17. März – 18. Tag – Land in Sic ht!

Niki.schmidt.warc
Sun 18 Mar 2018 12:01

09:48.500S 139:01.900W

Heute morgen bin ich um 0800 aufgestanden und es war noch stockdunkel. Wir haben die Uhren nicht nachgestellt seit Galapagos und sind eben doch ca. 1/9 des Erdumfangs abgefahren in den letzten 18 Tagen. Es hat fast 20 Knoten Wind und wir sind am Limit mit den Segeln. Eigentlich sollten wir ein Reff einlegen, aber es läuft so wunderbar schnell. Also doch kein Reff einlegen...

Der Tag vergeht wie im Flug.

Ich lese gerade von Ernst Hemingway ‘Der alte Mann und das Meer’. Das letzte Mal ‘musste’ ich das am Gymi lesen vor....40 Jahren! Heute muss auch ich sagen, eine unglaublich gut geschriebene Kurzgeschichte, kein Wunder bekam er dafür (vor allem) den Nobelpreis.

Nun, wir hatten kein Fischglück mehr und kehren dennoch auch an Land zurück. Es sind noch 50 Meilen und wir segeln mit 7 Knoten achterlichem Wind. Wir sollten also ca. morgens um 0300 die Bucht von Hiva Oa erreichen, wenn nicht mehr all zuviel schief geht. Ich habe vorhin gerade noch die Rollfock Anlage geschlissen. Irgendwie hat sich die Rolleine ausgehängt und ich habe die Leine schön in den nicht zugreifbaren Kanal hineingezogen. Weiss noch nicht, wie ich die wieder rausbringe (das ist der Nachteil von all diesen schönen versteckten Schotenkanälen).

Vor uns sehen wir zum ersten mal wieder ein Boot auf dem Plotter, die Pinta. Ich habe gerade vorhin gehört, dass sie nachts nicht einlafuen will, sondern warten wird bis es Tag ist. Eigentlich könnte man bei gutem Wetter jetzt langsam die Insel sehen, aber am Horizont sind überall Wolken aufgetürmt und in einer Stunde ist es dunkel. Ich denke also nicht, dass wir etwas sehen werden bevor wir dort sind.

Ich freue mich auf den Landfall. Es war eine anstrengende Überfahrt für mich, da Simone und Steve ihre Arbeit zwar gut gemacht haben, aber doch wenig Segelerfahrung mitbringen. D.h. ich bin eben doch immer präsent, auch wenn ich am Schlafen bin; das kleinste Geräusch oder die nicht ganz normale Schräglage wird sofort zum Wachmacher.

Es wird dunkel und der Wind nimmt zu. Was wir in den nächsten Stunden durchmachen – wir erleben ein fantastisches Naturschauspiel. Der Wind nimmt zu, es gurgelt, rauscht und pfeift im Mast. Aber es knarrt und knirscht ebenfalls – gewisse Bolzen und Scharniere warten drauf, wieder mal geschmiert zu werden. Und plötzlich haben wir knapp 8 Beaufort, 35 Knoten Wind. Das kam innerhalb von Minuten. Zum Glück haben wir vorher noch ein Reff eingebunden. Wir rollen die Genua ein und preschen vorwärts. Dann fängt es an zu Leuchten am Himmel. Unheimlich – es blitzt oder wetterleuchtet etwa alle 3 Sekunden und zwar genau vor uns - taghell. Ich überlege mir, ob wir wohl besser mal eine Stunde retourfahren sollten, aber in dem Moment blitzt es auch hinter uns. Also weiter. Es regnet, windet, blitzt und donnert und wir sind noch 10 Meilen vom Ziel weg.

Und plötzlich ist alles wie weggeblasen und vorbei: Der Wind bricht ein (3 Knoten), die Sicht ist wieder klar, es regnet nicht mehr und dann kommts ganz gewaltig: der Duft von vermoderter Erde, Wald, Felder und Wiesen: Ich hab das noch nie so wahrgenommen! Nach 20 Tagen Salzluft sind die Geruchsnerven blank für alles was nicht salzig ist 😊.

Wir sind über der Ziellinie und müssen jetzt versuchen einen Ankerplatz zu finden. Das ist einfacher gesagt als getan. Die Bucht wimmelt von schwankenden Lichtern und ich kann mir kaum vorstellen, wo da noch ein Plätzchen frei ist. Aber irgendwann schaffen wir auch das. Der Anker fällt in 14m Wassertiefe und schon bald zischen die Coronas! 2946.2 Seemeilen hinter uns.