24. Jan. 18 - Wie man es vermasselt

Niki.schmidt.warc
Thu 25 Jan 2018 12:59

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«Wie man es vermasselt» – so lautet der Titel des Buches, dem ich mich aktuell widme, und so lautet auch das Motto des heutigen Tages. Ihr werdet es kaum glauben, aber wie man es vermasselt, das lernt man nirgends so gut wie auf der Aranui.

Zuerst aber eine einleitende Bemerkung zur aktuellen Crew. Als wir am 22. Januar in Linton Bay Marina aufs Boot stiegen, war Niki wahrscheinlich bereits klar, wie unglaublich unvorbereitet wir waren. Die meisten von uns hatten einfach ein paar Wechselklamotten in eine grosse Tasche geworfen. Mehr hatte ja auch nicht Platz neben all den Schoten, der Schmierseife, den Beschlägen, den Kaffeepads, dem Käse und dem Salami, die wir Niki mitbringen durften. Ansonsten aber waren, nein sind wir voll motiviert, Neues zu lernen. Zum Beispiel eben, wie man es vermasselt.

Alles beginnt früh am Morgen. Aufgrund der Zeitverschiebung bin ich nach wie vor morgens um 04:00 Uhr wach. Die beste Zeit, um zu lesen und nachzudenken. Meine senile Bettflucht habe ich bisher genutzt, um jeweils einen Spruch zum Tag zu kreieren oder auszuwählen. Nachdem am Vortag zufälligerweise Diskussionen um das Altern oder älter werden aufgekommen waren, lautete dieser Spruch gestern: «Nach zwanzig führen einem runde Geburstage vor allem die eigene Sterblichkeit vor Augen: dreissig, vierzig, fünfzig, sechzig – alles potentiell bedrückende Momente im Leben eines Menschen. Hundert zu werden ist dagegen, als würde man dem Sensemann beide Mittelfinger zeigen.» Und nachdem gestern typische Seglerfragen zu Frisur und Haarqualität im Fokus standen, habe ich mich heute entschieden für: «In der fünften Klassen rebellierte ich gegen Mrs. Averys Regel, dass nur Mädchen im Unterricht eine Mütze tragen durften, weil sie nun mal ab und zu einen Bad-Hair-Day hätten.» Nun – bei uns ist jeder Tag ein Bad-Hair-Day. Die Mützen tragen allerdings nicht die Mädchern, sondern die Jungs. Ausser sie werden gerade vom Winde verweht, die Mützen meine ich. Aber nun zurück zum eigentlichen Thema. Ihr wollt wissen, wie man es vermasselt?

Wenn man morgens früh Brot backt und nach einer halben Stunde feststellt, dass der Backofen nur auf 120° C eingestellt ist. Wenn man nach Beendigung des Backvorgangs – natürlich mit 220° C – die Backofentür nicht schliesst und sich beide Knie verbrennt. Wenn man nach dem Frühstück bei Barbecue Island vor Anker geht, abends aber nur vegetarische Kost auf den Tisch kommt. Wenn man schwimmend den weissen Sandstrand auf Barbecue Island erreichen möchte, die Strömung aber sogar die Flossenträger zum Aufgeben zwingt.

Wie man es vermasselt, weiss auch der gebräunte und wohl geformte Kite-Surfer, der vor Barbecue Island sportlich an der Aranui vorbeiflitzt und ruft: «Nice boat!», während die weibliche Besatzung doch lieber «Nice girls!» gehört hätte. Vermasselt hat man es auch, wenn aus der Fock der Fock wird – zugegebenermassen etwas anspruchsvoller, aber beim zweiten Lesen sicher zu verstehen. Wenn man die Winch – schreibt das eigentlich so? – rattern lässt, obwohl sie bereits knirscht und stöhnt. Wenn man den Anker vor einem weiteren Caribean Island dreimal geworfen, im Sand aber nicht hält. Wenn der Apnoe-Rekordhalter der Crew – über 2 Minuten ohne Sauerstoffzufuhr – nach 15 Sekunden wieder auftaucht mit der Ausrede, das Wassser sei so trüb. Und das in der Karibik!

Vermasselt hat man es aber auch, wenn man beim Verstauen des Mülls in die Backskiste – oder wie das Ding auch immer heissen mag – ausrutscht und sich die Rippen prellt. Wenn man sowohl dem Fridge als auch dem Freezer über Nacht den Strom abdreht. Wenn man die Crew wie eingangs als unvorbereitet schimpft, die das aber anders sieht.

Und zum Schluss noch eine Geschichte, mit der man es total vermasselt. Allgemein gilt ja, dass die Reaktionszeit unter Wasser, also beispielsweise beim Tauchen, aufgrund verlangsamter Hirntätigkeit deutlich ansteigt. Bei einem Crew-Mitglied konnte das aber im Feldtest nicht nachgewiesen werden. Exakt gleich schnell über und unter Wasser, wow! Ein wissenschaftliches Phänomen! Allerdings könnte die Deutung ja auch sein, dass die Hirntätigkeit beim Probanden generell verlangsamt ist. Total vermasselt, definitiv!

Und das Schönste daran? Auch wenn man es total vermasselt hat, stimmen alle ein und singen: So ein Tag, so wunderschön wie heute, so ein Tag, der dürfte nie vergeh’n!