celox² Newsletter #19 - Halbzeit !!!!!!

celox2
Gottfried Poessl
Tue 1 Dec 2009 14:59
Position:    18:18.07N 38:01.44W    ( http://blog.mailasail.com/celox )

Bordzeit:    01.12.2009 11:57  ( = UTC-3 )  

Logge:       6050,0

etmal:        155,0

Segelzeit:  09d 01h 57m 

ETA:         10.12.2009 - ca. 1200 UTC

 

Liebe Segelfreunde !

 

Nach einem echten "Arbeitstag" am Schiff, setzen wir uns gestern Abend gemeinsamen zum Essen. Heute gibt es "1er Menü". Pasta mit Tomatensauce und Parmesan. Einfach und gut. Um 18 Uhr ist es bei uns schon stockfinster. Wir haben ca. 13 Stunden Nacht

und 11 Stunden Tag. Wie immer haben wir eine tolle Nacht. Das soll sich aber noch ändern.

 

Ich sitze kurz vor Mitternacht mit der Wache an Deck. In weiter Entfernung tauchen 3 Lichter auf. Zwei weiße, ein Rotes. Ein Motorschiff länger als 50m in Fahrt. Es ist das erste große Motorschiff, ein Frachter, das wir seit unserem Start zu Gesicht bekommen. Dem entsprechend ist das Interesse groß das Schiff visuell, aber auch unter Ausnutzung von Radar und AIS zu verfolgen. Trotz der Wellen, bekommen wir gute Echos auf dem Radarbild und können den Frachter in einer Distanz von ca. 5sm auf "Acht Uhr" peilen. Mit AIS, einem auf UKW basierenden Transpondersystem, haben wir noch viel genauere Daten zur Verfügung. Dieses System ist in der Berufsschifffahrt Pflicht und findet immer mehr Einzug auch bei den Freizeitbooten. Es gibt einfach zusätzliche Sicherheit, die mittlerweile auch bezahlbar ist. Wie gesagt, wir haben aus unserem AIS erfahren, dass es sich um ein Frachtschiff handelt, dass sich mit 15kt Geschwindigkeit und einem Kurs von 300° bewegt. Die MMSI, die "Telefonnummer" des Schiffes im GMDSS System, wird auch mitgesendet. Wir könnten das Schiff jederzeit direkt anrufen, tun es jedoch nicht. Langsam entschwindet das Schiff unserem Sichtfeld.

 

Dann aber kommts. Spüre ich da nicht einen kleinen Regentropfen. Noch einer ? Plötzlich überholt uns mitten in der Nacht ein Regenschauer, wie aus dem Nichts. Das Spektakel dauert 10 Minuten in dem es ordentlich schüttet. Dann kehrt wieder Ruhe ein. Der Wind kommt fast zum Erliegen, wir machen nur 2-3 kt Fahrt. Das ist zu wenig, um das Schiff in den Wellen zu stabilisieren. Wir wanken links und rechts, nicht gefährlich aber unangenehm. Bei einer dieser Aktionen krachen gut 90 kg Lebendgewicht gegen die Tür der achterlichen Stb Naßzelle. Mittlerweile nehmen wir gewisse Dinge schon mit Humor. Gut dass an manchen Dingen bei Bavaria gespart wird. Deshalb verletzt sich auch niemand, weil die Tür vorher nachgibt und aus dem Rahmen gerissen wird. Das gibt schon wieder Arbeit für Morgen Vormittag. Provisorisches sichern der Tür mit einer Leine, that´s it.

 

Der Wind nimmt nach ca. 20 Minuten wieder auf die übliche Stärke von 15-20 kt zu wir fahren wieder unseren Kurs vom 255 °, als wäre nichts gewesen. Dieses Schauspiel haben wir dann noch einmal bei der Wache von Christian und Robert. Diesmal bleiben die Klotüren heil.

 

Die Sonne geht kurz vor 7 Uhr auf.  Einziger Wehmutstropfen, einen "richtigen" Sonnenuntergang oder Sonnenaufgang haben wir noch nicht erlebt. Die Kimm ( der Horizont ), ist immer in Wolken, sodass wir die Sonne nie wirklich auf- bzw. untergehen sehen. Wird hoffentlich auch noch kommen.

 

Seit Tagen versuche ich gute Bilder über das Wellenbild zu machen. Das gelingt mir nur sehr bedingt. Das nachstehende Foto zeigt eine schöne hohe Welle, am Bild erkennt man das nicht. Daher habe ich heute vormittag meine wasserdichte Videokamera geschnappt und habe am Vorschiff Videoaufnahmen gemacht. Die kann ich euch leider nicht schicken, die Aufnahmen sich jedoch echt gut geworden.

 

  

Die Realität ist besser !

 

Was Wind und Wellen für Kräfte entwickeln, sehen wir dann wieder bei unserer Aufhängung des Spibaumes. Kleine Bö, die dazupassende Welle und knacks, ab ist der Baum. Spi runter, Segel bergen, ich habe eine gute Crew. Bavaria baut gute Fahrtenyachten, das Thema Spi und Gennaker ist aber für uns jetzt erledigt. Wir machen Rauschefahrt mit Großsegel und Genua, das reicht auch. Bleibt ab jetzt mehr Zeit für Tarock. Ich bin mir nicht sicher, ich habe den Verdacht, der Tarockgott persönlich hat uns die Misere mit dem Spi eingebrockt hat. Er will, dass unsere Greenhorns ordentlich tarockieren können wenn wir in St. Lucia sind.

 

Kalte Verformung !

 

Anderes Highlight des heutigen Vormittags war das Erreichen unserer nächsten Zeitzone. Wir haben jetzt als celox² board time (CBT) die Zeit von UTC-3h. Das heißt bei uns ist es jetzt 11:57 CBT und 14:57 UTC. Das Leben an Bord funktioniert nach CBT, das Logbuch wird, wie in der Navigation allgemein üblich in UTC geführt. Bei euch zuhause ist es jetzt 15:57 MEZ.

 

Das absolute Highlight des Vormittages war jedoch das Erreichen der Hälfte der Strecke von Gran Canaria nach St. Lucia. Ein gutes Gefühl wenn man weiß, dass man bereits mehr als die Hälfte der Strecke geschafft hat. Wir sind doch erst gestern losgefahren, oder? Die Zeit vergeht an Bord wie im Flug. Durch den "kurzen Tag" mit nur 11 Stunden, ist immer etwas zu erledigen. Die Klotüre ist mittlerweile wieder repariert. Leim, Superkleber und einige Schrauben tun das Ihre.   

 

Ab ins Ziel !

 

Euer 

Gottfried