9. März – 10. Tag – Heute gibts wieder mal was zum Flicken und v iel Wind und Wolken

Niki.schmidt.warc
Sat 10 Mar 2018 02:28

07:48.100S 115:54.900W

Erwacht bin ich um 0400 ob dem Lärm der Bilgenpumpe. Normalerweise höre ich die nur noch im Unterbewusstsein, sie ist so nervend mit ihrem hohen 15-20 fachem Biiiiip. Wenn man allerdings auf Wache ist, und sie fängt an zu pumpen, steht man jeweils fast im Cockpit.

Heute aber biiipst es etwa alle 10 Minuten. Simone kommt runter und ist etwas besorgt – Bilgenpumpe läuft heisst eigentlich, es kommt Wasser ins Schiff. Ich bin eher genervt, nicht weil Simone mich weckt, sondern weil ich weiss, dass es wieder irgedein ..... ist, der mich hier wachhält, aber sicher kein Wassereinbruch. Gut, ich stehe auf und beuge mich mit einer Lampe über den Kielsumpf. Zu dem hat man Zugang, wenn man sich unter den Tisch zwängt, und kopfüber (im Nacken sitzen jetzt die Gin und Whiskyflaschen, runterschaut. Ich sehe ca 40cm weiter unten ein mit Wasser halbgefülltes Loch (das ist der Kielsumpf – der tiefste Punkt im Schiff wo alles zusammenläuft, was flüssig ist und irgenwo herkommt, wo es nicht herkommen sollte). Als erstes sehe ich, wie da drin eine frische Limone schwimmt – die ist vermutlich reingekullert, da ich das Loch bei Überfahrten offen behalte, um schnellen Zugriff zu haben (die Bodenkonstruktion erlaubt dies sonst leider nicht). Das Wasser steht auf mittlerer Höhe, aber ziemlich weit unter den zwei Kontakten, welche die Pumpe auslösen. Ich warte und warte und warte und nichts geschieht. Ich versuche mich bereits zurückzuzwängen, da sehe ich es plötzlich: eine Welle – es ist draussen mit 24 Knoten Wind und Wellen von zwei Seiten schon etwas strub – bringt einen Spritzer des braken Wassers bis an die Kontakte hoch und schon geht der Biiiiip wieder. Also dann müssen wir eben die Handpumpe ansetzen, da diese den Kielsumpfpegel ca. 10cm tiefer sinken lässt als die automatische Kielsumpfpumpe (dann kann es nicht mehr soweit raufspritzen). Ab jetzt heisst es immer, wenn der Alarm geht, 10 mal die Handpumpe betätigen.

Ich liege wieder in meiner Koje und nach 5 Minuten der nächste Alarm. Wasser in der Segelstaukammer. Das kommt daher, dass der Bug im Moment ab und zu bei Böen eintaucht und so richtig überspült wird. Damit wird vermutlich auch etwas Wasser durch die Dichtung der Segelstaukammer gerade hinter dem Anker hindurchgedrückt. Also, die ganze linke Vorschiffskoje leeren um weit unten zu einem kleinen Hahnen zu kommen, welcher dieses Wasser wieder in den Bilgensumpf entleert. Dann retour zum Schlafen.

Geweckt werde ich dann durch ein ‘komisches’ Geräusch (davon gibt es etwa 549 an Bord). Aber dieses Geräusch heisst, der Hydrogenerator steht nicht mehr senkrecht im Wasser hinter dem Boot, sondern hat sich losgerissen. Bei näherer Inspektion sehe ich die Bescherung. Niederhalteleine nach 1500 Meilen durchgewetzt (Hier kommt mir in den Sinn, das der eigentlich nach 10'000 Meilen einen Service bräuchte, nur, wo gibt es hier im Pazifik eine Servicestation?). Wie weiter?

Da kommt mir Barbara’s Lieblingseinlage in den Sinn: Sie will immer min. einmal pro Törn ‘Beidrehen’ (das ist das Manöver, welches Regattensegler, und seien sie noch so erfahren, nicht mal aus der Theorie kennen. Dieses Manöver bringt nämlich das Boot auch bei viel Wind und Wellen praktisch zum Stillstand, was Arbeiten erlaubt, oder Ausruhen vor Erschöpfung, oder Toilettengebrauch - der sonst kaum mehr möglich ist etc.

Wir drehen also bei, d.h. eine Wende machen aber die Fock backstehen lassen. Das Schiff steht still und treibt nur noch leicht. Wir haben auf Backbord gedreht, weil wir das Steuerbordheck hochheben wollen (dort sitzt der Hydrogenerator). Wir öffnen die Badeplattform um 45 Grad und nachdem ich mich an einem Schoot festgemacht habe, klettere ich hinten in die halboffene Plattform unter Steves’ ungläubigen Blicken. Man fühlt sich hier drin etwa so wie ein kleines Känguruh.

Ich verkeile mich und schneide erst die alten Schötchen los und montiere dann die Neuen. Und was sehe ich da: kleine Müschelchen überall und wenn ich mit meiner Hand unter die Bootsschale greife ist es gummig und schleimig. Brrrrr... Da muss sich eine riesen Kolonie von Schleimern angesetzt haben. Das ist komplett anders als bei unserer Atlantiküberquerung, da war das Unterwasser nach 3000 Meilen blitzblank fein geschliffen.

Es klappt alles und wir sind nach 15 Minuten wieder mit 9-10 Knoten SOG unterwegs.

Heute gibt’s einen etwas mageren Couscous Salat zum Mittagessen: Couscus mit einer letzten gummigen Randen....

Übrigens haben wir heute Halbzeit. Heute morgen haben wir 1500 Seemeilen hinter uns gebracht,  aber am frühen Morgen lag der G&T noch nicht drin. Der wird also auf heute Abend verschoben.

Den ganzen Tag über schnelles Segeln und viel Geschaukel unter grauen Wolken. Jetzt sind wir bereits wieder 100 Seemeilen weiter.

JPEG image