19. Juli – Los geht’s nach DOWN UNDER!

Niki.schmidt.warc
Thu 19 Jul 2018 09:30

17:42.170S 167:01.000E

Port Vila auf Vanuatu ist eine der modernsten Städte, welche wir in den letzten Monaten gesehen haben. Es ist zwar nach wie vor eine Pazifische Kleinstadt, aber man findet doch moderne Supermärkte, es hat sogar Läden, welche wie Boutiquen aussehen, Coiffoire wo man sich hineingetraut, und ein Markt mit einer riesen Fülle an Früchten und Gemüsen (nicht ganz so wie wir uns es in Europa gewohnt sind, aber doch mit viel mehr als in Tonga, wo es nur Bananen, Kartoffeln, Tomaten und Zwiebeln gab.

Wir sind an der Waterfront stationiert, wo Elsie einen kleinen Yachtclub aufgebaut hat und die Angestellten mit viel Mühe und Sorgfalt versuchen uns einen guten Aufenthalt zu gestalten. Es gibt Strom und Wasser am Steg, was ein Luxus ist, eine Wäscherei, die einem in 24 Stunden alles wäscht und am Abend ein oder mehrere Biere in der Bar (als ich nach unserem letzten Abend im Hafenrestaurant die Rechnung für die Aranui verlangte, hatte es so viele Biers drauf, dass ich mich erst mal weigerte diese zu bezahlen und mich auf unserem Schiff erkundigen musste, ob das überhaupt möglich sein könnte? Ich ging dann am anderen Tag kommentarlos bezahlen und die Dame an der Kasse lachte; ‘ it was the young boys!’ sagte sie nur.)

Fabienne und Nick zeigen sich sehr sportlich. Wir sind an ein BBQ eingeladen und plötzlich heisst es, es gäbe eine Regatta mit allen Jollen des hiesigen Segelclubs. Fabienne und Nick angeln sich einen Laser. Leider ist es ein Radial, welcher weniger Segelfläche hat, als der Laser von Bones (auch ein Mitsegler von unserer Flotte) und so kommt es dann, dass sich Nick zwar zwei Runden abquält und um jeden cm kämpft, leider aber das Rennen verliert – ein Rennen Äpfel gegen Birnen. Fabienne hält sich gut und ist nach der ersten Kreuz (hochfahren zur ersten Boje) nicht weit hinter den beiden Cracks zurück – zumal sie noch in einem Jup segelt! (so war sie eben angezogen fürs BBQ). Alles in allem aber eine schöne Plauschregatta und Nick geht am übernächsten Tag nochmals zurück um den lokalen Jungs die Tricks und Kniffs des Lasersegelns beizubringen.

Heute morgen dann hektisches Aufräumen, Verstauen, nochmals die Tanks mit Wasser auffüllen, Diesel von der Tankstelle holen mit den Kanistern und das Deck nochmals abspritzen mit Süsswasser.

Die grosse 4m lange Planke, welche unser Boot mit der Mole verband musste an Land zurück (sie wiegt etwa 60 kg) und verlange jeweils einen Balanceakt beim an Land gehen, vor allem aber beim zurückgehen spätabends...

Ich habe mir heute morgen noch unsere Strecke nach Australien angeschaut und muss sagen, die ist ziemlich gespickt mit Riffen. Wir werden also gut navigieren müssen und dann vor allem, wenn wir das Aussenriff des Great Barrier Riffs queren, die letzten 100 Meilen vorsichtig segeln.

Wir fixieren das Dinghy auf dem Vordeck, starten den Motor und lösen die Landleinen.

Wir haben fast Hochwasser (Flut) und so können wir auch gut über die zwei Sandbänke fahren, welche vor der Bucht vor Port Vila liegen. Der Start ist um 1100 zwischen den zwei Bojen, welche nach Port Villa hineinführen, aber wir vermasseln unseren Start gewaltig. Es weht mit 22 Knoten räumlich von Süden, was ein Steuerbordstart zur Folge haben wird (also alle Boote fahren ohne Wegrecht...), wir messen die Distanz zur Linie ab und sehen, dass wir von unserem Eintrittspunkt ca 3 Minuten brauchen werden bis zur Startlinie. Als es dann allerdings so weit ist, sind wir zu früh, schiessen 50 m vor der Startlinie nochmals kurz in den Wind... aber dann sind wir zu spät. So ist das eben, es gibt nur einen richtigen Zeitpunkt zum starten.

Der Wind ist wunderbar und wir brausen unter Gross und Genua mit 9-10 Knoten Richtung Australien. Die Wellen sind anständig und die Jungmannschaft schafft es beinahe nicht seekrank zu werden. Bald mal ruft der Hunger und die Schinken/Käse Sandwiches sind blitzschnell weggeputzt.

Der Nachmittag vergeht bei Sonne und kühlem Wind sehr schnell. Windjacken, Windbreaker etc. und sogar eine Kappe sind angesagt. Kurz vor dem Eindunkeln, meldet Cayuse, ein Katameran, dass er gerade an einem Baumstamm mit vielen Vögeln vorbeigefahren ist. Der Baumstamm mit Ästen schwimmt hier einfach 70 Meilen vor Vanuatu. Zum Glück wurde er gesehen und alle, die in der Nähe sind, machen einen Bogen drum herum. Kurze Zeit später ist es nicht ein Baum, sondern eine etwa 3x3x3 m grosse Holzkiste, welche im Weg schwimmt. Wiederum wird die genaue Position über Funk weitergegeben. In Europa gäbe dies einen Sécuritée/Sécuritée/Securitée Funkspruch an die Küstenwache und dann würde ein Boot der Küstenwache rausfahren um die Kiste zu versenken (man nennt dies einen navigational Hazard), aber hier interessiert dies so ziemlich niemanden. Mit dem Risiko, da nachts reinzudonnern, leben wir nun einfach mal....

Bald wird es Abend. Ich koche Hörnli mit frischen Jerry-Tomaten und dazu Rindfleischwürfel. Ich gebe die Portionen schälchenweise hoch und wir essen. Nach dieser Runde frage ich ob noch jemand Hunger hat. Vier Hände schiessen blitzschnell in die Höhe?? Unglaublich dieser Hunger auf der Aranui, vielleicht war es ja nicht ein Anflug von Seekrankheit, sondern ein Anflug eines Hungerastes. – da sage mal noch einer, auf einer Yacht macht man keinen Sport!

Beim Einnachten ziehen wir zwei Reffs ein, was uns eine etwas gemütlichere Nacht verspricht.

In Australien sind wir also tatsächlich halb rum um den Globus, wer hätte das je gedacht. Als ich mir mit 16 Jahren das Buch ‘Aero-und Hydrodynamik des Segelns’ gekauft habe, war alles noch ein Traum: Ein Schiff bauen und um die Welt segeln. Jetzt ist der Traum Wirklichkeit geworden, auch wenn nicht mit dem selber gebauten Boot.

Fabienne und ich sind auf der ersten Wache bis morgens um 0100.