14. Mai 2017 – Ein langer Motore nschlag vor uns - 267 sm – und ( fast) kein Wind!

Niki.schmidt.warc
Tue 16 May 2017 15:23

56:40.500N 8:12.700E

Am Morgen besucht uns Edgar, der Vater von Adi, zur Schiffsinspektion, mit selber gemachtem Gebäck (Schnecken) zum Frühstück. Er wohnt etwa 20 Minuten weg von Thyboron.

Adi versucht uns übrigens weiszumachen, dass dieses Gebiet ein wunderbares Kite-Paradies ist - fällt uns etwas schwer das zu glauben, wenn wir diesen Hafen als Referenz nehmen. Er verbringt hier offenbar viel Zeit mit Kiten und Kanufahren.

Wir brauchen noch Diesel. Der eine Tank ist leer und der zweite nur ¾ voll. Also rüber zur Tankstelle. Aber die Tankstelle funktioniert nur wenn das Internet geht und das Internet geht heute am Sonntag natürlich wieder mal nicht – also kann die Kreditkartenanfrage nicht bewilligt werden. Wir starten also mit halbvollen Tanks auf unsere Überfahrt. Obwohl uns der Wind, resp. das Windlein (es sind nur ca 8 Knoten) gerade auf die Nase bläst, hoffen wir natürlich, dass wir auch segeln können. Wir sind jetzt ca 35 h unterwegs nach Borkum.

Im Westen über England braut sich ein Sturm zusammen und wir müssen schauen, dass wir Distanz gegen Westen gutmachen, sonst gibt es dann die letzten Tage dieser Etappe nur unangenehmes Kreuzen bei sehr viel Wind.

Also nichts wie raus aus diesem Hafen – aus verschiedenen Gründen!

Motoren ist angesagt. Dabei bleibt es dann auch die ersten 24 Stunden. Nachts ist es wieder mal kalt und sogar neblig. Wir müssen den Radar einschalten um sicher zu sein, nichts zu verpassen, was sich da auf diesem einsamen Meer bewegt. Dazu muss ich aber sagen, dass wir bis jetzt erst ein Fischerboot gesehen haben, welches kein AIS hatte.

Zwischendurch frischt es etwas auf und lässt uns sogar die Genua oder die Fock setzen (ohne Gross). Es ist relativ langweilig – das Motorengeräusch nicht gerade erfrischend – und im Hinterkopf sitzt die Ungewissheit, dass der Diesel nicht reichen wird, falls wir wirklich durchmotoren müssten. Es wird morgen und alle sind ‘durch den Wind’ vom Wache gehen. Serge macht ein wunderbares Rührei und erweckt die Lebensgeister wieder. Der Tag ist eigentlich schön, die Sonne scheint, aber trotzdem ziemlich frisch. Im Boot drin haben wir seit gestern die Heizung abgeschaltet, da auch diese Diesel braucht (wenn auch nur wenig). Hohlgeflecht spleissen ist angesagt und jeder zeigt es dem andern, wie es geht. Am Schluss sehen unsere Spleisse also ganz ordentlich aus und wir überlegen uns, ob dies ein neues Business wäre in Luzern (Absatzmarkt müsste man erst noch kreieren...).

Irgendwann kommt dann doch noch Wind auf und wir können etwa 4 Stunden Segeln. Das sind die 4 Stunden, die wir brauchen, damit der Diesel reicht. Uff, jetzt könnte es aufgehen.

Nachmittags um 1600 queren wir die TSS East Friesland, die sogenannte Autobahn im Norden von Deutschland für alle Frachtschiffe, welche hier von Westen nach Osten und umgekehrt fahren. Aber was wir vorfinden ist eine gähnende Leere! Kein Schiff weit und breit. Ich weiss von Bekannten, dass sie hier am Rand warten mussten, um einen guten Slot abzuwarten, wo sie dann queren konnten, ohne gerade von einem Megatanker überfahren zu werden. Übrigens, die BREITE dieser Autobahn ist doch bachtliche 6 Seemeilen (sm) also 10 km! Mit Kurs 200 geht es weiter um auch die zweite TSS zu queren. Dort sehen wir bereits jetzt auf dem Kartenplotter (AIS), dass es mehr Verkehr hat – als wir dann aber dort sind, herrscht wieder gähnende Leere.

Das gibt wieder einen späten Abend, bevor wir in Borkum einlaufen werden. Den Schluss bildet noch ein Kanal, in dem ziemliche Strömung herrscht. Da Niedrigwasser (Ebbe/Flut) um ca 2100 Uhr ist, können wir ab dann mit der Strömung schön reinfahren.

Erst geht es lange geradeaus, ca eine Stunde in einem ausgebaggerten Kanal mitten auf dem Meer. Man versteht eigentlich gar nicht, was dieser Kanal hier soll, denn man sieht weit und breit noch kein Land. Dann aber kommt langsam die Dämmerung und man sieht plötzlich die Lichter von Borkum. Nach ca. einer Stunde dreht der Kanal um 45 Grad ab. Die Nacht kommt und es wird stockdunkel – kein Mond. Wir orientieren uns an den Leuchttonnen (die ja fast alle gleich blinken – es herrscht einfach ein rot-grünes Geblinke-Gewirr vor uns) und natürlich am GPS; was für eine unglaubliche Erfindung muss ich an dieser Stelle einfach wieder mal sagen. Wir navigieren eigentlich blind nach Borkumn rein, indem wir einfach dem GPS folgen. Bis zur roten Tonne (mit 7 Knoten Bootsgeschwindigkeit und 2 Knoten Strom) und dann scharf links ins komplet Dunkle rein. Dann erscheint ein Quadrant (der zeigt eine Untiefe an). Rechts davon eine grüne Boie bei welcher das Boot sofort quer anfängt zu treiben. Die Strömung versetz uns hier gewaltig. Ich gebe Gegensteuer und drehe nach links direkt auf die Tonne auf der beleuchteten Untiefe zu. Alles erscheint sehr nahe und die Crew wird etwas unruhig – vereinzelte Rufe kommen von vorne. Dann merke ich, wie die Strömung nachlässt und ich kann zurück ins Fahrwasser steuern. Ein ziemlich gespenstiger Moment.

Nach weiteren 10 Minuten kommen wir im Hafen von Borkum an. Ein riesiger Hafen, welcher für den Krieg als Stützpunkt erstellt wurde und heute als Schutz- und Nothafen dient. Wir suchen uns einen Platz an einem der Stege, legen an und sind alle gerädert. Die Anfrage um 2400 auf Kanal 14, ob wir hier anlegen dürfen, wird vom Hafenmeister nicht mehr beantwortet. Wir liegen also verbotenerweise.

Das obligate Ankunftsbier kommt aus der Küche rauf ins Cockpit und wer’s glaubt: da gibt es doch tatsächlich noch 4 von 5, die unbedingt einen, resp. mehrere Tschau-Sepps jassen müssen... Es geht in den Morgen hinein, da bin ich längst schon im Bett.

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