2. April 2018 - auf Überfahrt

Niki.schmidt.warc
Tue 3 Apr 2018 05:11
12:03.900S 141:44.400W
225 Seemeilen haben wir hinter uns seit Nuku Hiva und es wird die zweite Nacht werden für unsere Nachttörnsegelnovizen. Das besondere an einer Nachtfahrt sind auf der einen Seite
- die verschiedenen Stimmungen; erst mal geht die Sonne unter um 1830 und es wird langsam dunkel. Der Horizont wird glutrot und die sich aufbauenden Wolkenbilder sorgen für Abwechslung bez. den Interpretationen, was diese Wolken so darstellen könnten. Und dann wird es zuerst stockdunkel. Die Sterne erscheinen am Himmel und es ist wieder mal unglaublich, wie viele es davon gibt. In etwa zwei Stunden geht dann der Mond auf und es wird fast hell. Man könnte im Mondlicht lesen ohne Lampe. Dieses Schauspiel von Mond, Sternen, Wolken und zwischendurch mal ein Gewitter wechseln sich in rascher Reihenfolge ab.
- und auf der anderen Seite, dass man mit 10-15 km/h im stockdunkeln fährt, in der Annahme, dass jeder der hier draussen ist korrekte Lichter führt oder zumindest ein AIS hat, welches auf dem Kartenplotter angezeigt wird, oder dann auf dem Radar eine Reflektion abgibt. Aber was ist mit den einheimischen Fischerbooten aus Holz, den Ruderbooten, den lokalen privaten Booten etc. - die sieht man nie und man hat auch keine Chance diese zu sehen. Man fährt also in einem Art Blindflug in die dunkle Nacht hinein (geschweige denn, dass irgendwo ein Baumstamm oder ein Container im Wasser schwimmt; und dann beginnt man zu rechnen, wie gross die Chance ist, dass es überhaupt einen Container hat, und ob man ihn von der Seite an den Rumpf bekommt (keine Chance) oder direkt von vorne (kleine Chance)..... - da hören wir lieber auf zu philosophieren vor unserer Nachtfahrt (wichtig für mich sind noch die zwei Crashboxen, welche vor meinen Füssen sind beim Schlafen, etwa so wie die Knautschzone beim Auto).
Heute war ein fauler Tag, alle mussten sich erst wieder ans Nachtsegeln gewöhnen, ans Schlafmanko und an die unregelmässigen Schichtzeiten. Die ersten Tage ist man sehr müde und wir haben dementsprechend heute den Tag eigentlich verschlafen.
Ich beginne mich vorzubereiten wie wir Makemo, das ist die Insel welche wir in den Tuamotos als erste ansteuern, anlaufen werden. Diese Atolle hier in den Tuamotos sind umgeben von einem Ring aus Sand und Korallen, und haben meist wenige Ein- resp. Ausgänge, manchmal sogar nur einen. Das heisst dann auch, dass dort die Strömung mit bis zu 9 Knoten fliesst. Wenn dazu noch ein Wind von der falschen Seite kommt, dann wird es richtig ungemütlich, zudem die Einfahrten meist sehr schmal, nicht tief und mit Korallenköpfen gespickt sind. Der langen Rede kurzer Sinn: Man muss genau planen respektive timen, wann man rein- oder rausfahren kann. Die beste Zeit ist dann, wenn die Ebbe (tiefster Stand) gerade erreicht ist. Dann ist der Strom für einen kurzen Moment fast null - die sogenannte Slack Time. Es gilt also diesen Moment zu erwischen. In Europa gibt es dazu die sogenannten 'Tides and Streams - Atlas' (so ungefähr) oder sonstige elektronische Anwendungen.
Hier... gibt es das gleiche... nur haben wir heute an der Funkrunde rausgefunden, dass jeder zwar originale Informationen hat aus diesen verschiedenen offiziellen Büchern und elektronischen Quellen, dass die Resultate, die daraus berechnet werden z.Teil aber um 6h differieren (und mehr kann man bei Gezeiten gar nicht differieren.
Nun, dann heisst es eben mal vorsichtig reinfahren und bereit sein im richtigen Moment umzukehren ohne querzuschlagen und auf ein Korallenriff aufzulaufen.
Heute zum Nachtessen gab es Bratkäse aus Stockhütten mit Mischsalat (alles was noch nicht ganz welk oder verdorrt war).
Die Wellen sind heute angenehmer geworden, der Wind ist konstanter und wir segeln in die Nacht hinein. Der Mond ist immer noch nicht aufgegangen.

Wie ihr sicher bemerkt habt, gibt es hier ein paar Gastblogger, welche aber unter dem Pseudonym ANONYMUS walten..... - das war aber wieder mal ich.