwindet fast am Horizont, Nora Jones spielt Gitarre (leider nicht live) und obwohl wir hier ja auf der Ostseite von Australien sind, sehen wir nichts vom Land aber wir sehen einen perfekten Sonnenuntergang auf dem Wasser, irgendwie komisch.

Wir sind etwa 20 Seemeilen draussen im Great Barrier Riff, wo wir unseren Weg zwischen den Riffen durch suchen in Kombination mit einem vernünftigen Wind. Wassertiefe irgendwo zwischen 10 und 25 m (man gewöhnt sich an diesen Gedanken – man muss)!

Dann bricht die Nacht herein. Es rauscht und gurgelt wieder und im Mast pfeift der Wind. Er nimmt zu. Es ist stockdunkel, weil der Mond noch nicht aufgegangen ist. Vermutlich habe ich das etwas mulmige Gefühl, nachdem ich die Geschichte mit Smoke and Roses gestern gehört habe (Smoke and Roses sind auch von unserer Flotte). Die haben nachts einen Crash gehabt mit einem Fischtrawler, welcher ohne AIS, auf dem Radar nicht sichtbar und vermutlich mit ganz schlechtem Licht unterwegs war. Inzwischen wurde der Katamaran provisorisch geflickt und mehr Ersatzteile warten in Darwin. Beide hatten ein grosses Loch, der Trawler und Smoke and Roses.

Also wir werden heute Nacht wieder umso mehr aufpassen. Wir haben unsere Tricolor Lichter angeschaltet und dazu noch das Steaming Light. Das ist ein Licht, welches vor dem Mast das Vorsegel beleuchtet. Das ist zwar dann  von ziemlich weit weg sehr gut sichtbar, hat aber den Nachteil, dass man vom Weiss des Segels die Augen nicht richtig an die dunkle Nacht gewöhnen kann. Alles ist schliesslich eben auch hier ein Kompromiss.

Gute Nacht!